Ein Trend zum Leben auf dem Land

Bernkastel-Kues · In der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues gibt es bei der demografischen Entwicklung Sieger und Verlierer. Insgesamt aber gilt: Die Zahl der Bürger geht weiter zurück. Verlierer sind besonders einige Orte im engen Moseltal.

Bernkastel-Kues. In der Verbandsgemeinde (VG) Bernkastel-Kues sind im Jahr 2009 147 Kinder geboren worden und 291 Menschen gestorben. Allein dieser Vergleich zeigt, wohin die Tendenz geht. Zwei andere Zahlen verdeutlichen, warum die Bevölkerungszahl in der VG zwischen 1999 und 2009 um 1012 (4,3 Prozent) zurückgegangen ist.
In der Entwicklung der einzelnen Orte gibt es allerdings Unterschiede. Acht Orte (Lieser, Hochscheid, Maring-Noviand, Burgen, Lösnich, Kommen, Mülheim und Longkamp) weisen sogar ein Plus auf (zwischen 1,1 und knapp 6,7 Prozent).
In diesem Zusammenhang ist der Blick auf Lieser interessant. Dort wurde im Jahr 2000 der Hochwasserdamm eingeweiht. Die Zahl der Einwohner hat sich seither (bis Ende 2009) um 36 (auf 1193) erhöht. "Wenn wir den Hochwasserschutz nicht bekommen hätten, wäre die Bevölkerungszahl wahrscheinlich auch zurückgegangen", sagt Ortsbürgermeister Gerhard Stettler. Mit dem Bau des Dammes sei unter anderem auch die Existenz von Geschäften am Marktplatz gesichert worden.
Durchaus bemerkenswert: Kleine Orte wie Hochscheid (257 Einwohner) und Kommen (294 Einwohner) wachsen ebenfalls. Das dürfte auch an der Nähe zum Flugplatz Hahn liegen.
Spitzenreiter bei der Bevölkerungsentwicklung ist die Hunsrückgemeinde Longkamp. Der Grund dafür: Die Gemeinde hat noch genügend Bauflächen (siehe eigener Bericht).
Genau daran mangelt es in einigen Orten im Moseltal: zum Beispiel in Graach, wo die Bevölkerungszahl zwischen 1999 und 2009 um fast 10, 3 Prozent gesunken ist (siehe eigener Bericht), in Erden (-9,6 Prozent) und Ürzig (-9,3 Prozent). Derzeit wird auf der Ürziger Höhe allerdings kräftig gebaut.
Die Stadt Bernkastel-Kues hat 586 Bürger verloren (8,2 Prozent). "Hier gibt es im Vergleich zu anderen Orten noch weniger Bauplätze", sagt Stadtbürgermeister Wolfgang Port. Die vorhandenen Flächen seien wesentlich teurer als in den Nachbargemeinden. In der Stadt sind 200 Euro für den Quadratmeter Baugrund keine Seltenheit. In Longkamp kostet er 60 bis 70 Euro.
Noch ein Detail ist wichtig. Im Stadtteil Bernkastel, wo sich jedes Jahr unzählige Touristen an der mittelalterlichen Architektur erfreuen, herrscht zwar in den Geschäften und Lokalen im Erdgeschoss Leben. In den Etagen darüber wird es aber immer ruhiger. Ende 1999 lebten dort noch 1055 Personen, Ende 2009 waren es nur noch 910.
Ulf Hangert, Bürgermeister der VG Bernkastel-Kues, misst der demografischen Entwicklung große Bedeutung zu. Er zählt Projekte wie "Zu Hause alt werden", "Innen vor Außen", und die Ehrenamtsbörse auf. Miteinander vernetzt könnten sie den negativen Trend zumindest verlangsamen, glaubt er.
Mit dem Projekt "Innen vor Außen" fördert die VG den Erhalt der Ortskerne. Wer ein vor 1950 errichtetes Gebäude saniert oder abreißt und neu baut, kann aus einem speziellen Fördertopf bis zu 5000 Euro Zuschuss erhalten. Nach Auskunft der Bauverwaltung sind seit Mitte 2007 32 Anträge genehmigt worden.
Gerade um solche Projekte weiter auszubauen, sei die Wahl eines hauptamtlichen Beigeordneten sinnvoll. Mit Leo Wächter, bisher ehrenamtlich tätig, stehe eine Person zur Verfügung, die solche Themen angestoßen und in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt habe.
Hangert hält es auch nicht für ausgeschlossen, dass es wieder einen Trend zum Leben auf dem Land gibt. Das sei aber auch nur attraktiv, wenn die Infrastruktur intakt sei. Dazu gehöre auch die ärztliche Versorgung. In der VG praktizierten im Jahr 2010 noch 48 Ärzte verschiedener Fachrichtungen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort