Eine Frage der Meter

Offenbar ist der Erbeskopf tatsächlich "nur" 816 Meter hoch. Doch auch nach intensiven TV-Recherchen gibt es mehr Fragen als Antworten.

 818 oder 816 Meter, diese Frage wird derzeit im Hunsrück heftig diskutiert. Fotomontage: Birgit Keiser/TV-Foto: Archiv/Ilse Rosenschild

818 oder 816 Meter, diese Frage wird derzeit im Hunsrück heftig diskutiert. Fotomontage: Birgit Keiser/TV-Foto: Archiv/Ilse Rosenschild

Erbeskopf. Die Behauptung von Wolfgang Becker, dem Leiter des Katasteramts Bernkastel-Kues, der Erbeskopf sei lediglich 816 Meter hoch, hat in der Region für reichlich Gesprächsstoff gesorgt. Doch woher stammt die anscheinend falsche Angabe? Und wer hat dafür gesorgt, dass zwei Schilder mit offiziellem Charakter mit der zweifelhaften Höhenangabe am Erbes kopf aufgestellt wurden? Die erste Anfrage richtet sich an die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich. "Wir sind zwar dafür zuständig, aber wir haben die Schilder definitiv nicht aufgestellt", versichert Pressesprecher Mike D. Winter. In der Behörde hat man keine Kenntnis, wer dies getan haben kann. Klaus Hepp vom Wintersportzentrum kann etwas Licht ins Dunkel bringen. Er kann sich noch erinnern, dass der Nachbarkreis Birkenfeld Ende der 90er Jahre ähnliche Schilder in Auftrag gegeben hatte. Möglicherweise waren auch die umstrittenen Erbes kopf-Schilder dabei. Werner Knauth, Pressesprecher des Landkreises Birkenfeld, kann diese Vermutung teilweise bestätigen. Der ehemalige Landrat Wolfgang Hey habe tatsächlich derartige Schilder anfertigen lassen. "Da der Erbeskopf nur einen Steinwurf entfernt liegt, ließ er auch ein Schild für den Erbeskopf anfertigen." Die Höhenangabe sei einer topografischen Karte entnommen worden. Im Jahr 2000 wurde das Schild übergeben. An wen, ist nicht bekannt. Hey persönlich erinnert sich etwas anders. Aus dem Bereich Thalfang habe man die Information bekommen, dass neuere Messungen 818 Meter ergeben hätten. In Thalfang selbst kann dies niemand bestätigen. Verbandsgemeinde-Bürgermeister Hans-Dieter Dellwo will die genaue Höhenangabe definitiv klären lassen. Und zwar im Zusammenhang mit dem Architektenwettbewerb Gipfelsteig/Erbeskopf, der demnächst ausgelobt werden soll. Für Lothar Hünerfeld, Leiter der Stabsstelle beim Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation in Koblenz, ist die Sache allerdings klar: "Es gibt keinen Anlass, an der Höhenangabe 816 Meter zu zweifeln." Keine neuere Karte weise den höheren Wert auf. Ihn erinnert die Situation an den Film "Der Engländer, der auf einen Hügel steigt und von einem Berg herunterkam". Darin geht es um ein kleines walisisches Dorf, das an einem Berg liegt. Ein Kartograf stellt fest, dass dem Berg einige Fuß fehlen und es sich nur um einen Hügel handelt. Die Dorfgemeinschaft entschließt sich, den Berg auf die notwendige Höhe aufzuschütten. Das wäre sicher auch eine Lösung für das Problem. Zitate Gereon Haumann, der stellvertretender Vorsitzende der Urlaubsregion Thalfang am Erbeskopf, beispielweise nimmt's mit Humor: "Es kommt darauf an, ob man mit oder ohne Schnee misst". Verbandsgemeinde-Bürgermeister Hans-Dieter Dellwo, dessen Kommune den Erbeskopf ebenfalls im Namen führt, trägt's mit Fassung. Schließlich gebe es ja keine Erhebung, die 817 Meter hoch sei. Und deshalb sei das Alleinstellungsmerkmal der Verbandsgemeinde nicht gefährdet. Klaus Hepp vom Wintersportzentrum sagt ironisch: "Erst kürzt man mir den Etat, jetzt noch den Berg selbst." Wenn's definitiv falsch sei, müsse man die Angaben selbstverständlich ändern. Thalfangs Ortsbürgermeister Franz-Josef Gasper ist es schlicht "wurscht". Dietmar Jäger, Amtskollege aus Heidenburg, bedauert den geschrumpften Berg vor allem, weil seine Eselsbrücke verloren ging: Er hätte sich die Erbeskopf-Höhe stets mit dem Geburtsjahr von Karl Marx - 1818 - gemerkt.

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