Ein paar Sonnenstrahlen für Behinderte

BERNKASTEL-KUES. Menschen, die an den Rollstuhl gefesselt sind, sehen den Alltag aus anderem Blickwinkel. Und einfach mal so auf die Schnelle in Urlaub fahren, das können sie auch nicht.

"Selbstbestimmt leben in einer Welt ohne Barrieren." So prangt es auf dem Faltblatt, des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK), Bereich Mittelmosel. "Wir hoffen, dass wir mit unserer Arbeit vielen Behinderten das Leben erleichtern und verschönern können und ihnen dazu verhelfen, ein selbst bestimmtes, eigenständiges Leben führen zu können." Die Worte von Barbara Berger, Vorsitzende der Kreisvereinigung Bernkastel-Wittlich der Lebenshilfe, zielten in die gleiche Richtung: Auch behinderten Menschen, in diesem Fall Personen, die an den Rollstuhl gefesselt sind, soll es möglich sein, Urlaub zu machen. Dafür steht nun im Haus der Lebenshilfe am Nikolausufer in Bernkastel-Kues eine komplett eingerichtete Ferienwohnung zur Verfügung. Der Ort ist ideal. Die Mosel ist nur wenige Meter entfernt, Stadtkern, Geschäfte und Schiffsanlegestellen sind schnell zu erreichen, eine Terrasse mit Blick auf den Fluss lädt zum Feiern ein. Bis Januar 2003 waren die Räume im Erdgeschoss anderweitig (Frühförderung) belegt. Nach deren Umzug nach Wittlich war überlegt worden, die Räume einer anderen gemeinnützigen Einrichtung zur Verfügung zu stellen. Als dies nicht funktionierte, entschloss sich der Vorstand, eine rollstuhlgerechte Ferienwohnung herzurichten. Sie stellt eine ideale Ergänzung zu der zweiten Ferienwohnung im ersten Stock her, in der weitere 14 Behinderte beziehungsweise Behinderte und Begleitpersonen Platz finden. 51 000 Euro hat der Umbau gekostet. 25 000 Euro davon trägt die Aktion Mensch, den Rest muss die Lebenshilfe selbst aufbringen. Der Vorstand der Lebenshilfe geht diesen Weg gerne. "Die Gäste fühlen sich geborgen", sagte Barbara Berger. Manche Gruppen kommen mehrmals im Jahr. "Die Lebenshilfe sendet Sonnenstrahlen aus, sie ist wie eine Oase", lobte Pfarrer Klaus Milde (evangelische Kirchengemeinde), der mit seinem katholischen Amtsbruder Georg Moritz Gottes Segen erbat. Die Arbeit der Lebenshilfe sei nicht mit Geld zu bezahlen, würdigte Kreisbeigeordneter Alex Licht das Tun. Leo Wächter, der für Verbandsgemeinde und Stadt gratulierte, lobte das "vorbildliche soziale Engagement" von Barbara Berger und bezog den ganzen Vorstand ein. "In unserer Leistungsgesellschaft werden die Ansprüche der Behinderten zu oft vergessen", sagte er. Zwei Gäste der Einweihungsfeier kamen in offizieller Mission. Anita Reichert, Vorsitzende des BSK Mittelmosel, und ihre Stellvertreterin Gisela Degen, die selbst im Rollstuhl sitzt, hatten Zollstock und Liste mitgebracht. Sie maßen ab (Türöffnungen, Bett-, Toiletten- und Waschbeckenhöhe etc.) und hakten ab, ob die Einrichtung wirklich rollstuhlgerecht ist.Hotel-Komfort zu zivilen Preisen

Zu monieren gab es nicht viel. Die Armaturen in der Dusche seien für zierliche Personen nur schwer zu erreichen, falls kein Betreuer zur Hand gehe, sagte Gisela Degen. Die Rampe zur Eingangstür sei etwas zu steil. Ansonsten gab es nur Lob. Anita Reichert hat schon viele solcher Einrichtungen besichtigt. "Längst nicht überall gibt es solche Räume", sagte sie. "Ihr seid wie ein Hotel." Diesen Satz hört Barbara Berger häufig. Denn auf Wunsch erhalten die Gäste auch alle Mahlzeiten. Mit gesalzenen Hotelpreisen muss aber niemand rechnen. Selbstversorger zahlen 13 Euro pro Person und Nacht, Übernachtung mit Frühstück gibt es für 16 Euro pro Person, Halbpension kostet 23 Euro, Vollpension ist für 28 Euro zu haben.

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