Es wird beim Wunsch nach einem Kino für die Wittlicher bleiben

Wittlich · Auf der Suche nach einer verlorenen Institution: Wie könnte Wittlich wieder ein Kino bekommen? Das war die Frage des Stadtgesprächs mit Kino-Machern und Bürgern im alten Bahnhof, zu dem die Wittlicher Grünen eingeladen hatten. Fazit: Eine schnelle Lösung gibt es nicht.

Wittlich. Es war 1913: Das erste Kino-Jahr in Wittlich begann im Kaisersaal des Hotels Kaiserhof ("Deutsches Haus") mit 600 Sitzplätzen! Als das Hotel 1932 umgebaut wurde, entstand ein neues Lichtspielhaus in der Schlossstraße, das zuletzt das "Kintim" beherbergte. Doch 100 Jahre Kino in Wittlich werden nicht gefeiert: Im Februar 2010 gab Pächter Martin Scheid auf. Weder er noch der Immobilienbesitzer wollten Geld in eine Renovierung stecken. Und die Besucherzahlen sanken: Von einst 60 000 auf 24 000 im letzten Wittlicher Kino-Jahr.
Moselkino ist eine Ausnahme


Kaum war die Institution geschlossen, wurde ihr nachgeweint: Viele Wittlicher wünschen sich seither einen Nachfolgebetrieb. Bei der Diskussion "Ein Kino für Wittlich!?" mit 30 Bürgern, zu der die Grünen Hermann Lewen und Leo Wächter als Experten für das kommunale Moselkino in Bernkastel-Kues, Karsten Mathar, Stadtmarketing, für das Open-Air-Kino im Wittlicher Stadtpark, und Peter Binzen, Mitorganisator von Kino in der Kirche in St. Paul, eingeladen hatten, wurde eins klar: Es ist längst noch keine Lösung in Sicht. Hermann Lewen fragte gar, "ob zwei Kinos in der Region sich betriebswirtschaftlich tragen, oder ob dann beide nach ein, zwei Jahren tot sind?"
Denn auch die Bernkasteler Institution, die als kommunales Kino ein Sonderfall ist, der heutzutage dem prüfenden Blick auf die Ausgaben von Städten und Gemeinden vermutlich zum Opfer fallen würde, hat zu kämpfen.
Leo Wächter trug sechsstellige Summen vor, die in Bernkastel für Sanierung, Digitalisierung investiert werden mussten. Dabei sind auch dort die Besucherzahlen rückläufig: von einst 60 000 auf nun 35 000. Wittlichs letzter Kino-Macher Martin Scheid ärgerte sich über die Beispiele aus der Moselstadt: "Sie sprechen nur von Bernkastel! Jetzt machen Sie ja Werbung, dass hier in Wittlich keins mehr hinkommt!"
Rudolf Bollonia, der die Veranstaltung moderierte, sagte, es gebe durchaus Investoren: "Aber die wollten nicht nur ein Kino bauen, sondern auch Bowlingbahn und Spielhalle." Die Jugendlichen im Publikum machten klar, dass sie sich natürlich ein Kino in Wittlich wünschten, um sich spontan zu treffen, ohne mit dem Auto fahren zu müssen. Dafür setzt sich das Jugendparlament ein. Klar aber auch: Wenn sie was erleben wollen, fahren sie dorthin, wo sie außer dem Kinobesuch noch mehr Unterhaltung finden: nach Trier. Eine Publikumsbefragung ergab auch: Bernkastel und Trier sind gleich beliebt als Kinostandort, für Daun hob niemand die Hand.
Generell gab Hermann Lewen zu bedenken: "Es ist wie beim ÖPNV: Alle wollen Busse, keiner fährt mit." Man müsse sich in Wittlich fragen, wie viele Menschen denn konsequent ein Mal im Monat in ein Kino vor Ort gehen würden? Selbst Martin Scheid gab zu: "Ich sehe in Wittlich im Moment keine Möglichkeit."

Eine Erkenntnis des Abends: Kino wird den demografischen Wandel kennenlernen. Wenn die Zahl der jungen Menschen kleiner wird, altert andererseits das Publikum. Darauf muss man sich einstellen. Trotzdem ist Hermann Lewen überzeugt: "Kino wird immer sein. Es ist zum Ausgehen, gemeinsam Heulen, Lachen, gemeinsam wieder ein Thema diskutieren zu können, wie früher der Fernsehkrimi."
Am Ende gab es mehrere Ideen: ein Autokino, mit Bernkastel kooperieren, um so einzelne Vorführungen zu ermöglichen, einen Bustransfer ins Moselkino anzubieten oder ein von einem Verein zu betreibendes Projekt prüfen. Etwas muss heruntergeschraubt werden: die Ansprüche. Wenn, wie jemand kommentierte, "jeder sagt, er will 3D, komplette Verpflegung und direkt den neuesten Film" - dann müsste das sprichwörtliche Wunder geschehen, um diesen Wunsch in Wittlich einmal wahr werden zu lassen. sos

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