Familie streitet mit Behörden um Ferienwohnungen

Wallscheid · Ferien auf dem Land können Erholung pur sein - oder viel Ärger einbringen. Denn wer auf seinem Hof außerhalb eines Orts Ferienwohnungen einrichten will, der muss viele Hürden nehmen. Und es gibt Gemeinden, die durch den Tourismus ihre Natur gefährdet sehen.

 In dieser ehemaligen Scheune hat die Familie Geigenmüller Ferienwohnungen eingerichtet. TV-Foto: Ursula Quickert

In dieser ehemaligen Scheune hat die Familie Geigenmüller Ferienwohnungen eingerichtet. TV-Foto: Ursula Quickert

Wallscheid. Zwei Ferienwohnungen im Wallscheider Lenzenhaus liegen im Dornröschenschlaf. Nicht, weil niemand dort übernachten will, sondern weil die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich sie bislang verbietet.
Beheimatet sind die Wohnungen auf dem landwirtschaftlichen Anwesen der Familie Geigenmüller, an der Grenze zur Verbandsgemeinde Daun, in einer ehemaligen Scheune. Die hatte Gerd Geigenmüller 1999 zu seinem Architekturbüro umgebaut. Als er in Rente ging, richtete das Paar dort Ferienwohnungen ein - Urlaub auf dem Land, bei Eseln, Pferden und Alpakas, einer südamerikanischen Lama-Art.
Gemeinde will Natur schützen


Doch diese Umnutzung hätte zuvor genehmigt werden müssen. Die beiden mussten die Ferienwohnungen schließen und 6000 Euro Strafe zahlen, berichtet Martina Remmels-Geigenmüller.
Dann gingen sie den Behördenweg. Im November 2009 sprach sich die Ortsgemeinde gegen den Antrag auf Nutzungsänderung aus. Denn das Anwesen befindet sich im Außenbereich des Orts, dort sind nur sogenannte privilegierte Bauvorhaben erlaubt (siehe Extra). Die Gemeinde argumentiert, wegen der Einrichtung von Ferienwohnungen würde dort eine Splittersiedlung verfestigt, was eine Zersiedelung der Landschaft fördern könne. Außerdem sei unter anderem zu befürchten, dass Feriengäste die Feuchtwiesen und Uferzonen betreten und die Tierwelt durch "Freizeitaktivitäten, Freizeitlärm et cetera" beunruhigen könnten. Die Scheune liege 20 Meter vom Sammetbach entfernt, der Teil des Naturschutzgebietes "Kondelwald und Nebentäler der Mosel" ist. Zudem stünden benachbarte Feuchtweisen unter Naturschutz.
Aber: Mehrere Wanderwege und der Maare-Mosel-Radweg führen in der Nähe ihres Hauses vorbei, der Holzmaarweg des Eifelvereins sogar gleich hinter dem Anwesen.
Im Kern liegt die Entscheidung allerdings bei der Kreisverwaltung, da nur sie Baugenehmigungen erteilen kann. Deren Bauamt verneinte das Vorhaben ebenfalls. Dagegen legte Martina Remmels-Geigenmüller Widerspruch ein. Deshalb besuchte nun der Kreisrechtsausschuss das Lenzenhaus. Ihm geht es um die Frage, ob die 49-Jährige von ihrer Landwirtschaft leben kann. Ferienwohnungen auf einem Bauernhof im Außenbereich der Ortsbebauung sind nämlich nur erlaubt, wenn ihr Erlös nur ein Zubrot zum Gesamtgewinn ist.
Ihr Betrieb ist allerdings im Aufbau, gerade hat sie die Ausbildung zur Landwirtin abgeschlossen. Derzeit beherbergt sie Pferde, nennt unter anderem sieben Alpakas, mit deren Wolle sie Bettdecken füllen lässt, und fünf Rinder ihr Eigen und bewirtschaftet Streuobstwiesen.
Nächstes Jahr will sie unter anderem 100 Legehennen und 200 Stück Mastgeflügel anschaffen, um Eier und Fleisch zu vermarkten. Ob sie das zu einem Landwirt macht, muss nun der Kreisrechtsausschuss entscheiden. Sagt er Ja, prüft allerdings noch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier die Genehmigung - und kann dagegen klagen, wenn sie mit der Argumentation nicht einverstanden ist. Sieht der Ausschuss die Ferienwohnungen nicht als privilegiertes Vorhaben an, könnten sie dennoch genehmigt werden, wenn keine öffentlichen Belange dem im Weg stehen. An diesem Punkt käme aber wohl der Naturschutz zum Tragen. Wenn alle Stricke reißen, bleibt Remmels-Geigenmüller nur der Gang zum Verwaltungsgericht. uqMeinung

Es lebe die Bürokratie!
Gesetz ist Gesetz. Die Geigenmüllers haben sich nicht an das Gesetz gehalten, als sie die Ferienwohnungen in Betrieb nahmen. Und sie haben dafür gezahlt. Das ist mittlerweile zwei Jahre her, und der Rechtsstreit läuft noch immer. Dabei verfestigt sich der Eindruck, dass es manchen hier nicht um Naturschutz geht, sondern darum, die Ferienwohnungen um jeden Preis zu verhindern. Wenn ein Mitglied des Ausschusses gleich nach Betreten des Anwesens sagt, dies sei kein landwirtschaftlicher Betrieb, wenn ein Gemeinderatsmitglied als Begründung sagt, das Verhältnis zur Gemeinde sei ja nicht immer das Beste gewesen, spricht das nicht für eine unparteiische Beurteilung. Menschen, die sich in ihrem Urlaub an der Schönheit der Eifel erfreuen wollen, und solchen, die sich für den Tourismus engagieren, sollte keine Gemeinde die Tür vor der Nase zuschlagen. Klar, Gesetz ist Gesetz, und der Kreis muss seine Entscheidung vor der ADD vertreten können. Hätte sie mehr Raum, um fünf gerade sein zu lassen - was in diesem Fall durchaus angebracht ist -, würde das Zeit und Geld sparen. Und man munkelt, davon habe der Kreis nicht viel. u.quickert@volksfreund.deExtra

Im Außenbereich, also auf Flächen jenseits geschlossen bebauter Orte, für die kein qualifizierter Bebauungsplan besteht, darf in der Regel nicht gebaut werden. Erlaubt sind privilegierte Bauvorhaben: unter anderem solche, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen oder der Nutzung von Biomasse, Wind- oder Wasserenergie, also beispielsweise Biogasanlagen und Windräder. Nur öffentliche Belange können diesen Vorhaben entgegenstehen, zudem muss das Gebiet ausreichend erschlossen sein. Ansonsten ist der Außenbereich geschützt, um eine Zersiedelung zu verhindern.uq

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