Einigkeit in der Sache, Streit um die Form

MORBACH. Dem Morbacher Gemeinderat wurde am Mittwochabend eine Planung für einen Rathaus-Neubau präsentiert, die wesentlich kostengünstiger ist als die bisher erwogene Sanierung des bestehenden Gebäudes samt Anbau. Nach heftiger Debatte beschlossen die Ratsmitglieder, auf dieser Grundlage den Zuschuss-Antrag ans Land zu verändern. Ob ein komplett neues Verwaltungsgebäude entstehen soll, ist allerdings noch nicht endgültig entschieden.

Wie ein Rathaus-Neubau aussehen könnte, das zeigte Dieter Fuchs vom Architekturbüro Jakobs-Thomas-Fuchs. Er präsentierte dem Rat und rund 20 Zuhörern einen dreigeschossigen kompakten, schmucklosen Zweckbau. Einzige "Zierde" des Gebäudes: der Sitzungssaal im ersten Obergeschoss, der auf der Frontseite aus der Fassade "hervorspringt". Auf der Rückseite ragt aus dem Kompaktbau das Treppenhaus mit Aufzug hervor. Die Kosten belaufen sich nach ersten Schätzungen auf 4,5 Millionen Euro. Das ist etwa eine Million weniger als bei einer Sanierung und Erweiterung des jetzigen Rathauses, wie sie nach dem Studentenwettbewerb 1999 favorisiert wurde. "Dringenden Handlungsbedarf" sieht Bürgermeister Gregor Eibes in der Rathausfrage. Er führte als Argumente den zusätzlichen Platzbedarf von rund 600 Quadratmetern ins Feld. Die Ausgliederung der Bauabteilung ins benachbarte Haus Faber habe 1980 nur vorübergehend sein sollen. Der Zeitpunkt, das Thema in Angriff zu nehmen, "dürfte nicht der schlechteste sein", so Eibes weiter. Der Verwaltungschef rechnet für 2003 im Zusammenhang mit höheren Steuereinnahmen und einem damit verbundenen Nachtragshaushalt mit einer "beeindruckenden freien Finanzspitze" und einer Schuldenrückführung in Höhe von 1,2 Millionen Euro. Die Situation auf dem Zinsmarkt sei günstig. Eine Investition würde auch der Wirtschaft vor Ort einen gewissen Schub versetzen. Zudem seien es in der Regel nicht die Investitionen selbst, die Probleme bereiten, sondern die Betriebskosten. Diese würden bei einem Neubau sogar sinken. Aus der Sicht des Bürgermeisters spricht alles für den Neubau: "Kein Privater würde mehr Geld für etwas Schlechteres ausgeben." Das sahen Vertreter von CDU, Freie Wähler und "Lebendige Demokratie" ähnlich. "Hätten wir doch schon 1995 diesen Mut gehabt!" ärgerte sich Heribert Knob selbstkritisch. Damals hatte man das Thema nach einem Einwohner-Antrag auf Eis gelegt (siehe Esxtra-Artikel "Geschichte"). Er freute sich, dass man mit den neuen Plänen unter fünf Millionen Euro geblieben sei. Hans-Jörg Dröschel von der Gruppierung "Lebendige Demokratie" gab negative Reaktionen von Bürgern zu bedenken, sagte aber zu, den Verwaltungsvorschlag zu unterstützen, den der Bürgermeister übrigens nach Gesprächen mit Vertretern der Fraktionen nochmals geändert hatte, um eine möglichst breite Mehrheit zu finden. Die Freien Wähler würden sich darin wiederfinden, betonte Achim Zender von den Freien Wählern. Seine Fraktion wolle einen Schluss-Strich unter die Vergangenheit ziehen. Der neue Antrag sah vor, den bereits gestellten Zuschussantrag an das Land auf der Grundlage der neuen Planung zu modifizieren, aber noch keine endgültige Entscheidung zu treffen. Kosten- und Qualitätsunterschiede sollten einer genauen Prüfung unterzogen werden. Ein neues "kostensparendes Modell" legte dagegen Karlheinz Schneider nach eigener Aussage für die SPD vor, das ausgehend von einer Rathaus-Sanierung weitere Sparvorschläge beinhaltete. Der Fraktionssprecher illustrierte seinen Vorschlag mit einem Modell aus Lego-Bausteinen. Schneider geht davon aus, dass insgesamt 2,4 Millionen Euro eingespart werden können und stellte zunächst den Antrag, nach der Bekanntgabe der Höhe der Landesfördermittel erneut über die Frage Anbau oder Neubau zu beraten. "Wichtigste Entscheidung der vergangenen Jahre"

"Wir liegen in der Sache nicht weit auseinander", appellierte Eibes gemeinsam mit den anderen Fraktion an Schneider, einen Kompromiss zu suchen. Inhaltlich wurde der auch gefunden und formuliert. Doch Schneider beharrte darauf, dass aus dem Text hervorgehe, dass er die Handschrift der SPD trägt. Darauf wollten sich weder die anderen Fraktionen, noch der Vorsitzende des Gremiums einlassen. "Es ist die wichtigste Entscheidung der Gemeinde in den vergangenen Jahren. Da kann es doch nicht nur darum gehen, in der Niederschrift zu erscheinen", empörte sich Eibes. Zur Abstimmung kam - nach einer Sitzungsunterbrechung, die die CDU beantragt hatte - schließlich der modifizierte Antrag der Verwaltung, der gegen die Stimmen der Sozialdemokraten verabschiedet wurde. Der inhaltlich identische SPD-Antrag wurde nach anfänglichen Irritationen nicht zur Abstimmung gestellt. Schneider kündigte an, die Kommunalaufsicht anzurufen. Neubau oder Sanierung oder Erweiterung? Wie ist Ihre Meinung? Ihre kurzen Antworten bis heute um 15 Uhr (per Fax 06503/981625 oder per E-mail hunsrueck-echo@volksfreund.de veröffentlichen wir morgen.

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