Flugsicherung beendet Traum von Windkraft-Millionen

Bitburg · Für zahlreiche Gemeinden in der Eifel könnte der Traum von Windrädern, die sich auf ihrem Land drehen und Geld in die leeren Kassen spülen, bald ausgeträumt sein. Die Flugsicherung will im weiten Umkreis Bitburgs keine weiteren Anlagen zulassen.

Bitburg. Ein großer Kreis liegt über der Südeifel. Von seinem Zentrum erstreckt er sich über nahezu die gesamte Fläche der Verbandsgemeinden Bitburg-Land, Kyllburg und Speicher sowie der Stadt Bitburg. Auch Teile der Verbandsgemeinden Manderscheid, Wittlich-Land, Irrel, Neuerburg, Arzfeld, Prüm und Gerolstein verschwinden in seiner unheilvoll weiten Rundung.
Unheilvoll, da die Bedeutung dieser kreisförmigen Zone die Träume vieler zerstören wird. Träume, in denen Windräder die Hauptrolle spielen. Und das Geld, das sie in die Taschen der Investoren und in die leeren Kassen der Kommunen spülen sollten, die sich schon vorgestellt hatten, was sie mit den Pachteinnahmen alles finanzieren könnten: Straßen, Spielplätze, was Schönes für Senioren.Gefahr für Flugzeuge


Daraus wird mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nichts. Denn der auf einer Karte des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung eingezeichnete große Kreis zeigt einen sogenannten Anlagenschutzbereich. Er schützt das Drehfunkfeuer bei Nattenheim - ein Gerät, dessen Funksignale überfliegende Flugzeuge benötigen, um ihre Position und ihren Kurs zu bestimmen. Die Rotoren von Windrädern jedoch können die Signale ablenken. Und je mehr Windräder im Umkreis eines solchen Geräts stehen, desto größer ist der Deutschen Flugsicherung zufolge die Wahrscheinlichkeit, dass das Flugzeug ein falsches Signal empfängt - und dass der Bau eines Windrads aus Sicherheitsgründen abgelehnt wird.
Derzeit stehen im 15-Kilometer-Radius um Nattenheim 56 Windkraftanlagen. Und damit ist die Grenze des Tolerierbaren offenbar erreicht. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung teilt auf TV-Anfrage mit, dass dort "keine neuen Anlagen mehr möglich sind". Betroffen sind mehr als 100 geplante Windkraftstandorte - die meisten davon im Eifelkreis Bitburg-Prüm.
Die Flugsicherung wird über den Landesbetrieb Mobilität (Fachgruppe Luftverkehr) automatisch an allen Genehmigungsverfahren für Windräder beteiligt. Nun hat sie angekündigt, den Bau weiterer Anlagen im Umkreis Nattenheims abzulehnen. Und ihr Veto bedeutet, soweit dies derzeit abzusehen ist, das Ende der Pläne.
Am stärksten betroffen ist die Verbandsgemeinde Bitburg-Land, die mit ihren Windkraftplanungen so weit ist wie keine andere Kommune der Region. Nach Auskunft des Bürgermeisters Josef Junk sind 50 bis 60 Windkraftstandorte vorgesehen. In dem laufenden Verfahren hatte die Flugsicherung mitgeteilt, dass die Verbandsgemeinde die Schutzzone freihalten möge. Dieser Empfehlung ist die VG allerdings nicht gefolgt. "Bisher ist die Beschlusslage so, dass wir die Bedenken nicht als absolutes K.O.-Kriterium ansehen, sondern es auf eine Entscheidung im Einzelfall ankommen lassen wollen", sagt Junk.
Die VG Kyllburg würde gerne 40 Windenergieanlagen errichten. Allerdings gibt es allerhand, was dagegen spricht. Ein großes Problem ist die Wetterstation in Neuheilenbach: Fünf Kilometer rund um diesen Radarstandort dürfen gar keine Windräder errichtet werden. In einem Umkreis von 15 Kilometern gibt es Höhenbegrenzungen. Im Süden der VG gibt es weitere Einschränkungen durch die Airbase Spangdahlem. Und nun kommt das Problem hinzu, dass die gesamte Verbandsgemeinde in jenem Bereich liegt, in dem die Deutsche Flugsicherung keine weiteren Anlagen genehmigen will. Der VG-Rat hatte im September beschlossen, all diese Belange bewusst als Hinweis und nicht als Restriktion in die Planung aufzunehmen. Bürgermeister Rainer Wirtz ist "optimistisch, dass es gelingen wird, einzelfallbezogene Lösungen herbeizuführen". Nach dem aktuellen Planungsstand der Verbandsgemeinde Irrel liegen sieben von rund 90 potenziellen Windkraftstandorten in der Schutzzone, und auch bei der Verbandsgemeinde Neuerburg sind einige Standorte betroffen.
Die Verbandsgemeinde Wittlich-Land hat nur eine potenzielle Fläche für die Nutzung der Windenergie ausgewiesen, die unweit von Hof Hau (Gemarkung Landscheid) innerhalb der Schutzzone liegt. Allerdings ist sie der VG-Verwaltung zufolge noch nicht näher geprüft worden, da die Planung noch nicht so weit fortgeschritten ist.
In der VG Manderscheid scheitern manche Wünsche nach Windanlagen bereits daran, dass ein Teil des Gebiets als historische Kulturlandschaft eingestuft wird - und daher tabu ist. In der Umgebung Eisenschmitts gibt es Windkraftpläne, die von der Schutzzone betroffen sein könnten. Da die Vorprüfungen noch laufen, lässt sich genaueres derzeit nicht sagen.
Die übrigen Kommunen der Region hatten in dem Gebiet aus verschiedenen Gründen keine konkreten Pläne.
Obwohl die Deutsche Flugsicherung (DFS) der Windenergieherstellung in der Südeifel eine klare Absage erteilt hat, wird weiterhin jeder Einzelfall geprüft. Der Bundesverband für Windenergie steht derzeit nach eigener Auskunft in Verhandlungen mit der DFS. "Wir gehen davon aus, dass wir irgendwann eine einvernehmliche Lösung finden", sagt Wilhelm Heine, Vorsitzender des Landesverbands. Gerichtlich gegen die Entscheidung vorzugehen, habe wenig Aussicht auf Erfolg.Extra

