13,2) läuft schon lange mit mir herum. Also, Gäste hatten wir schon viele im Haus, aus aller Herren Länder - aber Engel waren bestimmt noch keine dabei.

Schon zu unseren Schulzeiten kamen Sanna aus Thailand, Hayrünissa aus der Türkei, Kessi aus Venezuela und noch andere als Austauschstudenten zu uns ins Haus. Und sobald wir einen eigenen Hausstand hatten, ging es weiter: Die am Flughafen gestrandete junge Mongolin lehrte uns Teigtaschen zu backen; Rana aus Eritrea erzählte uns die Geschichte seines Kampfes um Freiheit; Julie, die schüchterne Engländerin, forderte all unsere Hilfsbereitschaft heraus; das rollende Lachen der kräftigen Marcia aus Brasilien ließ die Lampen wackeln; in langen nächtlichen Gesprächen mit unseren Freunden aus Burundi tasteten wir uns vor zu dem tiefen gemeinschaftlich Menschlichen; eine ganze Gruppe von Asylbewerbern brachte unseren Kindern das Essen mit den Fingern bei; die Mitglieder eines amerikanischen ökumenischen Familienordens zeigten uns, wie man christliche Grundwerte auch in ganz und gar ungewohnten Formen leben kann; Matze, der Tippelbruder, beschenkte mich mit drei Nelken; Austauschschüler unserer Kinder ließen uns über Ziele und Standards unserer Erziehung nachdenken, und die junge Praktikantin aus Bolivien nahm fast wortlos, aber mit Tränen, Abschied. Und das sind nur einige aus der langen Reihe der Beherbergten.

Was haben sie uns gebracht, all unsere Gäste, außer etlichen Maschinen voll Wäsche und einigem Aufwand an Zeit und Arbeit?

Sie haben uns, außer etlichen schönen Bildbänden und liebenswertem Nippes, vieles mitgebracht: Freundlichkeit, Nachdenken und gemeinsames Gespräch, neue Kenntnisse und die Überprüfung unserer Werte. Sie haben uns Gedanken über Gott und die Welt ins Haus gebracht, Lachen und Weinen, Bewunderung und Mitleid, Vertrauen und Freundschaft, gemeinsame Feste und Vertrautheit über alle Grenzen, Gelassenheit und einen offeneren Blick auf die Welt.

Sind das nicht wahrhaft himmlische Mitbringsel und Geschenke? Haben wir doch Engel beherbergt - ohne es zu wissen?

Lilo Musseleck, Lehrerin im Ruhestand, Wittlich