Ex-Schiedsrichter Herbert Fandel spricht in Klausen über richtige und falsche Entscheidungen

Klausen · Kaum jemand steht bei Entscheidungen derart unter Druck wie Fußball-Schiedsrichter. Herbert Fandel hat bei seinem Benefizvortrag zugunsten des Kulturprogramms in der Wallfahrtskirche Klausen über seine Erfahrungen mit richtigen, aber auch falschen Entscheidungen als Bundesliga-Referee gesprochen.

 Schöpft aus seinem reichen Erfahrungsschatz: Herbert Fandel spricht in Klausen von Entscheidungen unter Druck. TV-Foto: Holger Teusch

Schöpft aus seinem reichen Erfahrungsschatz: Herbert Fandel spricht in Klausen von Entscheidungen unter Druck. TV-Foto: Holger Teusch

Foto: Holger Teusch (teu) ("TV-Upload Teusch"

Klausen. "Man kann es kaum fassen, welche Blüten der Fußball treibt", sagte Herbert Fandel. "Jetzt spricht ein Schiedsrichter schon in der Kirche." Vordergründig auf den Fußball beschränkte sich der Vize-Weltschiedsrichter von 2008 bei seinem Vortrag "Sichere Entscheidungen unter Druck - Wege zum Erfolg": "Ich rede nur von der Schiedsrichterei!" Aber rund 120 Zuhörer merkten: Fandels Erfahrungen lassen sich auch auf den Alltag übertragen.
Doch die meisten Menschen haben einen Vorteil: Zeit. "Ein Schiedsrichter kann nichts vertagen. Ich kann nicht sagen: Herr Ronaldo rufen Sie mich morgen Vormittag noch mal an", erklärte der Kyllburger den Unterschied so humorig, wie er seinen rund eineinhalbstündiger Vortrag gestaltete.

Dabei ging es um ein ernstes Thema. "Wir alle sind Entscheider", sagte Fandel: Bundesliga-Schiedsrichter vor einem Millionenpublikum als einzige Amateure in einem Millionenspiel genauso wie jeder Einzelne in seinem Alltag. Gute, richtige Entscheidungen und Erfolg fußen nach Fandels Überzeugung auf vier Säulen: Kompetenz, die man sich erarbeiten kann, Erfahrungen, besonders auch negative, aus denen man lernen muss, eine starke Persönlichkeit und Akzeptanz.

Ein Fußball-Schiedsrichter muss von den Spielern, die Fandel auch Mitarbeiter nennt, als Chef anerkannt werden. "Das sieht man in den Augen", erklärt er. Als einen entscheidenden Moment seiner Karriere nannte Fandel eine Fehlentscheidung: "Ich habe eine Rote Karte aufgrund einer Fata Morgana gegeben." Im Münchener Stadtderby Bayern gegen 1860 schickte Fandel Hasan Salihamidzic wegen Nachtretens vom Platz. Doch wie Fernsehaufnahmen ihm unmittelbar nach dem Spiel in der Kabine zeigten, hatte der Sportler aus Bosnien-Herzegowina seinen Mitspieler nicht berührt. "Eine katastrophale Fehlentscheidung. Ein Geistesblitz bewahrte mich davor, mich zu verdrücken", erzählt Fandel. Er trat vor die Journalisten und gab vor einem Millionen-Fernsehpublikum zu: "Ich habe mich geirrt." Danach habe man ihm eine gute Heimfahrt gewünscht. Das erste und einzige Mal in seiner Karriere. "Sonst heißt es: Schiri, wir wissen, wo dein Auto steht." Der Sprung über den eigenen Eitelkeitsschatten habe ihn bereit gemacht, jedes Spiel der Welt zu pfeifen. "Nur deshalb war ich bereit, das Champions-League-Finale anzunehmen", sagte Fandel.

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