Ekstatische Soli, temperamentvoller Latin

Wittlich · Seine aktuelle Konzertsaison hat der Jazzclub Wittlich mit einem Auftritt des Jazzpianisten Chris Adams und seiner Band abgeschlossen. Zwar musste die Veranstaltung wegen eines heftigen Gewitters vom Garten des Hotels Lindenhof in dessen Saal umziehen. Doch das tat dem Vergnügen der knapp 70 Zuschauer keinen Abbruch.

Wittlich. Die Lufttemperatur ist warm, die musikalische Temperatur heiß. Als Chris Adams und seine vier Mitmusiker ihre Zuhörer im Garten des Hotels Lindenhof mit fetzigem Bebop begrüßen, passt zum kalendarischen Sommerbeginn alles. Das bleibt auch beim zweiten Stück so, das schon mit dem Titel "Geschüttelt, nicht gerührt" Assoziationen zu Drinks an der Urlaubsstrandbar weckt. Die Musik ist cool und lässig, ein bisschen im für die 1960er Jahre typischen Bossa-Nova-Stil gehalten. Dazu singt Chris Adams einen witzigen Text, der beschreibt, was und wie es bei seinen Konzerten auf und vor der Bühne "abgeht".
Ob das das Stichwort war? Den dritten Titel "Porscheschlüssel" bekommt die Band gerade noch hin, dann kracht Donner. Plötzlich brausen Sturm, Hagel und Starkregen heran, die Zuschauer flüchten, Techniker, Musiker und Fotografen retten ihr Equipment. Tropfnass treffen sich alle wieder im Hotel, wo dann die logistische Meisterleistung gelingt, nach nur rund 30 Minuten das Konzert im Saal fortzusetzen. Adams moderiert "Da, wo der Hammer hängt" an und macht dabei klar: "Wir spielen richtigen Jazz". Richtiger Jazz, das sind für den 1965 in Wittlich geborenen Pianisten vorwiegend treibender Bebop und temperamentvoller Latin. Dazu kommen etwas Blues und eine gehörige Portion Chanson, die mit ironisch-kritischen Texten über Zweierbeziehungen oder gesellschaftliche Missstände einhergeht und manchmal an Hildegard Knef erinnert.
Der Mitbegründer von "Fred Kellner und die famosen Soulsisters" und Sideman von Pe Werner, Lisa Bassenge, Lew Soloff oder Till Brönner hat souveräne, gut harmonierende Profis um sich geschart. Neben den Kollegen seines Trios68, Paul Kleber am Bass und Felix Astor am Schlagzeug, sind Florian Menzel an der Trompete sowie Jan von Klewitz an Altsaxofon und Querflöte dabei. Besonders letztere sorgen mit ekstatischen Solo-Improvisationen für einen spritzigen, frischen Gesamteindruck, den das trotz feuchter Kleidung ausharrende Publikum mit viel Applaus goutiert.

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