Ein Leben mit Kolping

WITTLICH. Als 17-Jähriger war Hermann Hochscheid Gründungsmitglied der Kolpingfamilie in Reil. Trotz etlicher Umzüge blieb er Kolping treu. Nach zehn Jahren legte er jetzt den Vorsitz der Wittlicher Familie nieder.

 Hier setzte er sich hin, um Entspannung und neue Ideen zu finden: Manch einen Teppich knüpfte Hermann Hochscheid in seinen Jahren als Vorsitzender der Wittlicher Kolpingfamilie. Foto: Geisbüsch Petra

Hier setzte er sich hin, um Entspannung und neue Ideen zu finden: Manch einen Teppich knüpfte Hermann Hochscheid in seinen Jahren als Vorsitzender der Wittlicher Kolpingfamilie. Foto: Geisbüsch Petra

Verloren hat der Verein ihn dennoch nicht. Auch weiterhin wird Hermann Hochscheid im Sinne des christlich-sozialen Kolping-Gedankens arbeiten - als Vorsitzender des Bezirks Mittelmosel. Seit fünf Jahrzehnten ist der 1939 Geborene in der Kolpingarbeit aktiv - und hat dabei kein Gramm der Begeisterung eingebüßt, die ihn vom ersten Tag an begleitete. Stets hat Hochscheid die Gesinnungsgenossen als eine eingefleischte Gemeinschaft erlebt, der die Stange zu halten sich lohnt. "Das hat 1956 mit dem Reiler Pastor angefangen", sagt Hochscheid und überlegt: "Wie hieß er noch gleich?" Schönhofen war sein Name, und er hat richtig gute Jugendarbeit gemacht, was damals so wichtig war wie heute. Nach Köln führte die Kolpingfamilie damals ein Ausflug, der bei dem jungen Hermann Hochscheid einen bleibenden Eindruck hinterließ. In der Minoritenkirche besuchte die Gruppe das Grab von Adolph Kolping, und seiter hat Hochscheid, wann immer er später einmal an den Rhein kam, diese Kirche immer besucht.Mehr Zeit für Kinder, Enkel und Hobbys

Es waren nicht nur die Ideen Kolpings, die den gelernten Kaufmann faszinierten: Ein Netzwerk für herum ziehende Gesellen, das ihnen allen, auch den Nicht-Christen, Essen und ein Dach über dem Kopf sicherte, aber auch etwas so Elementares wie Bildung oder einen Arztbesuch garantierten. "Der Vorläufer der Sozialversicherung quasi", sagt Hochscheid. Auch die Frauen und Männer, die in die Fußstapfen dieses so ausgesprochen sozialpolitisch handelnden Gründers traten, mochte er, wo auch immer er ihnen im Laufe seines Lebens begegnete: in Reil, in Pünderich und später, mit Frau und Kindern, in Wittlich. In der Kreisstadt übernahm er 1990 den Posten des Kassierers, bevor ihn die Mitglieder 1996 zum Vorsitzenden wählten. Sein Nachfolger heißt Richard Kaut. Damit ist ein Generationenwechsel eingeleitet worden, der es Hochscheid leichter macht, die Verantwortung abzugeben. Auch seine Frau Auguste, lange Jahre zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit der Kolpinger, hat in diesem Jahr ihr Ehrenamt niedergelegt. "Sonst hätte sich weiterhin alles um Kolping gedreht", sagt das Ehepaar, das in Zukunft mehr Zeit für sich, Kinder, Enkel und Hobbys haben möchte, schmunzelnd. Hermann Hochscheid liebt die Musik. Er wandert gerne und viel: 1600 Kilometer Jakobsweg ist er gelaufen. Dann zeigt er auf die Teppiche am Boden. "Die habe ich selbst geknüpft." Man sollte meinen, beim Knüpfen habe der Mann entspannen können. Weit gefehlt. "Hier hat er immer die besten Ideen für seine Arbeit gehabt", verrät Auguste, deren Schreibtisch im Zimmer nebenan steht. Weit genug entfernt, um sich bei den kreativen Prozessen nicht zu stören, nah genug, um sich in den profanen Dingen des Lebens rasch abzustimmen. "Hast du schon Hunger?" - "Geht noch eine Stunde!" Sie sprechen immer noch genug über Kolping; immerhin steht Hochscheid dem Bezirk Mittelmosel vor und muss auch dort Besinnungen, Wallfahrten und Fahrten organisieren. Die 180 Mitglieder der Wittlicher Kolpingfamilie, mit denen er im vergangenen Jahr sehr aufwändig das 150-jährige Bestehen feierte, müssen in Zukunft ohne ihn auskommen, zumindest ohne ihn an der Spitze. Er wird natürlich weiter mit dabei sein und wünscht sich besonders eines: dass die Familie sich immer wieder laut und vernehmlich zu Wort meldet, um nur ja nicht übersehen zu werden in "unserer unübersichtlich gewordenen Zeit".

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