Finanzamt schickt Pendler über gesperrte Straße

Piesport · Ein Piesporter ärgert sich, weil das Finanzamt bei der Abrechnung eines Arbeitswegs offenbar die kürzeste, allerdings mit dem Auto nicht befahrbare Verbindung von einem Routenplaner übernommen hat. Die ausgewählte Strecke über die Römerstraße führt zum Teil über einen Waldweg. Das Finanzamt räumt den Fehler ein, verweist aber auf abgelaufene Fristen.

 Laut Routenplaner führt die kürzeste Strecke von Piesport nach Ravengiersburg durch diesen Waldweg, der Teil der alten Römerstraße ist. TV-Foto: Klaus Kimmling

Laut Routenplaner führt die kürzeste Strecke von Piesport nach Ravengiersburg durch diesen Waldweg, der Teil der alten Römerstraße ist. TV-Foto: Klaus Kimmling

Piesport. Die Wegsuche per elektronischen Hilfsmitteln hat ihre Tücken. Immer wieder ist von Lastwagen zu hören, die in einem Feldweg oder einer engen Straße feststecken, nachdem ihr Navigationsgerät sie dorthin geführt hat.
Aloys Leyendecker aus Piesport ist sauer, weil vermutlich ein vom Finanzamt eingesetzter Routenplaner aus dem Internet dazu geführt hat, dass er fälschlicherweise zu viel Steuern gezahlt hat. Doch nicht nur das. Leyendecker ärgert noch viel mehr, dass seiner Ansicht nach das Finanzamt nicht in der Lage ist, diesen Fehler zu korrigieren.
In dem konkreten Fall des hauptberuflichen Konfliktberaters geht es um den Arbeitsweg seiner Frau, den er bei der Steuererklärung abrechnet. Sie fährt täglich 63 Kilometer von Piesport nach Ravengiersburg im Hunsrück. Diese Streckenlänge habe das Finanzamt eine ganze Weile lang akzeptiert, sagt Leyendecker. Plötzlich habe das Amt die angerechnete Pendlerstrecke aber auf 58 Kilometer gekürzt und eine Steuernachforderung erhoben.
"Fünf Jahre keine Reklamation"


Süffisant erläutert Leyendecker: "Der römische Geist der kürzesten Wege hat das Amt erfasst." So wie die Römer habe die Behörde die kürzeste Verbindung gesucht und sie per Routenplaner Google Maps gefunden. Das Programm schickt den Wegsuchenden Richtung Hunsrück über die alte Römerstraße, die einst von Neumagen nach Mainz führte (siehe Karte). Bis Horath funktioniert das, denn bis dahin ist die Römerstraße auch tatsächlich eine Straße. Doch ab da verwandelt sie sich auf einem etwa fünf Kilometer langen Abschnitt in einen Waldweg, den Autofahrer nicht benutzen dürfen.
Leyendecker sagt: "Obwohl ich dem Finanzamt immer wieder deutlich gemacht habe, dass die Zahlen falsch sind, wird nichts unternommen."
Wilhelm Simon, der Leiter des Finanzamts Bernkastel-Wittlich, erzählt eine andere Geschichte. Er räumt zwar ein, dass das Finanzamt fälschlicherweise für ein Jahr den verkürzten Arbeitsweg von 58 Kilometern abgerechnet und dies zu einer Steuernachforderung von rund 151 Euro geführt habe.
"Fehler nicht Bürgern aufhalsen"


Doch weist er auch darauf hin, dass dies bereits 2002 geschehen sei und Leyendecker in den fünf Jahren, in denen sein aus anderen Gründen vorgebrachter Einspruch gegen den Steuerbescheid verhandelt wurde, diesen Fehler nie beanstandet habe. Auch in der einmonatigen Klagefrist nach der Einspruchsentscheidung habe er dazu nichts gesagt. Danach sei der Steuerbescheid bestandskräftig und nicht mehr anfechtbar gewesen. Ein Kompromissangebot für seine gesamten Steuerangelegenheiten, in dem Leyendecker mehr als 600 Euro erlassen worden wären, habe der Piesporter abgelehnt.
Aloys Leyendecker zeigt sich unnachgiebig. Er sieht einen grundsätzlichen Fehler im System. "Die Leitung des Finanzamtes soll ihren eigenen Fehler korrigieren und dies nicht noch dem Steuerpflichtigen aufhalsen", fordert er. Leyendecker geht davon aus, dass die Abrechnungen bei vielen Pendlern falsch sind, sie es aber nicht wissen, weil die Behörde die Änderung der Wegstrecke nicht mitgeteilt habe. Er kenne viele, die sich wie er schlecht vom Finanzamt behandelt fühlten, sagt der Mediator.
Wieder kommt Widerspruch aus dem Finanzamt. Die Steuerzahler werden laut Amtsleiter grundsätzlich darüber informiert, wenn ihre Angaben nicht übernommen werden. Entfernungen zur Arbeitsstätte würden nur in Ausnahmefällen per Routenplaner überprüft. Simon verweist zudem auf die Ergebnisse der letzten Besucherbefragung. Die Kunden hätten dem Finanzamt für den Gesamteindruck die Schulnote 1,45 verliehen.

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