Eine Leinwand aus Wasser

Zeltingen-Rachtig · Mit einer außergewöhnlichen Show will Johannes Nicolay vom gleichnamigen Hotel das 135-jährige Bestehen seines Hauses an Silvester feiern. Kurz nach Mitternacht wird am 1. Januar eine Projektion historischer Fotos an der Mosel öffentlich zu sehen sein: auf einer Leinwand aus Moselwasser.

Zeltingen-Rachtig. Mit 1440 Litern pro Minute - gepumpt durch ein Feuerwehrrohr der Größe B - soll in der ersten Viertelstunde des neuen Jahres in Zeltingen-Rachtig eine 30 Meter breite und 15 Meter hohe Wasserleinwand entstehen. Dazu wird ein spezielles Rohrsystem aufgebaut, an dessen Ende eine Art Wasserfächer angebracht ist. Damit wird der "Hydroshield", ein Wasserschild erzeugt. Mit der Aktion will Johannes Nicolay, Geschäftsführer des gleichnamigen veganen Restaurants und Hotels, den Beginn des neuen Jahres feiern.
Monatelange Planungen


Dem Event gehen monatelange Vorbereitungen voraus. "Ich musste viele Genehmigungen einholen, vom Ordnungsamt, vom Wasserschifffahrtsamt und weiteren Behörden - und auch mit der Feuerwehr Zeltingen-Rachtig reden", sagt Nicolay, der für die Aktion nach eigener Aussage einen fünfstelligen Betrag lockergemacht hat. Und so soll es, nachdem sich der Rauch der Silvesterböller aus dem Moseltal verzogen hat, am 1. Januar, exakt um 0.13 Uhr und 50 Sekunden losgehen, um die 135 Jahre zu feiern.
Was gibt es nun zu sehen? "Wir werden mit einem Hochleistungsprojektor einen siebeneinhalb Minuten langen Film zeigen, der von darauf abgestimmter Musik untermalt wird," sagt Nicolay. Der Film handelt von der Geschichte des Hotels und auch der Geschichte rund um Zeltingen-Rachtig. "Es soll eine Zeitreise werden", ergänzt der Gastronom.
Die Fotografien, die als Grundlage für den animierten Film dienen, hat Nicolay bereits 2004 auf dem Dachboden des Hauses gefunden.
Dort stand seit fast 100 Jahren eine alte Überseekiste. Als er sie öffnete, kam Nicolay aus dem Staunen nicht mehr heraus. "Es waren mehr als 400 Glasplatten-Aufnahmen meines Urgroßvaters Johannes Nicolay aus der Zeit von 1875 bis 1921 von Zeltingen-Rachtig darin. Darunter Aufnahmen von Menschen, Bauten und der Natur der Umgebung. Diese Bilder haben wir sechs Jahre lang aufwendig digitalisiert und archiviert."
Neben der Digitalisierung begab sich Nicolay auch auf Personen-Recherche und hat herausgefunden, welche Menschen auf diesen Aufnahmen abgebildet sind. "Wir werden die Geschichte ab 1875 zeigen. Zu sehen sind Katastrophen, Hochwasser, Kriegszeit, aber auch Naturaufnahmen. Auch Bilder vom Aufbau der Moselbahn, von der ersten Zugfahrt bis zu ihrem Abbau, sind dabei", verspricht Nicolay.
Hilfe aus Leipzig


Um die Bilder lebendiger zu machen, bedient er sich der sogenannten Parallax-Technik. Damit wird zum Beispiel aus einem Foto eine Person digital ausgestanzt und der Raum, den sie ausfüllte, zum Beispiel der Himmel oder eine Straße, aus der Umgebung des Ausschnitts kopiert und aufgefüllt. Dann kann man die Person durch das Bild bewegen. Dazu hat Nicolay Hilfe von der Leipziger Filmhochschule erhalten. Die Silvesterparty ist bereits ausverkauft - für 135 Jahre kommen genau 135 Gäste. Aber die Filmschau auf dem Wasser am Moselufer richte sich an alle Interessierten.
So etwas möglich zu machen, die alten Foto-Glasplatten des Urgroßvaters wieder der Öffentlichkeit zu präsentieren - das funktioniert nur, wenn ein Haus schon seit vielen Generationen von derselben Familie bewohnt wird, ist sich Johannes Nicolay sicher.

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