Eröffnung mit umstrittenem Zug

Thalfang · Hat Thalfangs Bürgermeister Marc Hüllenkremer bewusst Mitbestimmungsrechte ausgehebelt, als er Personalentscheidungen in der Zeit ohne Personalrat getroffen hat? Die SPD glaubt Ja und kritisiert dies scharf. Sie fordert, auf die Veränderungen zu verzichten. Hüllenkremer selbst will sich nach wie vor nicht äußern.

 Strategisch kluges Spiel gehört nicht nur beim Schach dazu. TV-Foto: Klaus Kimmling

Strategisch kluges Spiel gehört nicht nur beim Schach dazu. TV-Foto: Klaus Kimmling

Die Umstrukturierungen im Rathaus der Verbandsgemeinde (VG) Thalfang (der TV berichtete) sind für die SPD-Fraktion im VG-Rat ein großes Ärgernis. "Welcher Umgangsstil herrscht schon vier Wochen nach Amtsantritt im Rathaus? Mit welcher Geschmacklosigkeit enthebt der Bürgermeister verdiente langjährige Rathausmitarbeiter ihrer Aufgaben, allen voran seinen ehemaligen Mitbewerber?", fragen die Sozialdemokraten in einer Pressemitteilung. Sie werfen Verwaltungschef Marc Hüllenkremer vor, bewusst die drei Wochen bis zum 20. Juni, in denen es im Rathaus keinen Personalrat gibt, für Umstrukturierungen zu nutzen.
So würden die Mitbestimmungsrechte der Mitarbeitervertretung ausgehebelt, meint die SPD. Auch mit den Betroffenen sei vorab nicht geredet worden. Der neue Personalrat wurde aufgrund des Bürgermeisterwechsels später als üblich angesetzt.

Tatsächlich soll sich einiges im Rathaus ändern: Nach TV-Informationen bleibt Michael Suska, Hüllenkremers ehemaliger Mitbewerber um das Bürgermeisteramt, zwar Leiter des Fachbereichs eins (Organisation und Finanzen). Jedoch wird dem Verwaltungsmann, der bei der Wahl von CDU, SPD und FDP unterstützt wurde, das Gebiet Finanzen entzogen. Künftig sollen die Finanzen im Fachbereich Soziales angesiedelt werden. Der Bereich Soziales war zeitweilig aufgrund des Todes von Hermann Paulus führungslos. Nun soll Martin Steinmetz die Leitung übernehmen, der bisher Sachbearbeiter im Bereich Organisation und Finanzen war. Die bisherige Vorzimmerfrau des Bürgermeisters, Ulrike Malburg, soll in den Bereich Tourismus wechseln.

"Wie soll man die bewusste Aushebelung von Mitbestimmungsrechten mit den Wahlkampfforderungen des Bürgermeisters nach mehr Bürgerbeteiligung in Einklang bringen und ernst nehmen, wenn man dies im eigenen Haus nicht vorlebt?", fragt SPD-Chef Detlef Jochem. Seine Partei fordert den Verzicht auf die Personalveränderungen. Es sei keine Eile geboten, die jetzige Struktur zudem wohldurchdacht.

Der Bürgermeister bleibt angesichts solcher Kritik äußerlich gelassen und räumt den Parteien ein Recht auf eine andere Meinung ein. Viel sagen will er sonst nicht. Er verweist darauf, dass er, nachdem er den Hauptausschuss bereits informiert hat, nun noch den Verbandsgemeinderat auf den neusten Stand bringen müsse, bevor er mit der Presse reden könne. Außerdem sagt er: "Ich sehe die Maßnahme nicht als so groß an, als dass ich alle einbinden müsste. Wir müssen den Fachbereich drei angehen und Sachen zusammenlegen." Es gehe nicht darum, jemandem eins auszuwischen, stellt Hüllenkremer klar. "Ich will der Bevölkerung zeigen, dass wir was bewegen im Rathaus. Ich
will zeigen, dass wir mit aller Kraft für die Realschule plus kämpfen."

