Entscheidung für Turbodünger-Fabrik naht

Drei Firmen wollen mit dem Bau einer Produktionsanlage für "Terra Preta", eine Art Turbodünger, und einer Bioabfall-Vergärungsanlage noch in diesem Jahr eine zweistellige Millionensumme investieren. Das Projekt muss noch genehmigt werden.

Morbach/Wenigerath. In der Morbacher Energielandschaft soll die weltweit erste Anlage zur industriellen Herstellung von "Terra Preta" entstehen, einer Art Turbodünger, der besonders nährstoffreich ist und in hohem Maße Wasser und auch Kohlenstoff speichert (der TV berichtete). Zu dem Baukomplex gehören eine Bioabfall-Vergärungsanlage und eine zwölf Hektar große Chinaschilf-Plantage. Die Struktur- und Genehmigungsbehörde (SGD) Nord prüft nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) die geplante Produktionsstätte auf umweltschädliche Auswirkungen. Wie bei derartigen Verfahren üblich, werden eine Reihe von Unterlagen benötigt. Inzwischen liegt ein Geruchsgutachten des Unternehmens Ecoma, Schleswig-Holstein, vor, eines der letzten fehlenden Bausteine für den Genehmigungsantrag. Das Ergebnis: Die festgelegten Grenzwerte werden deutlich unterschritten. Die SGD Nord hat inzwischen die Träger öffentlicher Belange angeschrieben. Darunter befindet sich auch die Gemeinde Morbach. Sie kann im Verfahren eine Stellungnahme abgeben. Zuvor wird sie laut Theo Gätz, Büroleiter im Morbacher Rathaus, auch die betroffenen Ortsbezirke einbinden. Die Entscheidung fällt die Koblenzer Behörde. Die Gemeinde kann allerdings auch als Eigentümerin der Fläche Einfluss nehmen.

Auch Bürger können Einwände geltend machen. Die Pläne werden nach Auskunft von Alfred Grunenberg, Leiter des Referats Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz, vom 26. Januar bis 25. Februar im Morbacher Rathaus zur Einsicht ausgelegt. Einwendungen sind bis 11. März möglich.

Doch worum geht es eigentlich genau in dem Projekt? Der Turbodünger, auch Schwarzerde genannt, benötigt als Grundsubstanz vergorene Bioabfälle (siehe auch Extra). Ein Verfahren, das die Bewohner des Amazonas-Gebiets schon vor Jahrhunderten kannten. Es wurde von Joachim Böttcher, Geschäftsführer der Firma Areal GmbH aus dem Donnersbergkreis, weiterentwickelt. 50 000 Tonnen organische Stoffe sollen künftig in Morbach "veredelt" werden, wie es Stoffstrommanagement-Fachmann Peter Heck vom Umweltcampus Birkenfeld formuliert. Mit einer effektiven Planung der Stoffströme sollen Stoffe und Energie nicht verloren gehen. Das feste Substrat, das die Vergärungsanlage verlässt, wird in der Schwarzerde-Produktion benötigt. Mit den flüssigen Bestandteilen wird die Plantage gespeist. Das Chinaschilf kann ebenfalls wieder in den Produktionskreislauf eingebracht werden. Pro Jahr sollen 50 000 Tonnen Schwarzerde produziert werden. Zudem entstehen Wärme und Strom. Der Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist. Die Wärme soll von der benachbarten Pelletsanlage genutzt werden. Zu dem Konsortium wird neben Ökobit und Areal auch das Unternehmen Juwi aus Wörrstadt gehören. Nach den Plänen der Firmen soll noch in diesem Jahr die Produktion beginnen. Für Bürgermeister Gregor Eibes handelt es sich um ein zukunftsträchtiges Projekt, nicht nur, weil es weltweit die erste Anlage dieser Art sei. Man werde es sich künftig einfach nicht mehr leisten können, organische Abfallstoffe teuer zu entsorgen, wenn man aus ihnen auch Energie gewinnen kann. Extra Terra Preta, auch unter der deutschen Übersetzung Schwarzerde bekannt, zeichnet sich durch drei Faktoren aus: hohe Fruchtbarkeit, hohes Wasserspeichervermögen und hohe Speicherkapazität für Kohlenstoff. Für Peter Heck vom Institut für angewandtes Stoffstrommanagement am Umweltcampus liegen in den jüngsten Plänen für die Morbacher Energielandschaft in mehrfacher Hinsicht Lösungsansätze für Probleme unserer Zivilisation. Zum Verlangsamen des Klimawandel-Prozesses werde anderswo, so Heck, über riesige Kohlenstoffspeicher nachgedacht. "Terra Preta" könne dezentral als natürlicher Speicher fungieren. Zudem soll das Substrat die Bodenerosion aufhalten. Bioabfall-Vergärungsanlage: Die geplante Anlage soll 1,6 Megawatt thermische und elektrische Leistung haben. Nach Angaben von Christoph Spurk von Ökobit aus Föhren können damit 3600 Vier-Personen-Haushalte versorgt werden. Die Wärme wird zur Trocknung von Holzspänen in der bereits vorhandenen Pellets-Fabrik genutzt. Sie entspricht 1,1 Millionen Liter Heizöl. (iro)

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