Flachmänner, Windeln und auch ein Gebiss

WITTLICH. Über 40 Kubikmeter Müll sammelten rund 250 Helfer des Dreck-Weg-Tages in Wittlich und seinen Stadtteilen ein. Spitzenreiter bei dem, was die Leute so wegwerfen, sind nach einhelliger Aussage leere Flachmänner.

 Nach getaner Arbeit: Fabian Brand und Markus Schlosser (rechts) warten auf das Fahrzeug, das ihren prall gefüllten Müllsack im Konversionsgebiet abholt. Foto: Petra Geisbüsch

Nach getaner Arbeit: Fabian Brand und Markus Schlosser (rechts) warten auf das Fahrzeug, das ihren prall gefüllten Müllsack im Konversionsgebiet abholt. Foto: Petra Geisbüsch

Samstagmorgen,9 Uhr: An insgesamt zehn Treffpunkten holen sich die Helfer des1. Wittlicher Dreck-Weg-Tages ihre Hilfsmittel ab. Handschuhe,Mülltüten und lange Zangen zum Herausfischen des Unrats ausMulden und Büschen. Die Organisatoren teilen die Freiwilligen insinnvolle Untergruppen auf, und ab geht es zum zugeteiltenStreckenabschnitt der Kreisstadt und der Stadtteile. Kleine Müllkippe am Hang entdeckt

An der Hasenmühle trifft sich der Schachclub. Etwa 20 Mitglieder aller Altersstufen machen sich gut gerüstet auf die Socken. Flachmänner auf weiter Flur, allein zwei Dutzend auf den wenigen Metern vom Vereinshaus bis zur Lieserbrücke. Elke Klink findet ein Gebiss, ein paar Halbwüchsige einen halb verrotteten Igel. Der wird erst einmal ordnungsgemäß beerdigt, so viel Zeit muss sein. In Richtung Zweibächen oberhalb der Sportplätze ist die D-Jugend des Wittlicher SV unterwegs. Begleitet von ihrem Betreuer Jürgen Lequen und zwei Vätern picken sie das auf, was ihre Mitbürger weggeworfen haben. Flachmänner auch hier, Dosen, Tüten, Kartons. Denise Arnoldi und Simone Kowalewski helfen quasi unorganisiert. "Wir haben durch die Zeitung davon erfahren und sind einfach so gekommen." "Oh je, hier ist ´ne kleine Müllkippe!", schallt es vom Hang in Richtung Tennishalle. Thomas Bambauers Papa hat sie entdeckt und klettert schon mal vor, um den tief im Gebüsch deponierten Dreck heraus zu fischen. Im Stadtpark sammelt genauso motiviert die C-Jugend. "Eine verschissene Windel war bisher das Ekelhafteste", erzählt einer der Jungs. Sie berichten von prall gefüllten Mülltüten: offensichtlich von Umweltschweinen mit voller Absicht in die Natur geworfen. Noch Schlimmeres entdeckt die A-Jugend auf dem Trimm-Dich-Pfad. Die hier endgelagerten chemischen Abfälle fassen sie erst gar nicht an. Schließlich weiß niemand, um welche Gifte genau es sich handelt.

Lustig dagegen ein Fund von Sebastian Zeimetz und Julian Fluck: "Wir haben unterhalb des Hartplatzes einen Fußball entdeckt, der noch richtig gut ist", berichten sie erfreut. Den dürfen sie natürlich behalten. Den weggeworfenen Auspuff fanden die beiden dagegen weniger witzig. Mit 70 Leuten stellt die Feuerwehr einen großen Helferanteil. Eine junge Feuerwehrfrau ist Judith Fendrich, die rund um die Römische Villa aufräumt. Sie rümpft die Nase. "Fies finde ich besonders die vielen Taschentücher." Bürgermeister Ralf Bußmer und Elfriede Marmann sammeln am Radweg, wo sie ein plattgefahrenes Bobby-Car aufspüren. "Am schlimmsten aber war der Parkplatz an der Post", kommentiert später die Stadtbeigeordnete. Flachmänner, Whisky-, Sekt- und Bierflaschen: ein ekelerregender Anblick. Auch der Fußweg zwischen Stadtverwaltung und Realschule beziehungsweise Cusanus-Gymnasium sei eine Zumutung gewesen. Vor diesem Hintergrund ärgert sich Bußmer ganz besonders über die Antwort aller Wittlicher Schulen, die er pauschal auf seine Bitte um tatkräftige Unterstützung am 1. Dreck-Weg-Tag erhalten habe: Es sei schließlich unterrichtsfrei an Samstagen und deshalb könne man sich nicht beteiligen. "80 Prozent aller Helfer waren Kinder und Jugendliche", sagt er. "Es mangelt also absolut nicht an der Motivation unserer Schüler." Jede Menge Arbeit auch in den Stadtteilen. Ganze Familien kommen spontan und lassen sich dort einteilen, wo Not am Mann ist. Um 12 Uhr strömen alle zum Helferfest auf der Feuerwache Gutenbergstraße zusammen. Pizza, Gulaschsuppe, Getränke für alle: Der Dreck ist vergessen, jedenfalls für die, die beim unmittelbaren Aufheben beteiligt waren.

Einiges gehört in den Sondermüll

Für die anderen - Feuerwehr, private Transportfirmen, Landwirte mit ihren Traktoren - gibt es noch ein Nachspiel: Sie sammeln noch eine ganze Zeit lang die Säcke ein, die im Stadtgebiet ordentlich an allen Straßenrändern aufgereiht sind. Einiges kommt heute noch zur Sondermülldeponie: Reifen, Kühlschränke, Autobatterien, Altölbehälter.... Schon jetzt stapeln sich diese extremen Sauereien auf einem separaten Anhänger. Bußmer verspricht für das kommende Jahr eine Wiederholung der Aktion. Die reibungslose Zusammenarbeit zwischen Vereinen, Ortsvorstehern, Feuerwehr, JVA und Unternehmen, die Geld gesponsert oder Arbeitnehmer frei gestellt hatten, hat ihm imponiert. Auch hofft er darauf, das diejenigen, die sich heute so viel Arbeit gemacht haben, in Zukunft jene darauf ansprechen werden, die immer noch ihren Müll in die Landschaft werfen. Judith Fendrich zum Beispiel, die bisher geschwiegen hat, kann sich das nach diesem anstrengenden Tag durchaus vorstellen.

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