Ein Panorama deutscher Politik und Kunst

Wittlich · Eine umfangreiche Kunstsammlung ist ab Sonntag, 10. August, in Wittlich zu sehen: Die Sammlung Friedel Drautzburg. Der Wittlicher präsentiert dem TV schon im Vorfeld einen Blick ins Alte Rathaus: Ein Querschnitt durch die Kunst der Bundesrepublik Deutschland mit Schwerpunkt Politik.

 Friedel Drautzburg inmitten einer Nagel-Installation von Günther Uecker. TV-Foto: Hans-Peter Linz

Friedel Drautzburg inmitten einer Nagel-Installation von Günther Uecker. TV-Foto: Hans-Peter Linz

Wittlich. "Ich steh\' manchmal zu dem Begriff ,schön\' - aber das dürfen Sie keinem Kunsthistoriker erzählen, der nimmt sie dann nicht ernst," sagt der Kunstsammler Friedel Drautzburg und schmunzelt dabei - denn er untertreibt mit dieser Feststellung. Inmitten von Kisten, Leitern, und Verpackungsmaterial führt er durch die Ausstellung im Alten Rathaus, in der er ab Sonntag, 10. August, rund 170 Werke seiner Kunstsammlung präsentiert. Der 76-Jährige stammt aus Wittlich und hat bereits früh die Kunst schätzen und lieben gelernt. "Als Schüler am Cusanus-Gymnasium sind wir mit unserem Lehrer Rudolph Schöfer an die Lieser gegangen und haben da gemeinsam gemalt - das hat mich geprägt".
Per Anhalter unterwegs


Dann fuhr er per Anhalter in Europa herum und besuchte Museen, studierte Bildbände. "Das Bild ,Guernica\' von Picasso sprach mich an. Sowas versteht jeder!" - noch heute spürt man Drautzburgs Begeisterung für diese Arbeit. Sie prangerte das Bombardement der deutschen Legion Condor auf die Stadt Guernica an - und dieser politische Anspruch wurde für Drautzburg prägend. Für ihn gehören Politik und Kunst durchaus zusammen.
Nach dem Abitur zog es ihn nach Bonn zum Studium. Damals war Bonn noch Bundeshauptstadt. Drautzburg studierte, machte eine Kneipe auf und begann auch mit Kunst zu handeln. Denn in Bonn trafen sich die Politiker, Künstler und Intellektuellen der Republik. "Klaus Staeck habe ich 1966 schon kennen gelernt, für mich war Kunst immer politisch - das gehört für mich zusammen," sagt Drautzburg, der in großen Schritten durch seine Ausstellung führt. Es ist eine abwechslungsreiche Sammlung mit unterschiedlichen Werken, die aber eines eint: ihr politischer Anspruch. Da sind Wahlkampfplakate aus den 1970er Jahren, Arbeiten von zeitgenössischen Künstlern aus der ehemaligen DDR, aber auch Werke von Joseph Beuys, Günther Grass oder Tony Munzlinger und sogar ein Gerhard Richter.
Viele der Künstler hat Drautzburg, der heute Mitinhaber der Kultkneipe "StäV" nahe dem Berliner Regierungsviertel ist, persönlich kennengelernt und das eine oder andere Kölsch mit ihnen getrunken. Einem der bekanntesten deutschen Künstler, Günter Uecker, ist ein ganzer Raum gewidmet. Dort sind unter anderem seine mit Nägeln gestalteten Arbeiten zu sehen.
Die Ausstellung wirkt wegen ihrer schieren Fülle schon fast überwältigend. Sie beweist, dass es in der Kunst nicht nur um bloße Ästhetik, um bloßes "Schönsein", gehen muss, sondern dass Kunst auch klare Botschaften vermitteln kann. Und das tut diese Ausstellung. Sie prangert Gewalt und Krieg an. Sie wirbt um ein menschliches Miteinander und bietet zudem einen Rückblick auf die Nachkriegsgeschichte. hpl
Vernissage: 10. August, 11 Uhr, wegen der großen Nachfrage open air auf dem Marktplatz der Stadt Wittlich. Professor Klaus Staeck, Präsident der Akademie der Künste in Berlin, wird sie gemeinsam mit dem Wittlicher Kurator Dr. Richard Hüttel eröffnen. Die Ausstellung ist Dienstag bis Samstag 11-17 Uhr und Sonntag 14-17 Uhr geöffnet und wird bis zum 31. Januar 2015 dauern. Es ist ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Künstlergesprächen und Exkursionen geplant.

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