Fassungslos und betroffen
Auch im Kreis Bernkastel-Wittlich litten Menschen unter der Verfolgung durch das NS-Regime. Mit einer Auswahl von Fällen haben sich Schüler des Nikolaus-von-Kues-Gymnasiums beschäftigt. Sie haben damit einen Besuch der KZ-Gedenkstätte Dachau vorbereitet.
Bernkastel-Kues. (red) Betroffen sind die 22 Schülerinnen und Schüler der Klasse 10 a des Nikolaus-von-Kues-Gymnasiums in Bernkastel-Kues. Gerade haben sie eine Schilderung der letzten Lebenswochen des aus Kinheim stammenden Pfarrers Joseph Bechtel gehört. Bechtel war ab dem 7. Februar 1941 als politischer Gefangener im Konzen trationslager Dachau inhaftiert und ist dort im August 1942 an den furchtbaren Umständen der Haft verstorben. "Schrecklich" finden die Schüler das Gehörte, "wie aus einem Gruselroman" würden sich manche Stellen des Textes anhören, findet Maximilian Lauerburg. Für die jungen Menschen dient die Beschäftigung mit dem Schicksal Bechtels im Rahmen eines Projekttags der Vorbereitung auf die Besichtigung der KZ-Gedenkstätte Dachau. Die Schüler werden sie im April im Rahmen einer Studienfahrt nach München besuchen. Dazu haben sie nach einer Einführung durch Lehrerin Nicole Lauer, die gemeinsam mit ihrem Kollegen Christian Franzen den Projekttag vorbereitet hat, Fallbeispiele aus dem Kreis analysiert. In Gruppen haben sie aktenkundige Fälle von Denunziation und politischer Verfolgung im Kreis Bernkastel-Wittlich bearbeitet und mit Hilfe von Folien ihren Mitschülern vorgestellt. So erfahren die Schüler von Pfarrer Oskar Reif aus Veldenz, der unerschrocken und mutig die Grundsätze des Glaubens verteidigte und dafür verhaftet wurde, von einem Bürger aus Gonzerath, der nicht an ein siegreiches Kriegsende glauben wollte und nur durch ein Attest wegen Unzurechnungsfähigkeit vor einem weiteren Verfahren bewahrt wurde, und von einer Frau aus Bernkastel-Kues, die wegen "Schwarzhörens" denunziert und verhört wurde. Die Schüler beschäftigen sich außerdem mit der Verfolgung und Ermordung der jüdischen Mitbürger aus dem Kreis. Am Beispiel der jüdischen Gemeinden in Zeltingen und Rachtig erfahren sie, dass die jüdischen Bürger vor 1933 gut in das Dorfleben integriert waren und trotzdem der Schikanierung, Verfolgung und Ermordung durch die Nationalsozialisten ausgeliefert waren. Als sie Berichte über den Ablauf der Pogromnacht in der Gemeinde hören, sind die Schüler fassungslos. Linda Becker findet es unbegreiflich, dass kaum jemand eingeschritten ist. Die Schüler bringen sich mit großem Interesse und Engagement ein. Ihnen ist wichtig, zu erfahren, wie der Nazi-Terror auf lokaler Ebene abgelaufen ist, sagt Lina Andres. Lisa Esseln stellt abschließend fest: "Dadurch ist man jetzt besser auf den Besuch in Dachau vorbereitet."