Einschränkungen: Das Land will zwei Prozent der Landesfläche für Windkraft nutzen - und zwar dort, wo der Wind laut Windatlas besonders stark weht. Allerdings gibt es zahlreiche Einschränkungen. Nicht nur, weil ein Mindestabstand von 1000 Metern zu Siedlungen eingehalten werden muss oder weil Wasserschutzgebiete, seltene Fledermausarten, Schwarzstörche oder Orchideenwiesen die Pläne vereiteln können. Auch die Kernzone von Naturparken soll frei von Windrädern bleiben. Ebenso wie die frisch von der regionalen Raumplanung ausgewiesenen historischen Kulturlandschaften: Dazu zählen die Schlingen der Mittelmosel, die Dauner Maare und Vulkanberge, Our- und Sauertal, das Trierer Moseltal sowie das untere Saartal. Besondere Schutzzonen gibt es zudem rings um Wetterradare wie jenes in Neuheilenbach, rings um Flugplätze wie Spangdahlem oder Frankfurt-Hahn und rings um Anlagen, die der Flugsicherung dienen - wie das Drehfunkfeuer in Nattenheim. Zudem erstreckt sich über weiten Teilen der Eifel eine militärische Schutzzone der Flugplätze Spangdahlem (US-Luftwaffe) sowie Büchel (deutsche Luftwaffe). Windräder werden in dieser Zone abgelehnt, wenn die Gefahr besteht, dass sie den militärischen Radarbetrieb behindern. kahExtra

Wenn Du das Ladegerät von Deinem Handy in die Steckdose steckst, dann kann es gut sein, dass der Strom, den Du bekommst, von einem Windrad erzeugt wurde. Das sind diese riesigen weißen Türme, an denen sich oben drei Flügel drehen. Die heißen auch Rotorblätter und sind so ähnlich geformt wie die Tragflächen von Flugzeugen, damit sie den Wind besonders gut einfangen können. Wenn sie sich im Wind drehen, wird nämlich der Strom erzeugt - das funktioniert so ähnlich wie der Dynamo an einem Fahrrad: Je doller Du trittst, desto heller leuchtet die Lampe. Beim Windrad gibt es einen Generator, der die Bewegungsenergie dann in Strom verwandelt. Und der wird dann über Kabel bis in Deine Steckdose geleitet. Der Turm eines Windrads ist übrigens hohl. Innen befindet sich eine steile Leiter, auf der Arbeiter bis ganz nach oben klettern können, wenn etwas kaputt ist. kah

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