En schien deitsch Klarinettschi

WITTLICH. Zum Konzert des Musikvereins Lüxem mit Karl-Heinz Steffens, Solo-Klarinettist der Berliner Philharmoniker am kommenden Samstag im Atrium des Cusanusgymnasiums haben TV-Mitarbeiter Erich Gerten und Jürgen Schmidt, gemeinsam eine lustige Geschichte niedergeschrieben. Beide waren Musiker im Blasorchester Wittlich; Erich Gerten spielte Posaune und Jürgen Schmidt blies Klarinette.

 Das Blasorchester und der Lüxemer Klarinettist Karl-Heinz Steffens (Zweiter von rechts), heute Soloklarinettist bei den Berliner Philharmonikern, bei der Städteverschwisterung Wittlich-Brunoy im September 1979. Foto: Jürgen Schmidt

Das Blasorchester und der Lüxemer Klarinettist Karl-Heinz Steffens (Zweiter von rechts), heute Soloklarinettist bei den Berliner Philharmonikern, bei der Städteverschwisterung Wittlich-Brunoy im September 1979. Foto: Jürgen Schmidt

Im Sommer 1979 erreichte das Blasorchester die Einladung zu einem Konzert in Brunoy, der Partnerstadt der Stadt Wittlich in Frankreich. Die Reise sollte am 29. September 1979 erfolgen, so dass noch genügend Zeit war, ein schönes Programm einzuüben. Orchesterchef Heinz Schneeberg sah vor, zu Beginn etwas aus französischem Musikrepertoire zu spielen und wir einigten uns auf die Ouvertüre "Orpheus in der Unterwelt" von Jaques Offenbach mit dem berühmten Cacan, die 1858 in Paris uraufgeführt worden war. Ein recht schwieriges Stück für Blasmusik mit solistischen Passagen. Kurz vor Antritt der Reise fiel bei uns ein Klarinettist aus und wir wussten, dass es bei unserem Nachbar-Musikverein einen jungen, ausgezeichneten Klarinettisten gab, der gefragt wurde und seine Mitreise zusagte. Karl-Heinz Steffens hatte ab dem zehnten Lebensjahr Klarinettenunterricht bei Ernst Neuwinger aus Bausendorf, der selber ein hervorragender Musiker war. Steffens war außer im Musikverein Lüxem Mitglied im Landesjugendorchester Rheinland-Pfalz. Es gab weit und breit keinen besseren Klarinettisten, obwohl er erst 17 Jahre alt war. Am 29. September fuhren wir mit einem Bus nach Brunoy, wo wir im Rathaus herzlich begrüßt und bewirtet wurden. Wir sollten auch gleich auf dem Marktplatz spielen und wir würden unterstützt von einem weiteren Orchester, so wurde uns mitgeteilt. Wir waren gerade am Auspacken und Aufbauen, als zwei große Busse vorfuhren, aus denen etwa 70 bis 80 Musiker in dunkelblauer Uniform ausstiegen: das Polizeiorchester Paris, also lauter Profis! Unserem Chef fiel sprichwörtlich das Herz in die Hose und er sagte etwas mutlos: "Sollen wir etwas Leichteres spielen?" Wir waren aber der Meinung, wir haben den Offenbach geübt, also spielen wir ihn auch. Die Franzosen begannen das Konzert mit der Titus-Ouvertüre von Mozart. Sie spielten hervorragend. Die etwa 75 Musiker sowie ein großes Sinfonieorchester mit Streichern und Bläsern. Die 25 Klarinettisten spielten allesamt auf französischen Boehm-Klarinetten. Zu den Boehm-Klarinetten muss man folgendes erwähnen: So wie die Musikwelt über den unterschiedlichen Klang der österreichischen Oboen mit ihrem engen kleinen Ton (die Österreicher lieben das) zu den deutschen und französischen Oboen mit einem wesentlich weicherem und vollerem Ton verschiedener Meinung ist, so streiten Klarinettisten über die Vorzüge der deutschen Klarinetten (Oehler-System) gegenüber den französischen Klarinetten (Boehm-System). Die Boehm-Klarinette klingt über den gesamten Tonumfang gleich und ausgeglichen, während die deutsche Oehler-Klarinette in allen drei Registern eine charakteristisch eigene Klangfarbe hat, was an ihr so geschätzt wird. In der von uns gespielten Ouvertüre von Offenbach gibt es gleich zwei Solostellen für Klarinette (Kadenzen), bei denen die verschiedenen Klangnuancen der Klarinette zu hören sind - wenn man sie beherrscht. Und unser Solist Karl-Heinz Steffens konnte es so gut, dass die französischen Profimusiker unseren jungen Solisten neugierig und interessiert und auch ein bisschen neidisch bestaunten. Und sie klatschten Beifall, als wir fertig waren. Was wiederum unseren Klarinettisten Föhrs Hubert, der nun leider schon einige Jahre tot ist, zu folgenden Kommentar veranlasste: "Hodda gelaustert, ihr Franzisja, su schien klingt en deitsch Klarinettschi!" Die Fortsetzung der Stadtgeschichte über die Synagoge erscheint nächste Woche.

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