Zur Stimmung im Rathaus, die von einem Insider als gedrückt bezeichnet wurde, sagt er: "Wir arbeiten alle toll zusammen." Zu Umräumaktionen im Haus, die bereits jetzt laufen, erklärt Hüllenkremer: "Wir verlagern den Kundenverkehr aus datenschutzrechtlichen Gründen nach unten und die Finanzen nach oben."

Die übrigen Fraktionen: Die übrigen Fraktionen sehen Hüllenkremers Vorgehen nicht so kritisch. Gereon Haumann, stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender, weist daraufhin, dass die Christdemokraten sich noch nicht abgesprochen hätten, er selbst bleibe bei seiner Einschätzung. Der Bürgermeister habe das Gestaltungsrecht, doch wäre es wünschenswert gewesen, wenn er die Fraktionsvorsitzenden und die Beigeordneten miteinbezogen hätte. Er wirbt für Verständnis angesichts eines kommunalpolitisch unerfahrenen Bürgermeisters, will aber auch die Argumente des Verwaltungschefs hören, bevor er den Umbau bewertet.

Die FDP geht noch einen Schritt weiter. "Wir wollen ein komplettes Konzept zur Stellenumbesetzung und eine Stellenbeschreibung", sagt Fraktionschef Werner Breit. Er wirft die Frage auf, ob nicht der Rat an den Entscheidungen beteiligt werden müsse, weil der Stellenplan betroffen sei und aus halben Stellen ganze würden. Er hat Zweifel, ob dies die Teilnahme am Entschuldungsfonds gefährden könne. Breit: "Die Informationen, die wir haben, sind unvollständig."

Richard Pestemer (FWG) stärkt dem Bürgermeister den Rücken. "Personalveränderungen liegen in seinem Aufgabenbereich, ich sehe da kein Problem." Er kritisiert vielmehr die Mehrheitsparteien SPD und CDU. "Man sucht Punkte gegen den Bürgermeister, um dann am Ende zu sagen: Der Bürger hat die falsche Wahl getroffen. Wo bleibt da die Selbstkritik? Das muss aufhören." Der Hauptpunkt jetzt sei, die Realschule plus zu erhalten. Da müssten alle zusammenarbeiten. Mit Konfrontation sei nichts gewonnen.
Man müsse fragen, wie es weitergehe, gerade in Sachen Kommunalreform. Viele Ortsgemeinden hätten sich noch nicht positioniert, so könne der Bürgermeister nicht handeln.Meinung

Mindestens ungeschickt
Marc Hüllenkremer ist noch keine sechs Wochen Thalfangs Bürgermeister. Von daher sollte ihm, gerade weil er politischer Neuling ist, Zeit zugestanden werden, sich einzuarbeiten. Andererseits drängt sich die Frage auf: Sollte er sich nicht, gerade weil er neu in der Politik ist, bei seinen ersten weitreichenden Entscheidungen Rückendeckung holen? Natürlich hat er das Recht, Personal umzubesetzen und Fachbereiche umzustrukturieren und kann nicht jede Entscheidung mit allen abstimmen. Aber es war klar, dass es eine Entscheidung mit Aufschreipotenzial sein würde, wenn er seinen Ex-Kontrahenten eines Teils seiner Aufgaben entledigt. Dies dennoch ohne Absprache mit den Beigeordneten, den Fraktionsvorsitzenden und dem Personalrat zu beschließen, ist zumindest ungeschickt. Denn gute Gründe wären vorab sicherlich akzeptiert worden. Nun kann er sie nach dem Aufschrei nur noch nachliefern. Keine kluge Taktik. Hoffentlich ist Hüllenkremer tatsächlich lernfähig, wie er von sich behauptet. m.maier@volksfreund.de

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