Erster Wittlicher Bürgerentscheid im Herbst

Wittlich · Alle Wittlicher können am 8. November mitbestimmen, wie der Parkplatz Karrstraße in Zukunft aussehen soll. Dann gibt es den ersten Bürgerentscheid in der Stadt. Das ist der Schlusspunkt nach dem Bürgerbegehren mit 2500 Unterschriften. Damit soll ein Grundsatzbeschluss des Stadtrates gekippt werden.

Wittlich. Ein warmer Sommerabend am Platz an der Lieser. Eine gute Handvoll Wittlicher diskutiert im Biergarten. "Ich wäre schon längst aus der Bux' gesprungen." "Ich kriege gleich einen Herzschlag. Dann wird das noch eine Betonwüste!"
So haben sich zwei von ihnen kurz vorher empört. Und zwar als Unterstützer der Unterschriftenaktion Parkplatz Karrstraße, die am selben Abend kurz zuvor Stadtratsthema war.
Die Gruppe hat eben erlebt, dass die 2500 Unterschriften gegen eine Wohnbebauung auf dem Platz den Stadtrat nicht abschließend überzeugt haben und es jetzt zu Wittlichs erstem Bürgerentscheid kommen wird. Ihr Sprecher, Hans Gelz, hat versucht, den Lokalpolitikern zum wiederholten Mal klar zu machen, was das Ziel der 2500 Wittlicher sei: "lebensnotwendige Parkplätze" erhalten auf einem "schön gestalteten Platz mit Bäumen und Bänken", der auch als Marktgelände genutzt werden kann. Keine Option für die Unterzeichner sei eine Wohnbebauung. Das sehen die gewählten Volksvertreter anders, wie sie ebenfalls zum wiederholten Mal klar machen. Irgendwann sagt Hans Gelz: "Der Käse ist gegessen. Ich sehe, dass es hier nur noch um Scheingefechte gehen soll."
Sitzung unterbrochen


Dabei kommen neue Aspekte aus Reihen des Rates auf den Tisch: Dass die Unterschriftenaktion, die zum Bürgerbegehren führt, Grundlage für den Entscheid ist, womöglich juristisch nicht astrein sei (Jan Salfer, CDU).
Dass beim Sammeln der Unterschriften Unwahrheiten erzählt worden seien, wie, dass nur acht Parkplätze blieben, dass das "Gelände schon an Krebs verkauft" sei (Thomas Losen, FDP).
Dass die Unterzeichner gar nicht den Grundsatzbeschluss und damit die Position des Stadtrates gekannt hätten, da der ja nicht beim Unterschriftensammeln einsehbar gewesen sei (Joachim Gerke, SPD). Er sagt auch, ihm sei noch eine mögliche Lösung eingefallen: Der Weg des Kompromisses, der plötzlich im Raum zu stehen scheint. Wie genau der aussehen soll, sagt kein Mensch. Aber zunächst muss erst einmal geklärt werden, ob sozusagen die Unterschriften-Gruppe damit einverstanden sein könne.
Dafür wird die Sitzung zehn Minuten unterbrochen. Es wird laut, ein bisschen tumultig, Grüppchen bilden sich, Männer stehen ratlos mit Händen in den Hosentaschen herum, andere meckern, Hans Gelz berät sich mit den Gleichgesinnten.
Ende der Pause, kein Spontan-Kompromiss als Lösung in Sicht. Gelz: "Das sind mehr als 2500 Unterschriften. Wir stehen bei denen im Wort und können hier keinem Kompromiss zustimmen."
Die Wortgefechte gehen weiter. Irgendwann ist alles mehrfach gesagt. Die Entscheidung fällt: Der Stadtrat bleibt bei seinem Grundsatzbeschluss. Der sieht auf dem Parkplatz Karrstraße unter anderem eine Wohnbebauung vor, wobei eine Tiefgarage die oberirdisch entfallenden Parkplätze teilweise ersetzen solle. CDU, SPD, FDP, Grüne sind überzeugt, das Richtige zu tun. FWG und das Mitglied der Linken nicht.
Macht unterm Strich: 27 Ja-Stimmen, vier Nein-Stimmen. Das Ergebnis: "Der Stadtrat lehnt die Aufhebung beziehungsweise Änderung des in der Sitzung vom 18. Dezember 2014 gefassten Beschlusses zur städtebaulichen Entwicklung des Bereiches Karrstraße 27 in Wittlich ab." Damit kommt es zum Bürgerentscheid am 8. November.

Die Frage steht fest: "Soll der Parkplatz Karrstraße ohne Wohn- oder Geschäftsbebauung als innerstädtischer Platz in der derzeitigen Nutzung ausgebaut und ansprechend gestaltet werden?" Was ist Ihre Meinung? Bitte mailen Sie mit Namen und Wohnort an
mosel@volksfreund.de , Stichwort: Echo.Extra

Hans Gelz (Sprecher der Initiative): "Wir alle sind Wittlich. Der Ratsbeschluss ist gegen den Willen vieler Bürger. Heute Abend muss Schluss sein mit dem Konzept." Joachim Rodenkirch (Bürgermeister): "Ich habe meine Probleme, wenn es immer nur ums Prinzip geht." Bernd Kossendey (FWG): "Auf dem Viehmarkt können Sie meinetwegen wie in Frankfurt bauen." Und: "Es wird der Eindruck erweckt, als ob der Bürger kaum lesen kann." Joachim Gerke (SPD): "Die FDP hat eine eierlegende Wollmilchsau hingekriegt mit dem Antrag." Und: "Sie haben Bürger abstimmen lassen, wobei den meisten nicht klar war, was die Position des Stadtrates ist." Stephan Lequen (Grüne): "Man sieht, was für eine große Wunde im Herzen der Stadt klafft." Michael Scheid (FWG): "Wir vertreten den Erhalt des Geländes als künftigen multifunktionalen Platz schon lange." Peter van der Heyde (CDU): Wir haben einen Grundsatzbeschluss für Leben, Wohnen, Parken auf dem Platz gefasst." Und: "Ich bin entsetzt zu hören, dass Sie den Bürgern nicht genau mitgeteilt haben, was im Stadtratsbeschluss stand." Elfriede Meurer (CDU): "Es gibt keinen Ratsbeschluss, in dem drin steht, dass der Investor ausdrücklich für Mieter Parkplätze baut." Rudolf Bollonia (Grüne): "Wir haben satt und genug Parkplätze. Ich bin sehr viel in der Stadt unterwegs. Und ich kaufe in der Stadt." Herbert Daufenbach (Bürger): "Der Stadtrat ist nur eine Institution auf Zeit. Auch der Herr Bürgermeister." sos

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