Familie aus Aserbaidschan droht Abschiebung

2009 ist die Familie Ibrahimli nach Brauneberg gekommen. In der kurzen Zeit hat sie sich "gut eingelebt", sagt Ortsbürgermeister Klaus Denzer. Ob die Familie mit ihren zwei Töchtern bleiben darf, ist allerdings unklar. Nach dem Urteil des Trierer Verwaltungsgerichts hat sie keinen Anspruch auf Asyl.

 Familie Ibrahimli mit Mutter Chiala, Zehra, Laman (oben) und Vater Ramin (nicht im Bild) hat in Brauneberg eine neue Heimat gefunden. TV-Foto: Christa Weber

Familie Ibrahimli mit Mutter Chiala, Zehra, Laman (oben) und Vater Ramin (nicht im Bild) hat in Brauneberg eine neue Heimat gefunden. TV-Foto: Christa Weber

Brauneberg. Eine Dachgeschosswohnung in Brauneberg. Am Küchentisch spielen Chiala Ibrahimli und ihre Töchter Laman (5) und Zehra (10 Monate) mit einer Spielzeugkasse. Am Fenster hängen zwei Blumenketten in Deutschlandfarben. Die Ibrahimlis stammen aus Aserbaidschan, vor einem Jahr sind sie an die Mosel gekommen. Damals hatten sie beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Asyl beantragt - ohne Erfolg. Ihre Klage beim Trierer Verwaltungsgericht scheiterte, ebenso die Berufung. Jetzt droht den Ibrahimlis die Abschiebung. Für Chiala eine schlimme Vorstellung: "Wir sind sehr glücklich in Brauneberg, wir wollen hier bleiben", sagt sie leise.

Familienvater wurde mehrfach verprügelt



Die Familie sei 2007 aus Aserbaidschan geflüchtet, weil ihr Mann Ramin, Polizist in Baku, Probleme mit dem Polizeichef hatte. Dieser beschuldigte ihn, in das Geschäft seines Neffen eingebrochen zu sein. Doch ihr Mann sei unschuldig, sagt Chiala. Trotzdem hätten ihm bewaffnete Männer zu Hause aufgelauert und ihn bedroht. "Sie wollten unser Haus anzünden und uns umbringen." Die Staatsanwaltschaft leitete ein Verfahren ein, ein Ermittler drohte Ramin eine hohe Haftstrafe an.

Aus Angst floh die Familie zunächst nach St. Petersburg. Ohne russischen Pass arbeitete Ramin dort als Obsthändler. Laut seiner Frau hörten die Schikanen auch in Russland nicht auf. Polizei und Mafia hätten Geld verlangt, Ramin sei mehrfach verprügelt worden. "Wir hatten sehr große Angst", sagt Chiala. In Deutschland angekommen, erfuhr die Familie, dass ihr Haus in Baku abgebrannt sei. Das Bundesamt und später auch das Gericht erkannte sie jedoch nicht als Flüchtlinge an. Die Begründung: Die Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung in Aserbaidschan sei gering. Ramin hätte sich einem Strafverfahren dort stellen können, statt zu fliehen. Laut Gesetz habe die Familie keinen Anspruch auf Asyl, weil sie auf dem Landweg über ein "sicheres Drittland" eingereist sei. Dazu zählen Staaten, die die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet haben - faktisch alle deutschen Nachbarländer.

Derzeit werden die Ibrahimlis in Deutschland geduldet. Ihre Miete zahlt das Sozialamt. Der Vater arbeitet als Ein-Euro-Kraft beim Bauhof der Gemeinde. Mariella Wagner vom Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage gibt den Eltern Deutschunterricht. Die Familie habe sich "in kurzer Zeit sehr gut integriert", sagt Wagner. "Ich habe alle vier ins Herz geschlossen. Es wäre schlimm, wenn sie nicht bleiben könnten." Nach einem Jahr kann Chiala sich bereits auf Deutsch verständigen, die fünfjährige Laman spricht sogar akzentfrei. Auch Ramins Arbeitgeber, Ortsbürgermeister Klaus Denzer, ist zufrieden: "Er ist fleißig und zuverlässig. Man hört von ihm nie ein Murren." Nächstes Jahr gehe ein Mitarbeiter in Rente. Den Job würde er Ramin sofort geben, sagt Denzer - sobald er eine Aufenthaltserlaubnis habe.

Um eine Abschiebung zu verhindern, will sich Yaghoub Khoschlessan vom Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage per Petition an das Innenministerium wenden. "Die Familie muss bleiben, weil ihr sonst Lebensgefahr droht", ist er überzeugt. Deutschland, das stets für die Einbürgerung werbe, müsse den Ibrahimlis eine Chance geben. Schließlich wolle die Familie "dem Staat nicht auf der Tasche liegen".

Für Chiala und Ramin Ibrahimli steht fest: Brauneberg ist jetzt ihre Heimat. Sie wollen "nirgendwo anders mehr hingehen".

Meinung

Erfolg ist wünschenswert

Rein rechtlich gesehen ist die Situation klar: Die Ibrahimlis sind über das "sichere Drittland" Russland eingereist und haben keinen Anspruch auf Asyl. Ob jedoch eine Rückkehr nach Aserbaidschan unter den von der Familie geschilderten Umständen zumutbar wäre, ist aus der Ferne schwer zu beurteilen. Die Familie hat in Brauneberg eine sichere neue Heimat gefunden. Die jüngste Tochter ist sogar in Deutschland geboren. Der Gemeinde sind die Ibrahimlis willkommen. Hätte der Vater eine Arbeitserlaubnis, wäre ihm ein fester Job so gut wie sicher - die Familie wäre also nicht mehr auf staatliche Hilfe angewiesen. In Fällen wie diesen ist kaum zu verstehen, dass unser Gesetz und unsere Behörden diesen Menschen keine Chance geben wollen. Die Ibrahimlis haben beim Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage Fürsprecher gefunden, die ihre Geschichte glauben und gegen ihre Abschiebung kämpfen. Ein Erfolg der Petition wäre der Familie wirklich zu wünschen. c.weber@volksfreund.deExtraAsylbewerber im Kreis Bernkastel-Wittlich: Im Kreis befinden sich derzeit 60 Menschen in einem laufenden Asylanerkennungsverfahren. In 80 Fällen wurden Asylanträge abgelehnt, sie erhielten kein Bleiberecht. 33 Menschen im Landkreis wurden in den vergangenen fünf Jahren als politisch Verfolgte anerkannt, ein weiterer wurde als asylberechtigt anerkannt. Insgesamt gibt es 15 Asylberechtigte und 48 politisch Verfolgte im Kreis. Die Betroffenen stammen aus den Ländern Serbien, Kosovo, Türkei, Irak, Iran, Aserbaidschan, Vietnam und Russland. Über Asylanträge entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg. Die Ausländerbehörde bei der Kreisverwaltung ist begleitende Behörde während und nach dem Verfahren. Sie gewährt ein Bleiberecht oder muss nach Ablehnung eines Asylantrags den Aufenthalt beenden. (cweb)

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