Justiz Zentnerweise Hasch und Gras

Trier · Eine Drogenbande aus dem Hunsrück muss sich vor dem Landgericht Trier verantworten. Am ersten Verhandlungstag gibt es schon Geständnisse.

 Die Bande soll mit Marihuana und weiteren Drogen im Hunsrück und im Hochwald gehandelt haben.

Die Bande soll mit Marihuana und weiteren Drogen im Hunsrück und im Hochwald gehandelt haben.

Foto: Daniel Karmann

Die Anklageschrift von Staatsanwalt Benjamin Gehlen könnte auch als fetter Einband gestaltet werden. Sie umfasst die Aktivitäten der Bande um ihren 63-jährigen „Kopf“ und Hauptangeklagten H.P. Das lief ab 2016 bis zum Auffliegen der „Firma“ in diesem Frühjahr. Auch die französische Ehefrau S. von H.P. sitzt mit auf der Anklagebank der Dritten Großen Strafkammer. Sie und ein weiterer Angeklagter befinden sich auf freiem Fuß – die anderen sitzen seit Februar in Untersuchungshaft.

Das Geschäftsmodell: Ankauf im großen Stil von Betäubungsmitteln in Frankreich, illegale Einfuhr nach Deutschland und Verkauf an Abnehmer im Hunsrück und im Hochwald. Bei der Ware handelte es sich um Haschisch in Zentnermengen, Marihuana (Gras) im Kilobereich, Amphetamin und Kokain in kleineren Mengen. Die Angeklagten arbeiteten bei ihren Transaktionen meist in wechselnder Besetzung.

Außerdem wird der Hauptangeklagte der Körperverletzung beschuldigt. Er soll im September 2017 in Wittlich versucht haben, aus einem Mann Informationen über 30 Kilo bestelltes, aber nicht eingetroffenes Marihuana herauszuprügeln. Gegen den Geprügelten aus der Drogenszene läuft ein gesondertes Verfahren – er brauchte angeblich auch eine neue Zahnbrücke. Vier Angeklagte haben die Vorwürfe inzwischen in weiten Teilen eingeräumt. Das funktioniert in diesem Verfahren nach einem einfachen Schema:  Der Vorsitzende Richter Armin Hardt liest die in der Anklage aufgelisteten und durchnummerierten Tatvorwürfe vor und dann wird abgehakt. Am gestrigen Verhandlungstag ist als Nummer vier der Angeklagte K. an der Reihe.

Auch bei ihm tritt die Liste in Aktion. Das läuft dann wie folgt: Der Vorsitzende ruft etwa den „Fall 12“ auf der Liste auf. Antwort: „Nee, war ich nicht dabei“. Fall 13?: „Nee, stimmt nicht.“

Die Fälle 14, 15, 16?: „Ja stimmt, fünf Euro pro Gramm hab‘ ich davon gekriegt.“ Fall 17 zusammen mit dem Angeklagten P. ?“: „Nee, nie was zusammen mit dem gemacht.“ Auch die Angeklagte S. hatte für gestern eine Einlassung angekündigt ­– sie zieht sie aber kurzfristig wieder zurück. Sie und ihre Familie würden bedroht, begründet sie ihren Rückzieher.

Ihr Haus im Hunsrück werde ständig von Gestalten mit zwei Autos umlungert. „Das sind französische Gläubiger. Ich habe auch eine Drohung in der Haftanstalt erhalten“, sekundiert ihr Mann von der Anklagebank aus. Sein Verteidiger Oliver Kleine nennt das einen „nicht ganz glücklichen Zustand“.

Dazu sagt Vorsitzender Hardt: „Da sind wohl Drogenschulden in sechsstelliger Höhe offen, das ist das Problem. Wir können aber auch nicht wie bei einem hohen Politiker dort einen ständigen Polizeiposten mit Unterstellhäuschen einrichten. Wir wollen sehen, was sich tun lässt.“

Dann kommt noch ein französischer Zeuge. Der ist schon rechtskräftig verurteilt (der TV berichtete), sitzt in Haft und wird in Handschellen reingeführt. Zunächst steht nicht fest, ob er mit dem Hauptangeklagten ein Verwandtschaftsverhältnis haben könnte und daher die Aussage verweigern darf.

„Der Angeklagte H.P. ist der Ehemann der Schwester meiner Mutter“, lässt er die Dolmetscherin übersetzen. Der Vorsitzende unterbricht zur Überprüfung der Rechtslage. Ergebnis: kein Aussageverweigerungsrecht.

Danach wird dem Zeugen das Protokoll seines eigenen, bereits abgeschlossenen Verfahrens vorgehalten. Der Zeuge bestätigt die darin festgehaltenen Aussagen, durch die einige der Angeklagten belastet werden. Schnell ist diese Vernehmung abgeschlossen, dem Zeugen werden wieder die Handschellen angelegt, und der Vorsitzende wünscht ihm „einen schönen Tag noch und alles Gute“.

Die Verhandlung wird am Dienstag, 6. November, 9 Uhr, fortgesetzt.

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