"Eine Motorsäge ist ein gefährliches Gerät!"

Wittlich · Mehrere Zeugen werfen einem Mann am Montag vor dem Wittlicher Amtsgericht vor, sie im vergangenen Juni mit einer Motorsäge bedroht zu haben. Die Richterin gibt ihnen Recht - der Angeklagte muss 80 Tagessätze à zehn Euro zahlen.

Wittlich. Hat ein 49-jähriger Mann aus Wittlich mit seiner Kettensäge Holz geschnitten oder damit Menschen bedroht? Richterin Silke Köhler vom Wittlicher Amtsgericht jedenfalls glaubt den Zeugen, die den Angeklagten bei der Verhandlung beschuldigen, am 27. Juni 2014 vor ihnen mit einer laufenden Kettensäge bedrohlich herumgefuchtelt zu haben.
Der Vorfall ereignete sich in Wittlich, nahe der Alten Chaussee. Der Angeklagte bereitete mit seiner Lebensgefährtin, deren Tochter und Freundinnen einen Platz zum Zelten vor. Während er nach eigener Aussage gerade Holz auslud, kamen Spaziergänger vorbei und fingen sofort an, die Jugendlichen anzubrüllen.
"Es ging um Müll, der da schon vorher lag. Ich fragte, was das sollte. Dann wurden sie laut und frech", sagte der wegen Betrugs vorbestrafte Angeklagte, der momentan noch eine Bewährungsstrafe abzuleisten hat. In der Version der Zeugen, Touristen aus Riesa in Sachsen, die mit einer Bekannten aus Wittlich unterwegs waren, fuchtelte er nach hitzigen Diskussionen mit einer Kettensäge vor deren Augen. Er soll sie immer wieder laufen gelassen und sie damit bedroht haben.
Der Angeklagte, der ohne Verteidiger kam, bestreitet dies: "Das würde ich nicht machen. Eine Motorsäge ist doch ein gefährliches Gerät!" Er habe damit bloß Holz geschnitten. Den Zeugen zufolge war aber weit und breit gar kein Holz zu sehen. Außerdem gab es als Beweismittel Handyfotos der Zeugen, die den Angeklagten mit der Säge in unmittelbarer Nähe zeigten. "Er kam mit der Motorsäge frontal auf mich zu. Als er recht nah stand, habe ich auch eine Alkoholfahne gerochen", sagte der 45-jährige Zeuge aus Riesa. Er habe sich bedroht gefühlt.
Als sie ankündigten, zur Polizei zu gehen, soll der Angeklagte gesagt haben: "War doch nur Spaß! Zur Polizei kannst du ruhig gehen, die kenn ich alle, da passiert mir nix!"
Daraufhin rief der Angeklagte die Polizei selbst an, wie ein 51 Jahre alter Polizeibeamter aussagte: "Der Angeklagte hat mich angerufen und gesagt, dass jemand meinen könnte, er habe ihn mit einer Motorsäge bedroht." Dieser scheinbare Versuch, die Strafe durch die eigene Vorwegnahme einzudämmen oder die Anzeige zu verhindern, half nichts.
Die Lebensgefährtin, deren Tochter und drei Freundinnen sagten aus, dass der Angeklagte mit der Kettensäge Holz schnitt und keinen bedrohte. "Wenn man es aber genauer wissen wollte, beriefen sich alle auf Unwissen", sagte Staatsanwältin Stefanie Wöste. Auch Richterin Silke Köhler kam das etwas spanisch vor. "Die Mädchen haben noch versucht, auszusagen, aber wenn man nachgefragt hat, kamen Widersprüche." Da die Tat anders gelagert sei als die Vorstrafen des Angeklagten, gebe es keine Freiheitsstrafe, sondern eine Geldstrafe - 80 Tagessätze à zehn Euro.
"Vielleicht war der Angeklagte durch den Alkoholgenuss etwas enthemmt. Hätte er in einer angemessenen Entfernung Holz geschnitten, hätte sich auch keiner bedroht gefühlt." lem

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