"Es wird ruhig im Dorf"

BETTENFELD. Erst schließt die Sparkasse, jetzt die Raiffeisenbank. Die Infrastruktur in Bettenfeld nimmt stetig ab, die Bürger sehen es mit Sorge.

 Morgen gehen hier die Türen zum letzten mal auf: Zum Ende des Monats schließt die Raiba in Bettenfeld. Dann gibt es keine Bank mehr im Ort, sondern nur noch einmal wöchentlich eine fahrbare Filiale der Sparkasse.Foto: Marion Maier

Morgen gehen hier die Türen zum letzten mal auf: Zum Ende des Monats schließt die Raiba in Bettenfeld. Dann gibt es keine Bank mehr im Ort, sondern nur noch einmal wöchentlich eine fahrbare Filiale der Sparkasse.Foto: Marion Maier

Zum letzten Mal öffnet die Raiba morgen in Bettenfeld ihre Pforten. Sie folgt damit der Kreissparkasse, die vor nicht ganz einem Jahr in dem 800 Einwohner zählenden Ort die Segel strich. Die Bettenfelder, die nun Bankgeschäfte erledigen wollen, müssen entweder nach Manderscheid fahren oder abwarten, bis die fahrbare Filiale der Sparkasse freitags für zweieinhalb Stunden im Ort vorbeikommt. In Bettenfeld stößt die Schließung der Raiba auf Unmut. "Das ist nicht schön, das ist ein Fehler", sagt eine 80-jährige Raiba-Kundin, die ihren Namen nicht nennen will. "Die Schließung kam sehr kurzfristig und die meisten haben geschimpft." Sie selbst wird in Zukunft mit dem Geldabheben und allen anderen Bankgeschäften warten müssen, bis ihre Tochter aus Meerfeld sie nach Manderscheid mitnimmt. "Ein Ding der Unmöglichkeit!"

Andere finden deutlichere Worte. Margret Mittler, Friseurin im Ort, schimpft: "Das ist ein Ding der Unmöglichkeit! Erst wird die Sparkasse zugemacht und viele Leute schwenken um zur Raiba. Die sagen nichts und machen dann auch bald zu. Ich war platt!" Gerade die älteren Leute, die in der Regel kein Auto hätten, täten ihr leid. Ihnen bliebe nur der Bus nach Manderscheid, der zu den Schulzeiten fahre. Doch auch Vertreter der jüngeren Generation, die noch in die Schule gehen, finden die Situation verbesserungswürdig. So meint die 16 Jahre alte Sina Peters: "Ein Geldautomat wäre nicht schlecht." Urban Sachen (56), hat in seiner Gaststätte "Zum Windsborn" schon einiges von der Unzufriedenheit über die Raiba-Schließung mitbekommen. Grundsätzlich moniert er: "Zuerst sollen die Leute ein Konto aufmachen, dann gehen die Banken weg." Und Hans-Peter Weiler, Mitglied des Gemeinderates merkt an: "Fremde können außer wandern hier nichts machen und jetzt können sie noch nicht mal mehr Geld abheben außer freitags. Ich verstehe nicht, dass es da keine Gegenwehr gab." Der Bürgermeister bleibt angesichts dieser Stimmung gelassen. Er sieht in der Schließung der Raiffeisenbank kein großes Problem. "Die Älteren kommen besser damit klar als die Jüngeren", sagt er und erklärt: "Die jungen Leute haben ein Konto bei der Sparkasse, aber pochen trotzdem drauf, dass die Raiba bleibt." Doch Unzufriedenheit erzeugt in Bettenfeld nicht nur die Schließung der Banken. "Schade, dass alles weggeholt wird von hier!", entfährt es der Friseurin seufzend. Ob Post, Quelle-Laden, Tankstelle, Bäckerei oder Metzgerei ­ nach und nach habe alles zugemacht. Einen Edeka gebe es noch und das Kaufhaus Stolz, in dem es Wolle, Brot und Getränke gebe. Ansonsten werden die Bettenfelder ­ wie von der Sparkasse auch ­ per Fahrzeug versorgt: Viermal pro Woche kommt ein Brot-Auto, dienstagnachmittags, wenn der Edeka geschlossen hat, das Heiko-Auto, einmal pro Woche das Geflügel-Auto. Sieht so die Zukunft der Dörfer fernab wichtiger Straßen und Kreuzungen aus? Mittlers Fazit lautet jedenfalls: "Es wird ruhig im Dorf." Im ein Kilometer entfernten Meerfeld mit 380 Einwohnern sei das anders. Im Sommer sei der ganze Ort belebt, obwohl es keine Geschäfte gebe. Aber dort sei auch viel für die Touristen getan worden. Irene Weiler, Inhaberin der Gaststätte Weiler, ist ähnlicher Meinung. "Ich finde es ganz furchtbar, dass hier alles weggeht. In den Orten geht die ganze Geselligkeit verloren. Es ist kein Geld mehr da. Abends ist es im Dorf leer, die Leute sitzen vorm Fernseher." Früher sei immer Karten gespielt worden, heute gäbe es noch einmal pro Woche eine Kartenrunde. Weiler: "Das einzige, was wir hier noch haben, sind die Vereine." Und sie zählt auf: Sportverein, Musikverein, Feuerwehr, Angelsportverein ... Weitere Sanierungen erwünscht

Sie ist der Meinung, dass in Bettenfeld noch einiges saniert werden muss, insbesondere in der Dorfmitte, aber sie mahnt auch zu Geduld. Bettenfeld sei im Städtebauförderprogramm und die Sanierung habe begonnen, aber so was dauere nun mal. Als Vorsitzende des Fremdenverkehrsvereins wünscht sie sich für die Zukunft mehr junge Leute im Verein, die, wie sie, auch Unterkünfte anbieten. Die Vermietung von Ferienwohnungen laufe recht gut. Die Touristenzahlen seien in den vergangenen drei Jahren konstant, sagt sie. Vom Gegenteil ist Windsborn-Wirt Sachen überzeugt: "Es ist ruhiger geworden in den letzten Jahren. Man merkt, dass kein Geld mehr in den Kassen ist. Die Wanderer haben oft Fresspakete dabei und kommen gerade noch in die Kneipe, um die Toilette zu benutzen." Eine Kneipe für 160 Einwohner

Da haben sie dann allerdings doch eine gewisse Auswahl. Fünf Kneipen hat das kleine Bettenfeld, hochgerechnet also eine für 160 Bürger. Klar, dass da jeder Wirt noch einen zweiten Job hat. Eine der Wirtschaften hat gerade geschlossen, weil die Wirtin gestorben ist. Aber immerhin, da soll etwas passieren, sagt der Bürgermeister. Die Gemeinde will das Haus eventuell kaufen, flottmachen und dann wieder verkaufen.

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