Ein Stück Stadtgeschichte

WITTLICH. Männerchor Wittlich – 100 Jahre Männerquartett 06 Wittlich. Schon der Titel ist Programm und gibt viele Hinweise zur Wittlicher Stadtgeschichte. Jetzt feiert das Männerquartett sein rundes Jubiläum in der Wittlicher Synagoge.

Einen ungewöhnlich großen Chor hat er vor sich. Reinhold Schneck genießt es sichtlich, als sich die 46 Sänger des Männerchores Wittlich zu Beginn der Probe von ihren Stühlen erheben. Nein - nicht dem Chorleiter zu Ehren, sondern zum Einstimmen. Ungewöhnlich gut tuend ist auch für den Betrachter der Blick. Im Saal des Wittlicher Kolpinghauses nehmen die Stuhlreihen bei den Mittwochsproben einen großen Teil des Raumes ein. Noch immer hat der Männergesang in Wittlich durchaus großen Zulauf. Klar, auch in der Kreisstadt scheint der Nachwuchs zu fehlen. Aber das ist zumindest zur Zeit an den Rand gedrängt. Die 46 Wittlicher Männer strahlen. Sie genießen die Vorbereitungen zu einem großen runden Jubiläum. Vor 100 Jahren wurde das Männerquartett Wittlich gegründet. Nun haben alle mit angepackt und fleißig in den Archiven geforscht, in Fotoalben geblättert und Erlebnisse aus dem Vereinsgeschehen niedergeschrieben. Der Redaktionsausschuss mit Karl-Hans Heil, Alois Breuer, Paul Schulz, Herbert Weiskopf und Hermann Josef Wagner sowie Alois Zeimentz hat ganze Arbeit geleistet. Das Ergebnis der umfangreichen Recherchen liegt bei der Probe druckfrisch auf dem Tisch und soll allen Besuchern des Jubiläumskonzertes gewissermaßen als Zugabe zur Eintrittskarte gereicht werden: eine mehr als 130 Seiten umfassende Festschrift, reichlich bebildert und mit einer umfangreichen Vereinschronik versehen. Die wurde von Klaus Petry verfasst, dem in Wittlich bekannten Stadthistoriker. Nach dem Eklat 1910 gab es zwei Männerchöre

Beim Sichten der schriftlichen Materialien hätten sich große Lücken aufgetan. "Deshalb sind wir durch die Wittlicher Urfamilien gegangen und habe das Fehlende gesammelt", erzählt Karl-Hans Heil. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Chorarbeit selbst während der beiden Weltkriege fortgeführt wurde. Für Hermann-Josef Wagner ist klar: "Die Chronik ist sehr detailliert geworden." Die Männer bestätigen: "Unser Festbuch ist ein Stück Wittlicher Stadtgeschichte". Und das sogar mit Reibereien innerhalb der Bürgerschaft. Richtig spannend schildert die Chronik die Rivalitäten innerhalb des Männergesangvereins, aus dessen Reihen sich das Männerquartett bildete. Anlässlich der Einweihung der Bahnstrecke Wittlich-Daun 1910 kam es sogar zum Eklat, so dass für die nächsten gut acht Jahrzehnte zwei Männerchöre in Wittlich wirkten. 1995 schließlich waren die Rivalitäten begraben. Männerquartett und Männergesangverein bilden seither wiederum eine Sangesgemeinschaft, den Männerchor Wittlich. Beim Jubiläum am 25. November zieht der Chor alle Register seines musikalischen Könnens und bietet einen Querschnitt durch 100 Jahre Konzertarbeit. Es beginnt mit dem ersten Werk von 1906 und endet mit freien Improvisationen für Saxofon und Männerchor. Denn das wollen sie weiterhin bleiben, die Sänger des Wittlicher Männerchores: der Tradition verbunden und Neuem aufgeschlossen.

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