Einer will anpacken, die anderen zieren sich

Bernkastel-Wittlich · Eine neue Ehrenamtskarte soll Helfern verschiedene Ermäßigungen ermöglichen - wie bei einem Besuch des Schwimmbades. In der Verbandsgemeinde Traben-Trarbach könnte diese nun eingeführt werden. Die Nachbargemeinden halten sich bedeckt.

Bernkastel-Wittlich. Wenn Anja Bindges über die ehrenamtliche Hilfe in der Verbandsgemeinde Traben-Trarbach spricht, gerät sie regelrecht ins Schwärmen. Dann fallen ihr Menschen ein, die sich in der Gesundheit einbringen, die Flüchtlingen helfen oder aus Fürsorge eine kaputte Mauer in einem Dorf wieder herstellen. Bindges sagt: "Hier ist so viel entstanden. Und wir wollen die Arbeit wertschätzen." Dies soll in Traben-Trarbach mit der neuen Ehrenamtskarte gelingen, die das Land Rheinland-Pfalz einführt (siehe Extra). Helfer erhalten dabei landesweit Ermäßigungen - in Traben-Trarbach beispielsweise für das Schwimmbad oder die Volkshochschule, wie Bindges hofft. Der Verbandsgemeinderat entscheidet am Donnerstag über den Antrag der SPD-Fraktion, ob die Karte eingeführt wird. Die Nachbarn im Landkreis sind skeptisch - und lehnen die Ehrenamtskarte noch ab. Das zeigte sich bei der Kreistagssitzung. Andreas Hackethal, Bürgermeister der Einheitsgemeinde Morbach, störte sich an der Frage, ab wann ein Ehrenamtlicher die Karte erhält. 250 Stunden sollten die Helfer im Jahr an Einsatz aufweisen, eine Aufwandsentschädigung dürften sie nicht bekommen. Hackethal kritisiert: "Bei der freiwilligen Feuerwehr sind viele Menschen jedes Jahr Hunderte von Stunden unterwegs, die Karte erhalten sie aber nicht. Dann bin ich auch nicht bereit, dieses Zeichen zu setzen." Dennis Junk, Bürgermeister von Wittlich-Land, legte nach: "Gut gedacht ist nicht immer gut gemacht. Ich kann bei Ehrenamtlichen nicht anfangen, weniger als 250 Stunden nicht gelten zu lassen. PR-Beschlüsse treffe ich nicht zu Themen, die noch nicht ausgereift sind." Joachim Rodenkirch, Bürgermeister von Wittlich, stimmte ebenfalls in die Bedenken ein. "Ich will keine Hierarchisierung vom Ehrenamt. Da sind wir uns parteiübergreifend in den Fraktionen des Stadtrates einig", sagte er. Die Kritiker wollen nun erst einmal abwarten, welche Erfahrungen Traben-Trarbach mit der Ehrenamtskarte macht. Marcus Heintel, Bürgermeister der Verbandsgemeinde, steht zu der Idee: "Wir wollen das Signal anstoßen, für die Ehrenamtlichen was zu machen." Auch Anja Bindges betont, dass es ihr mehr um das Zeichen gehe. Das Argument, es sei ungerecht, Ehrenamtliche mit Entschädigungen auszuschließen, kann sie nur bedingt nachvollziehen. Sie sagt: "Es geht ja auch darum, den Menschen etwas zur Verfügung zu stellen, die gar nichts bekommen. Und das Konzept kann sich noch wandeln, weil immer wieder neue Erfahrungswerte einbezogen werden." Die Sorge von Kreistagsmitgliedern, dass eine Ehrenamtskarte hohe Kosten für die Verwaltung mit sich bringt, lässt sie nicht gelten. "Von den Vergünstigungen wird keiner reich und keiner arm." Bindges hofft, dass Traben-Trarbach den Anfang mit der Ehrenamtskarte macht - wenn auch als vorerst einzige Verbandsgemeinde im Kreis.Meinung

Ehrenamt, ja bitte!Ehrenamt, nein danke! So stöhnen viele Menschen genervt. Dabei denken sie nicht nur an den zeitlichen Aufwand. Sie denken auch daran, dass sie keinen Cent erhalten. Manchmal nicht einmal ein Danke. Dabei werden fleißige Helfer in der Gesellschaft gebraucht. Momentan vielleicht dringender denn je, weil Kommunen an Grenzen stoßen. Es braucht Helfer, um Flüchtlinge zu betreuen und zu integrieren. Es braucht Anpacker, um das Leben in Dörfern zu bereichern und diese intakt zu halten. Die Ehrenamtskarte hat in ihrem Konzept zwar noch Macken. Aber sie ist ein Anfang, Helfern Danke zu sagen. Und so zu signalisieren: Ehrenamt, ja bitte! f.schlecht@volksfreund.deExtra

Die Ehrenamtskarte Rheinland-Pfalz soll ein Dank für Menschen sein, die sich in überschnittlichem Maße für die Gesellschaft engagieren - wie in Vereinen, Verbänden, Kirchen, Stiftungen oder Selbsthilfegruppen. Die Karte ist für Ehrenamtliche kostenlos und dient dazu, Vergünstigungen in Ansprach zu nehmen, die das Land, teilnehmende Kommunen und private Partner anbieten. Sie gilt landesweit. Deshalb ist auch der Eintritt zu den Landesmuseen in Trier, Koblenz und Mainz günstiger. Ermäßigungen gibt es auch für den Wein der fünf Staatsweingüter im Land. Geplant ist auch, dass Fußballspiele des 1. FC Kaiserslautern für weniger Geld besucht werden können. Gedacht ist die Karte für Bürger, die mindestens 16 Jahre alt sind und sich mindestens fünf Stunden pro Woche ehrenamtlich im öffentlichen Raum engagieren - oder im Jahr 250 Stunden. flor Mehr Informationen: wir-tun-was.de

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