Erdrutsch-Sieg für den Herausforderer

Birkenfeld · Triumph für Matthias Schneider, ein Desaster für Axel Redmer: Mit einem erdrutschartigen Sieg stößt der Herausforderer den Amtsinhaber vom Thron (der TV berichtete gestern kurz). Er wird mit 63,3 Prozent der Stimmen erster CDU-Landrat im traditionell roten Kreis Birkenfeld. Die Wahlbeteiligung lag bei 35,2 Prozent.

 So sehen Sieger aus: In der Herborner Sporthalle jubeln Dr. Matthias Schneider, seine Frau Helene Welsch und die Unterstützer der CDU über den triumphalen Sieg des Forstbeamten aus Berglangenbach. Foto: Hosser-Foto

So sehen Sieger aus: In der Herborner Sporthalle jubeln Dr. Matthias Schneider, seine Frau Helene Welsch und die Unterstützer der CDU über den triumphalen Sieg des Forstbeamten aus Berglangenbach. Foto: Hosser-Foto

Matthias Schneider konnte es kaum glauben. "Als die Stadt Idar-Oberstein ausgezählt war, war mir zwar auch klar, dass sich der Trend verfestigt", blickt der 48-jährige Forstbeamte auf den Wahlabend zurück.

Den überwältigenden Sieg muss er erst verkraften. "Ich musste mich erst mal auf eine Bierbank setzen und mich mental darauf vorbereiten", sagt er.

Er wird mit 63,3 Prozent der Stimmen erster CDU-Landrat in der Geschichte des Kreises Birkenfeld. Der amtierende Landrat Axel Redmer (SPD) kommt nur auf 36,7 Prozent der Stimmen.

Wahlsieger Schneider mit richtiger Strategie



Die Wahlkampflinie, die sein recht kleines Team - das Ehepaar Irmgard und Gerhard Bender, Schneiders Ehefrau Helene Welsch, Stefan Huber von der Jungen Union, Stephan Dreher und Wolfgang Benzel - erarbeitet hat, habe sich als richtig erwiesen. "Bewusst haben wir darauf verzichtet, den politischen Gegner zu attackieren. Trotzdem. Das sind Mehrheiten, ich weiß nicht, wie ich die interpretieren soll."

Am gestrigen Montag ging für ihn der Berufsalltag als Forstbeamter weiter. Auf seinem Terminkalender stand für ihn die Vorbereitung einer Kartierung in Landau. Die Niederlage für Amtsinhaber Axel Redmer bedauert er menschlich und kündigt an, in den nächsten Tagen mit ihm Kontakt aufnehmen zu wollen.

Auch in die Kreisverwaltung will er schon die ein oder andere Brücke schlagen. "Da gibt es Berührungsängste, die will ich versuchen abzubauen." Der Wahlsieg in dieser Deutlichkeit bedeute für ihn eine ganz besondere Verantwortung.

"Ich gratuliere Dr. Schneider", äußert sich Amtsinhaber Axel Redmer, der ankündigt: "Ich werde mich aus dem öffentlichen Leben zurückziehen. Das bin ich auch meiner Familie schuldig."

Das betrifft beispielsweise den Vorsitz im Verein für Heimatkunde und die Arbeit für den Kulturverein "Schnecke". Hinsichtlich seiner Amtszeit betont er: "Ich bin gewählt und werde meine Arbeit bis zum 19. Februar 2011 machen, wie es sich gehört."

Die Grünen, die sich "aufgrund der persönlichen Erfahrungen mit Axel Redmer" kurz vor der Stichwahl zu einer Wahlempfehlung für Matthias Schneider durchgerungen hatten, fühlen sich nach Aussage ihres beim ersten Wahlgang ausgeschiedenen Kandidaten Thomas Petry bestätigt. "Das ist nicht zu verkraften", kommentiert er das Ergebnis des Verlierers.

"Welch ein beeindruckendes Ergebnis! Es zeigt, dass die Wählerinnen und Wähler alte Strukturen aufbrechen wollen", erklärt Julia Klöckner. "Seine neue Aufgabe wird aufgrund der Haushaltslage sicherlich nicht einfach sein. Aber wenn alle Parteien an einem Strang ziehen, wird es gelingen."

Die Wahlbeteiligung stieg nach 31,3 Prozent im ersten Wahlgang auf 35,2.

Meinung : Desaster für den Amtsinhaber
Nicht nur die Tatsache, dass im Landratsamt des traditionell roten Kreises Birkenfeld ein CDU-Kandidat einzieht, dürfte historisch einzigartig sein. Erstmals musste ein amtierender Landrat in Rheinland-Pfalz überhaupt in die Stichwahl. Auch das Wahlergebnis mit 36,7 Prozent für einen Amtsinhaber dürfte die absolute Ausnahme sein. Die Differenz von mehr als 25 Prozentpunkten ist auch nicht dadurch erklärbar, dass die Grünen, die im ersten Wahlgang noch mit einem eigenen Kandidaten ins Rennen gegangen waren, eine Wahlempfehlung für den CDU-Kandidaten Matthias Schneider abgaben. Für den amtierenden Landrat - der Wechsel findet erst in acht Monaten statt - ist das Ergebnis ein Desaster. Von Amtsbonus konnte in diesem Fall keine Rede sein. Auch wenn es den Sozialdemokraten offenbar nicht gelungen war, ihre Klientel in ausreichendem Umfang zum Urnengang zu bewegen. Dennoch muss Redmer die Gründe für seine Abwahl vor allem bei sich suchen. i.rosenschild@volksfreund.de

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