Ein Stadtbezirk entsteht neu

Wittlich · Innerhalb von zehn Jahren hat sich ein Stadtbezirk Wittlichs komplett verändert. Aus der ehemaligen französischen Garnison - eine Stadt in der Stadt - wurde ein Gewerbe- und Wohngebiet.

Wittlich. Navail, Lecourtier, Lahaie - das sind Nachnamen dreier Franzosen, die als junge Männer in Wittlich ihren Militärdienst ableisteten und immer noch hier leben. Jean-Claude, Francis und noch ein Jean-Claude treffen sich einmal monatlich in einem Gasthaus, sie sprechen über dies und das und tauschen Erinnerungen aus. Erinnerungen an die Zeit, als sie wie viele andere Franzosen als Soldaten in Wittlich stationiert waren.
Wittlich wächst



Alle drei haben vor etwa 40 Jahren ihre deutschen Ehefrauen kennengelernt und später Familien gegründet. Francis Lahaie: "Meine Astrid habe ich 1968 in einer Gerolsteiner Diskothek getroffen. Damals hatte fast jeder von uns ein deutsches Mädchen."
Außer den französischen Nachnamen im Wittlicher Telefonbuch erinnert heute fast nichts mehr in Wittlich daran, dass in der Stadt einstmals an die 3000 französische Soldaten stationiert waren. Von 1951 bis 1999 war Wittlich Garnisonsstandort der französischen Armee.
Garnisonsstadt auf 18 Hektar


18 Hektar umfasste allein der Kasernenbereich, eine von Mauern und Zäunen abgegrenzte Fläche. Ein Riesengrundstück, eineinhalb Mal so groß wie die Kernstadt. Unmittelbar daran grenzte eine über fünf Hektar große "Franzosensiedlung" mit 22 Wohnblocks an, in denen ein Teil der Soldaten mit ihren Familienangehörigen lebte.
Was tun mit der freigewordenen ehemals militärisch genutzten Fläche? Was tun mit den großen Wohnblocks? Abreißen oder sanieren? Wittlich stand plötzlich vor einer großen städtebaulichen Herausforderung und einer einmaligen Chance.
Die ehemalige französische Wohnsiedlung inklusive des Bereichs "alte französische Schule" verkaufte der Bund an die Bitburger Firma Palzkill und Fandel, die die alten Gebäude abreißen ließ und die 5,3 Hektar als Bauland erschloss. Laut Immobilienmakler Wolfgang Laux sind aktuell rund 100 der 120 Bauplätze verkauft, mehr als die Hälfte der Grundstücke sei bebaut - fast ausschließlich mit Einfamilienhäusern. Laux rechnet damit, bis Ende kommenden Jahres die restlichen Bauplätze veräußern zu können.
Fehlentwicklungen vermeiden


Und der 18 Hektar große Kasernenbereich? Die Gespräche mit dem Bund als Eigentümer waren schwierig. Über fünf Jahre verhandelte die Stadt, bis im Juni 2004 der Kaufvertrag unterschrieben werden konnte. Für zwei Millionen Euro gingen 18 Hektar Kasernengelände und ein halbes Hektar Grünflächen in den Besitz der Stadt, genauer gesagt in den Besitz der Stadtwerke, über. Leo Kappes, seit 1989 Leiter der Abteilung Wirtschaftsförderung der Stadt, sagt: "Es ging auch darum, Fehlentwicklungen zu vermeiden." Soll heißen: In dem vorgesehenen neuen Gewerbegebiet sollen sich nur Branchen ansiedeln dürfen, die der Innenstadt keine Konkurrenz machen.
Gleich vier Großhändler siedelten sich im Vitelliuspark - so wurde das Kasernengelände genannt - an: Als Erster der Lebensmittelhändler Edeka, der seinen Standort am Rommelsbach dorthin verlegte. Es folgten der Lebensmitteldiscounter Aldi, der in Wittlich eine zweite Filiale eröffnete, der Elektrohändler Promarkt und zuletzt der Globus-Konzern mit einem Baumarkt, der vor wenigen Tagen eröffnet hat. Ein Café-Restaurant ist ebenfalls dort zu finden.
Auch Familien sind auf dem ehemaligen Kasernengelände heimisch geworden, denn ein Teil der Fläche wurde für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt. Die meisten der rund 70 Baustellen sind inzwischen verkauft.

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