Einblicke in die Arbeitswelt

BERNKASTEL-KUES. "Was erwartet die Wirtschaft von den Schulabgängern?" Das Ergebnis einer Umfrage ist hochinteressant: Soziale und persönliche Kompetenz sind wichtiger als Fachwissen.

Auszubildende sind der deutschen Sprache nur unzureichend mächtig, können nicht rechnen, sich nicht benehmen und brechen oft ihre Lehre ab: Ist das der Alltag in den Betrieben? Zumindest wird das oft so kolportiert. Heike Hansen (Bernkastel-Kues) und Sabine Stein (Monzelfeld) haben sich ausführlich mit diesen Fragen beschäftigt. Und sie sind dafür belohnt worden. Beim Regional-Wettbewerb "Jugend forscht - Schüler experimentieren" haben die Zehntklässlerinnen der Hauptschule Bernkastel-Kues mit ihrer Arbeit "Was erwartet die Wirtschaft von den Schulabgängern" den zweiten Platz im Fachgebiet "Arbeitswelt" belegt. Auf die Idee kamen die beiden 15-Jährigen zu Hause. "Unsere Eltern sind selbstständige Gastronomen und damit Arbeitgeber", erzählen sie. Da werde öfter darüber gesprochen, welche Kompetenzen Auszubildende aufweisen oder aufweisen müssten. Aus dieser Erkenntnis heraus entwickelten die beiden einen Fragebogen. Unterstützung bekamen sie dabei von Rektor Dieter Stuff. Befragt wurden 80 Betriebe (Gastronomie, Dienstleistung, Handwerk), vornehmlich aus Bernkastel-Kues, und 221 Schüler der achten, neunten und zehnten Klassen der Hauptschule. Das sind die Mädchen und Jungen, die schon ein Betriebspraktikum absolviert haben. Immerhin 72 Betriebe schickten den Fragebogen zurück, von den Schülern antworteten 190. Der Fragebogen war in drei Bereiche unterteilt: fachliche Kompetenzen, soziale Kompetenzen, persönliche Kompetenzen. Den Grad der Zustimmung bestimmten die Befragten auf einer Skala, die von eins bis zehn reichte. Die Ergebnisse sind vielfältig. "Auffällig war aber, dass sowohl Schüler als auch Arbeitgeber die persönlichen Kompetenzen für sehr wichtig erachten", heißt es im Abschlussbericht. Daraus ergeben sich für die beiden jungen Forscherinnen Forderungen: Da die persönlichen Kompetenzen von den Arbeitgebern hoch eingeschätzt werden, müssten diese verstärkt Beachtung finden. So sollten die Lehrer bei den Schülern mehr auf Freundlichkeit, Heftführung, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit achten. "Dazu sagen die Lehrer zu wenig", glaubt Heike Hansen, die gleichwohl überzeugt ist, dass solche Forderungen aus dem Mund Gleichaltriger bei den Jugendlichen akzeptiert werden. Rektor Stuff glaubt, dass die Lehrer ihren Teil leisten. Er sieht die Erziehungsberechtigten in der Pflicht. "Zum Elternhaus gibt es keinen Ersatz", sagt er. Die beiden Mädchen haben noch etwas herausgefunden: "Dass die Schüler einige sehr wichtige Kompetenzen als eher unwichtig einschätzen, ist für die Schule als auch für die Schüler, die in das Berufsleben einsteigen möchten, ein Problem." Die mögliche Lösung liefern die beiden gleich mit: ein zusätzliches Praktikum in der neunten Klasse. Es gebe den Schülern die Möglichkeit, Vergleiche anzustellen und in der Berufsfindung sicherer zu werden. Die Situation bei den Zehntklässlern ihrer Schule sehen sie derzeit entspannt. "Es hängt keiner in der Luft", sagen sie. Eine Aussage, die besonders Ulf Hangert, den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues, freut. Durch den Schritt zur Ganztagsschule könne auf diesem Weg noch mehr erreicht werden, glaubt er. Auch die beiden jungen Forscherinnen haben ihre Zukunft im Griff. Sabine Stein wird sich einen großen Wunsch erfüllen und geht für ein Jahr nach Thailand. Dort besucht sie eine höhere Berufsfachschule. Späterer Berufswunsch: Hotelfachfrau oder Entertainerin. Heike Hansen wird in Trier die höhere Berufsfachschule besuchen und Fachabitur machen. Sie möchte einmal als Mediendesignerin arbeiten.

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