Eine Erfahrung für das ganze Leben

Bengel/Reil/Pünderich · Weihnachten in der Fremde. Felix Keß aus Reil, Matthias Köberlein aus Bengel und Stephan Mertes aus Pünderich haben das erlebt. Die drei jungen Männer machten unterschiedliche Erfahrungen während ihres Auslandsjahrs in Afrika und Südamerika.

 Vor einem Jahr feierten Felix Keß aus Reil, Stephan Mertes aus Pünderich und Matthias Köberlein aus Bengel Weihnachten im Ausland. Die drei jungen Männer stießen bei ihrem einjährigen Auslandsaufenthalt zahlreiche Türen auf. TV-Foto: Holger Teusch

Vor einem Jahr feierten Felix Keß aus Reil, Stephan Mertes aus Pünderich und Matthias Köberlein aus Bengel Weihnachten im Ausland. Die drei jungen Männer stießen bei ihrem einjährigen Auslandsaufenthalt zahlreiche Türen auf. TV-Foto: Holger Teusch

Bengel/Reil/Pünderich. An Weihnachten besonders viel Heimweh? Felix Keß aus Reil, der vor einem Jahr in Brasilien feierte, kann das nicht bestätigen: "An Weihnachten hatte ich kaum Heimweh. Wir hatten eine Sammelaktion für Lebensmittel für die Armen. Da war ich ganz schön eingebunden. Gefeiert haben wir mit vielen Leuten im Pfarrhaus", erzählt der 19-Jährige, der in einem Kindergarten arbeitete. Die Eltern der Kinder verdienten ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Metallschrott, den sie auf einer Müllkippe einsammelten. So interessant und aufregend das auch gewesen sei: "Ich habe natürlich viel mit zu Hause telefoniert", sagt er.
Keß ist einer von drei jungen Männern von der Mosel und aus dem Alftal, die ein Jahr in Südamerika oder Afrika verbracht haben. Natürlich sind alle froh, dieses Weihnachtsfest zu Hause zu sein. Sehnsucht nach der Heimat hatten alle. "Heimweh habe ich noch nie so viel gehabt. Das habe ich unterschätzt", sagt Matthias Köberlein aus Bengel. Der 21-Jährige unterrichtete in Ghana angehende Büroangestellte. Er ist der einzige des Trios, der sein Auslandsjahr nicht über eine kirchliche Institution organisierte. Das habe er bewusst gemacht. "Ich wollte sehen, wie Entwicklungsarbeit funktioniert, bevor ich schlau darüber rede", sagt der Student aus Bengel. Nicht nur die Distanz von 5000 Kilometern trennen Deutschland und Ghana. "Man lebt mit ganz anderen Werten und Gewohnheiten", sagt Köberlein. Und: "Man vergisst die Armut, wenn man dort lebt."
Köberlein hat erfahren, wie schwer es sein kann, tiefergehende Kontakte mit Einheimischen zu knüpfen. Der Grund: "Ich war unheimlich viel von Weißen umgeben", erzählt er. "Wir hatten im Grunde ein Integrationsproblem." Neue Freundschaften? "Ich würde sagen, nein. Man ist ein bisschen aus den Augen, aus dem Sinn", lautet seine ernüchternde Antwort. Aber mit den anderen freiwilligen Entwicklungshelfern stehe er weiterhin in Kontakt.
Ganz anders Stephan Mertes aus Pünderich: "Ich werde oft angerufen und rufe oft in Nigeria an. Das sind halt meine Kumpels", sagt der 20-Jährige. Mertes kam während der Ferienzeit im bevölkerungsreichsten Land Afrikas an und war auf sich allein gestellt. Was tun? Mertes ging auf die Straße. Sofort wurde er angesprochen. Die Verständigung war zunächst mühsam. Das Englisch der Nigerianer habe er zunächst nicht verstanden. Nun könne er aber sogar auf Igbo, einer Stammessprache, sagen, was er wolle. Noch bevor Keß an einer Schule Französisch, Deutsch und Musik unterrichtete, gab er privat Gitarrenunterricht, spielte mit auf der Straße Fußball - und baute sich schnell einen Freundeskreis auf.
Ob enge Kontakte geknüpft wurden oder nicht, der Auslandsaufenthalt hat die jungen Männer geprägt. Der Blick auf seine Heimat habe sich verändert, erzählt Köberlein. Seit seiner Rückkehr habe er so ziemlich alles hinterfragt. "Nichts ist selbstverständlich", sagt er. "Man wird reifer", sagt Keß. Dass sich die Persönlichkeit an sich ändere, habe er nicht festgestellt. Allerdings: "Ich bin einer der wenigen, bei denen sich der Studienwunsch nicht geändert hat", sagt der 19-Jährige, der nun in Trier Volkswirtschaftslehre studiert.
Mertes, der in seinem Berufswunsch Lehrer bestärkt wurde, hat auch die afrikanische Mentalität schätzen gelernt. Er nennt ein Beispiel: Als kürzlich der Bus von der Universität zum Trierer Hauptbahnhof Verspätung hatte, habe sich eine junge Frau aufgeregt, dass sie ihren Zug verpasse. "Das hätte man in Afrika nicht erlebt. Wieso aufregen über etwas, auf das man keinen Einfluss hat?", fragt der 20-Jährige.

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