Fliegerangriffe ohne Folgen

Morbach. Vielen älteren Bürgern in Morbach und Umgebung wird das Bild aus den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts noch in Erinnerung sein. Zu sehen ist das ehemalige Morbacher Krankenhaus, das in der Einfahrt und Parkanlage vor dem jetzigen Alten- und Pflegeheim St. Anna in der Bahnhofstraße 55 stand, und eine bewegte Geschichte hatte.

Mit dem Morbacher Krankenhaus sind von Anfang an die Schwestern der Franziskanerinnen aus Waldbreitbach eng verbunden. Vier von ihnen kamen 1902 in den Ort und waren zunächst in der ambulanten Krankenpflege tätig. Sie wohnten bis zum Neubau des Schwesternhauses 1908 in der Bahnhofstraße, von Einheimischen Klösterchen genannt, in einem Mietshaus in der Birkenfelder Straße. Als 1907 das St. Anna Krankenhaus gebaut wurde, übernahmen sie mit fünf Ordensschwestern die stationäre Krankenpflege. 1928 übernahm die Ordensgemeinschaft sogar die Trägerschaft des Hauses. Der zweite Weltkrieg erschwerte die Arbeitsbedingungen der Schwestern enorm. Fast ständig war das Krankenhaus von Militärtruppen besetzt. Am 2. September 1939 musste es für den ersten Grenzabwanderertransport sogar geräumt werden. Alles was einigermaßen entlassungsfähig war, wurde entlassen. Bis 1944 kamen auch die Mannschaften des Wachkommandos Morbach ins Schwesternhaus zum Essen. Im gleichen Jahr erreichte der Kriegsschrecken seinen Höhepunkt. "Am 28. August 1944 war der erste Tiefflugangriff durch feindliche Flieger über Morbach, bei dem es einige Verletzte gab und das Krankenhaus nur knapp einer Katastrophe entging", heißt es in der Chronik. Viel Glück hatte die Krankenanstalt auch am 11. September 1944, als ein Zug im Morbacher Bahnhof angegriffen wurde. Dabei gab es zwei Tote und mehrere Verletzte. Auch in den Jahren danach war die Belastung der Ordensschwestern groß, wie der Chronist weiter berichtet: "So wurden 1947 beispielsweise: 955 Kranke an 20 615 Tagen gepflegt, etwa 300 Patienten ambulant behandelt, die Zahl der Operationen betrug 788, Verbände wurden 5135 angelegt. Außer den 1458 Röntgenaufnahmen führte man 719 Durchleuchtungen durch. Rund 400 Nachtwachen wurden gehalten. Zudem speisten die Franziskanerinnen 7067 Arme an der Klosterpforte."Altes Krankenhaus 1974 abgerissen

Anfang der 50er Jahre standen dringende Renovierungsarbeiten und die Anschaffung neuer medizinischer Geräte an. So wurde 1954 Wasserleitung und Kanalisierung saniert, für die die Regierung 1954 einen Zuschuss von 7000 Mark gewährte, und man schaffte 1955 für 32 500 Mark ein modernes Röntgengerät an. Zehn Jahre später war das Krankenhaus mit 36 Betten den Anforderungen nicht mehr gewachsen, und es wurden Überlegungen zum Neubau eines Krankenhauses angestellt. Nach fünfjähriger Planungszeit erfolgte 1968 der erste Spatenstich und am 28. Oktober 1971 die Einweihung des neuen Krankenhauses, das seit 1982 jedoch als Alten- und Pflegeheim genutzt wird. Auch hier setzten die Schwestern ihr großes Werk im Dienste notleidender Menschen fort. Der seit dem Neubau leer stehende alte Gebäudekomplex wurde 1974 abgerissen. Bei vielen Leuten war der Abriss mit gemischten Gefühlen verbunden, war es doch ein Haus, in dem unzählige Menschen geheilt wurden, und manches Leben begonnen und auch geendet hatte.

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