Erst kraxeln – dann genießen

NEUMAGEN-DHRON. (urs) Mit einer anspruchsvollen Klettertour begann in Neumagen-Dhron das zweite Wein-Camp, ein Seminar für Auszubildende aus Hotel und Gastronomie.

Klettern ist üblicherweise nicht Bestandteil der Ausbildung von Hotel- oder Gastronomie-Fachleuten. Sind doch weder in Küche oder Verwaltung, noch für den Zimmerservice herausragende sportliche Leistungen Voraussetzung. Für die Dauer eines "Wein-Camps", eines Wochenend-Seminars rund um Weinbau und Kellerei, ist der allgemeine Lehrplan jedoch außer Kraft gesetzt. Davon haben sich die Teilnehmer des zweiten Camps in Neumagen-Dhron überzeugen können. Beim Ersteigen einer seit drei Jahren brach liegenden "Steilstlage" des Neumagener Rosengärtchens haben die Teilnehmer aus ganz Deutschland erahnen können, welche Plackerei mit dem Weinbau an der Mosel verbunden ist. "Runter macht's mehr Spaß als hoch", schaut Julian Krimmel noch einmal respektvoll zur eben verlassenen Terrasse hoch, die von handgefertigten Trockenmauern begrenzt ist. "Ich habe nicht gedacht, dass wir hier so heftig hochklettern müssen", gesteht die Münsterländerin Elena Dütting ein. Auch die Größe des Anbaugebietes hatte sie überrascht: "Ich dacht, das sind so ein paar Berge." "Auf jeden Fall ist es hier sehr schön", stellt Camper-Kollege Senthur Kokulathas anerkennend fest. Bei der Anfahrt entlang der Mosel hielten sie gleich an der ersten Brücke an, um zu fotografieren. Sandra Wittich, wie Senthur aus dem Ruhrgebiet, war der Meinung, zumindest einige Vorkenntnisse in Sachen Wein zu haben. Doch der Rheingau, den sie von einer Tagestour kennt, sei völlig anders als dieses Anbaugebiet und vor allem "nicht so steil". Eli Shahtout, vor dreieinhalb Jahren aus Israel nach Deutschland gekommen, ist beeindruckt, dass die Reben nicht gegossen werden müssen. Und noch etwas imponiert ihm beim Rundblick: "Überall, wo man guckt, ist alles so geschnitten." Da wundert es nicht, dass das Produkt der Region auch mundet. "Der Wein schmeckt gut", lobt Hanna Mertens, deren Eltern an der Mosel ein Weingut besaßen. Dass der Moselwein mitunter etwas teurer ist, scheint den Teilnehmern absolut gerechtfertigt: "Jeder, der hier hoch gelaufen ist, denkt das!" Ein wesentliches Ziel des Camps wäre damit erreicht. Nämlich dem Nachwuchs im Gastgewerbe ein fundiertes Basiswissen zu vermitteln, sprich: ein "Lernen durch Erleben" zu ermöglichen. Während des Seminars steht deshalb neben der Arbeit im Weinberg, die den Wein-Lehrlingen ein mitgebrachtes Schlückchen versüßt, auch die Weinherstellung auf dem Programm. Darüber hinaus gibt es viel zu erfahren über Traubensorten und Anbaugebiete oder in Sachen Geschmackstraining. Andreas Bender, dem Betreuer des "Azubi-Camps", ist wichtig, "dass Wein nicht so als Luxusgut gesehen wird". Abgesehen von der Nachwuchsförderung verfolgt das Konzept von "Leaders Club Wein AG", einer Vereinigung führender deutscher Trendgastronomen, das hehre Ziel des Erhalts der Moselsteillagen und des deutschen Rieslings. Nach dem Kauf zweier Steillagen, die das Leiwener Weingut Heinz Schmitt bewirtschaftet, soll dies über den Vertrieb im Fachhandel sowie mit Hilfe der Mitgliedsbetriebe erreicht werden.

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