Ein Mix aus Neoromanik und Jugendstil

In einem wissenschaftlichen Fachvortrag in der Wittlicher Synagoge ordnete Historiker René Richtscheid das Bauwerk in die Architekturgeschichte der jüdischen Versammlungshäuser ein.

 Die Wittlicher Synagoge. (Archivbild)

Die Wittlicher Synagoge. (Archivbild)

Foto: Hannah Schmitt

Wittlich. Zum 100. Geburtstag der Wittlicher Synagoge startete das Emil-Frank-Institut am Dienstag eine Vortragsreihe, in der sich Experten mit der Geschichte und Bedeutung des Gotteshauses und der jüdischen Gemeinde in Wittlich beschäftigen.

Den Auftakt machte der Historiker und Geschäftsführer des Emil-Frank-Instituts, René Richtscheid. Der 34-Jährige rollte in 60 Minuten zweieinhalbtausend Jahre Baugeschichte auf, angefangen beim Jerusalemer Tempelbau bis hin zu postmodernen Synagogen, wie sie derzeit entstehen. Ergänzend beleuchtete er liturgisch-religiöse Aspekte.

Richtscheid legte vor den knapp 40 fachkundigen Zuhörern dar, dass die Wittlicher Synagoge in ihrer Architektur verschiedene Baustile vereine: Neoromanik und Jugendstil. Damit sei das Bauwerk "hochmodern" gewesen. Die Dreigliederung der Synagoge sei an dreischiffige romanische Kirchenbauten angelehnt.

Auch mit ihren Archivolten, Kapitellen und Palmettenfriesen erinnere sie an kirchliche Bauwerke. Der Architekt Johannes Vienken habe sich am Vorbild des im Synagogenbau damals führenden deutschen Architekten Edwin Oppler orientiert.

Oppler drängte mit seinen neoromanischen Synagogenbauten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts allmählich den vorherrschenden maurischen Stil zurück.

Typisch für den Synagogenbau sei die Geschlechtertrennung, wie sie die Wormser Synagoge von 1174 vorgegeben habe. So befanden sich auch in Wittlich im Untergeschoss die Sitzplätze für Männer, die Empore war für Frauen reserviert. Gemäß den liturgischen Vorschriften gab es im Osten die Nische für den Thoraschrein, davor stand das Vorlesepult.

Reinhard Bohlen, Direktor des Emil-Frank-Instituts, schloss mit dem Fazit, "für uns Wittlicher ist es schön zu sehen, dass der Bau nicht isoliert in der Architektur steht, sondern seine Wurzeln in der Vergangenheit hat".

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