Ein Ortschef, der kein Bürgermeister werden will

Erden · Die Gemeinde Erden ist immer noch auf der Suche nach einem Ortsbürgermeister. Die Amtsgeschäfte führt seit der Kommunalwahl 2009 der erste Beigeordnete Stefan Justen. Das macht er nach Aussage von Ratsmitgliedern gut, dennoch will er sich nicht als Ortschef zur Wahl stellen.

 Es läuft auch ohne Ortsbürgermeister: Das Foto zeigt den ersten Beigeordneten Stefan Justen (rechts) mit dem zweiten Beigeordneten Volker Schwaab beim Ortstermin an der neu erbauten Gerätehalle im April 2010. TV-Foto: Archiv/Ursula Schmieder

Es läuft auch ohne Ortsbürgermeister: Das Foto zeigt den ersten Beigeordneten Stefan Justen (rechts) mit dem zweiten Beigeordneten Volker Schwaab beim Ortstermin an der neu erbauten Gerätehalle im April 2010. TV-Foto: Archiv/Ursula Schmieder

Erden. Seit über zwei Jahren beginnen die Gemeinderatssitzungen in Erden stets mit dem gleichen Ritual. Auf der Tagesordnung steht der Punkt "Wahl des Ortsbürgermeisters/Ernennung und Einführung in das Amt". Stefan Justen, erster Beigeordneter der Gemeinde, fragt in die Runde: "Gibt es Vorschläge?" Keine Hand rührt sich, die acht Ratsmitglieder bleiben stumm, und der Rat beschäftigt sich anschließend mit anderen Themen.

Erden ist der einzige Ort im Kreis Bernkastel-Wittlich ohne gewählten Ortsbürgermeister. Bei der Kommunalwahl im Juni 2009 hatte sich kein Kandidat für das Amt in dem 380-Einwohner-Ort beworben. Auch der damalige Amtsinhaber Herbert Weber hatte erklärt, nicht mehr zu kandidieren. Wenige Wochen später, bei der konstituierenden Sitzung, schlug sich Alois Kaufmann, der bereits von 1994 bis 2004 Ortsbürgermeister war, selbst vor. Er erhielt in zwei geheimen Wahlgängen aber keine Mehrheit. Vier Ratsmitglieder entschieden sich für ihn, vier gegen ihn (der TV berichtete). Zum ersten Beigeordneten wählte der Rat einstimmig Stefan Justen.

Der 52-jährige Winzer führt seitdem die Amtsgeschäfte. Zu den Gründen befragt, warum er sich vom Rat nicht zum Ortsbürgermeister wählen lassen will, hält Justen sich bedeckt. Er sagt nur: "Ich will kein Bürgermeister sein. Wenn sich jemand findet, der das machen will, gebe ich gerne die Amtsgeschäfte ab." Ob er denn bei der nächsten Kommunalwahl als Ortsbürgermeister kandidieren werde? "Aus jetziger Sicht kann ich mir das nicht vorstellen", gibt er zur Antwort.

In Erden nimmt man die außergewöhnliche Konstellation offenbar gelassen hin. Ratsmitglied Olaf Melcher: "Es klappt doch ganz gut. Wir machen unsere Hausaufgaben. Ich bin sehr zufrieden." Sein Ratskollege Jochen Faber pflichtet bei: "Ob das Amt besetzt ist oder nicht - die Arbeit wird gemacht." Melcher und Faber berichten übereinstimmend, dass im Rat sachlich und freundschaftlich miteinander umgegangen werde. Es herrsche weitgehend Einigkeit. Warum sich Justen nicht zur Wahl stellt, können sie nicht sagen.

Zurzeit ist die Gemeinde dabei, ein Baugebiet zu entwickeln, sie beschäftigt sich mit dem Zubringer zur Hochmoselbrücke und mit der Installation von Photovoltaikanlagen auf zwei gemeindeeigenen Gebäuden.
Auch die VG-Verwaltung Bernkastel-Kues hat an der Situation nichts auszusetzen. Büroleiter Heiner Nilles: "Stefan Justen macht das ordentlich und engagiert. Dass er nur Beigeordneter ist, spielt für uns keine Rolle."Extra

Der Ortsbürgermeister wird von den Bürgen gewählt (Urwahl). Wurde keine gültige Bewerbung eingereicht, wird der Bürgermeister vom Gemeinderat gewählt. In diesem Fall können nur Personen gewählt werden, die dem Gemeinderat vor der Wahl vorgeschlagen worden sind. Sofern Vorschläge ausbleiben, ist die Wahl des Bürgermeisters durch den Gemeinderat nicht möglich und somit zu vertagen. In der Zwischenzeit ist der erste Beigeordnete der allgemeine Vertreter des Bürgermeisters (sogenannter Vertreter im Verhinderungsfall). Für die Dauer der Vertretung erhält dieser eine Aufwandsentschädigung, die in der Hauptsatzung der Ortsgemeinde geregelt ist. sim

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort