Forschungsobjekt Lieser

Um die Landschaftsgeschichte an der Lieser zu erforschen, durchwühlen zurzeit 23 Studenten und zwei Lehrkräfte von der Uni in Mainz die Auen an der Lieser. Mit Spaten und Bohrstöcken bewaffnet ziehen sie noch bis heute, Freitag, von der Mündung bis zur Quelle - von Boxberg bis Lieser.

Boxberg/Daun. Mehrere Menschengruppen stehen verteilt auf einer Wiese an der Lieser nahe Platten. Vier junge Leute graben ein großes Loch. Näher am Fluss sieben vier junge Frauen Erde aus dem Wasser der Lieser. Christian Eichenmüller und Erik Linnemann schlagen mit großen Plastikhämmern ein Meter lange Stangen in den Boden, die innen hohl sind, damit sie Sedimente aufnehmen können.

Die 23 Geografie-Studenten um Professor Jörg Grunert und Doktor Christian Stolz vom geografischen Institut der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz wollen die Ablagerungen im Auelehm des etwa 73 Kilometer langen Flusses Lieser - das ist die obere Erdschicht in den Flussauen - erforschen. Darin sind zum Beispiel Holzkohlestücke zu finden, die Rückfolgerungen auf die Besiedlungsgeschichte in den vergangenen 1000 bis 2000 Jahren zulassen.

Holzkohlestücke geben Aufschluss



Eine wichtige Rolle spielt dabei die Bodenerosion. Meistens wird sie vom Menschen verursacht - zum Beispiel durch übermäßiges Abholzen der Wälder. "Früher wurde alle Energie aus dem Wald gewonnen, ohne Bäume nachzupflanzen", sagt Stolz. Vor allem die Produktion von Holzkohle hat Unmengen an Holz verschlungen.

Während heute etwa 31 Prozent des Bundesgebiets mit Wald bedeckt sind, waren es zu Höchstzeiten der Abhängigkeit von Holzkohle - etwa von 1300 bis 1850 - in Deutschland nur 15 Prozent. Nachhaltiges Wirtschaften gab es damals nicht. Auch Acker- und Weinbau haben im Lauf der Geschichte die Bodenerosion beschleunigt und so den Geografie-Studenten Material beschert. Denn alles, was Wind und Wasser in den Hängen abgetragen haben, wurde in Richtung (Lieser-)Tal gespült und hat sich dort über Jahrtausende abgelagert.

Die Proben, die die Studenten ausgraben, erbohren oder sieben, werden später in einem Mainzer Labor untersucht. Aus den Überresten folgern die Geografen dann, wie die Landschaft in der Eifel sich entwickelt hat. Nach der Auswertung können die Forscher beantworten, wann wie viel Ackerbau betrieben worden ist, wie stark der Wald gerodet wurde oder wie intensiv die Menschen insgesamt in die Natur eingegriffen haben. Die Geografen sind nicht zu verwechseln mit Geologen, die sich vor allem mit Gesteinen beschäftigen. Geografen geht es mehr um die Zusammenhänge verschiedener Faktoren. Dazu gehört das Klima genauso wie menschliche Einflüsse. Deshalb arbeiten sie auch eng mit Historikern und Archäologen zusammen.

Exkursionen bringen den Studenten Vorteile



Exkursionen wie die zum Liesertal sieht Stolz positiv: "Die Studenten können sich in die Forschung einbringen, lernen viel, und ihre Arbeit ist nicht umsonst, weil eine Publikation am Ende rauskommt." Auch aus Studentensicht sind solche Exkursionen eine Bereicherung für das Studium.

Der 26-jährige Erik Linnemann: "Das ist ein Vorteil gegenüber anderen Fächern, dass wir das theoretisch Gelernte hier in der Praxis umsetzen können." Auch seine Kommilitonin Claudia Krafczyk ist begeistert: "Ich hatte vorher noch nie so einen Bohrstock in der Hand oder so eine Grube gegraben. Man lernt hier einiges." Extra Jörg Grunert und Christian Stolz erforschen seit 2004 Auensedimente in rheinland-pfälzischen Mittelgebirgen. Unter anderem haben sie größere Studien zum Taunus und zum Westerwald veröffentlicht. Mit den Untersuchungen an der Lieser wollen die Geografen aus Mainz vor allem Vergleichswerte gewinnen für ihre rechtsrheinischen Vorgängerstudien im Taunus und im Westerwald. Sie wollen auch Ergebnisse der geologischen Studien ihres Mainzer Kollegen Frank Sirocko zu den Eifelmaaren zu ihren Forschungsergebnissen in Beziehung setzen. Sirocko hat sich mit der vorgeschichtlichen Zeit beschäftigt. Die neuen Ergebnisse sollen seine Forschungen mit Fakten über die vergangenen 2000 Jahre ergänzen.

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