Frau am Steuer

Es fahren nur noch wenige Fähren auf der Mosel. Eine davon verkehrt zwischen Enkirch und Kövenig. Die kleine Personenfähre verbindet die beiden Orte seit über 100 Jahren. Vor wenigen Tagen hat erstmals eine Frau das Ruder übernommen.

 Brunhild Schmidt aus Enkirch steuert seit wenigen Tagen die kleine Personenfähre zwischen Enkirch und Kövenig. TV-Foto: Winfried Simon

Brunhild Schmidt aus Enkirch steuert seit wenigen Tagen die kleine Personenfähre zwischen Enkirch und Kövenig. TV-Foto: Winfried Simon

Enkirch/Kövenig. Karl-Heinz Weisgerber, Ortsbürgermeister von Enkirch, spricht von einem "einschneidenden Ereignis", ja sogar von einer "Zeitenwende" für die beiden Orte: Erstmals ist der Fährmann eine Frau, und erstmals kommt der Fährmann, pardon die Fährfrau, nicht aus Kövenig, sondern aus Enkirch. Seit über 100 Jahren verbindet ein kleines Boot die beiden Moselorte, unzählige Male hat es die 80 Meter breite und vier Meter tiefe Mosel überquert. Stets waren es Köveniger Männer, die am Steuer standen, zuletzt Walter Justen und Wilbert Liebich. Der 73-jährige Wilbert Liebich hat sich in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Seinen Dienst verrichtet nun Brunhild Schmidt im wöchentlichen Wechsel mit Walter Justen. Brunhild Schmidt ist seit wenigen Tagen "Kapitänin" des 7,40 Meter langen und 2,60 Meter kleinen Fährschiffes. Angetrieben wird das Boot von einem 37 PS starken Außenbordmotor. Rund eineinhalb Minuten dauert die beschauliche Fahrt über den Fluss. Die Fährprüfung hat Brunhild Schmidt mit Bravour bestanden. Ferner musste sie einen Lehrgang für das UKW-Sprechfunkzeugnis für den Binnenschifffahrtsfunk absolvieren. Viele Monate begleitete sie zuvor die beiden erfahrenen Fährmänner Walter Justen und Wilbert Liebich. Sie lernte, wie man die Leinen löst und wieder befestigt, wie man ab- und anlegt, den Dieseltank befüllt, und was zu tun ist, wenn der Motor einmal streiken sollte. In einem solchen Fall muss sie den Anker werfen, um nicht von der Strömung Richtung Burg abgetrieben zu werden. Zwölf Personen finden maximal Platz auf der kleinen Fähre. Eine Überfahrt kostet einen Euro, wer ein Fahrrad dabei hat, zahlt zwei Euro. "Mit Wasser hatte ich bis dato nicht viel zu tun", erzählt die 47-jährige Mutter zweier erwachsener Kinder. Bis Anfang 2007 war sie Taxifahrerin bei einem örtlichen Unternehmen. Dass sie nun diesen für eine Frau eher ungewöhnlichen Job übernehmen konnte, hat sie auch ihrer Familie zu verdanken. "Mein Mann und meine Kinder haben mich von Beginn an bestärkt, die Fährprüfung zu machen", erzählt sie. Ihr technisch versierter Ehemann Enno hat ihr sogar einen Fährhäuschen auf Rädern gebaut, das sie vor Wind und Regen schützt.

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