Frauen waren nicht immer erwünscht

Viele Kirchenchöre sind älter als bisher bekannt. Eine kleine Recherche beim Bistumsarchiv Trier kann Klarheit bringen.

 Die ersten Kirchenchöre waren meist reine Männerchöre, hier im Bild Männer vom Kirchenchor Bombogen beim Konzert im Jahr 2008. TV-Foto: Erich Gerten

Die ersten Kirchenchöre waren meist reine Männerchöre, hier im Bild Männer vom Kirchenchor Bombogen beim Konzert im Jahr 2008. TV-Foto: Erich Gerten

Bernkastel-Wittlich. (ger) 2009 wird der Kirchenchor Oberkail 275 Jahre alt. Er ist einer der wenigen Chöre der Region Eifel/Mosel/Hunsrück, die ein schriftliches Gründungsdokument vorweisen können, und das sogar aus dem Jahre 1734. Die meisten Kirchenchöre hingegen datieren ihre Gründung in die Zeit um 1900. Was wenig bekannt ist: Viele Chöre sind weitaus älter als 100 Jahre, wie ein Blick in die Akten des Trierer Bistumsarchivs beweist. In Osann zum Beispiel feierte der Kirchenchor im Jahre 2005 sein 100-jähriges Bestehen.

Drei Jahre später wurde aus dem 100 Jahre alten Chor ein 178-jähriger. Im Rahmen der Recherchen zur Erstellung einer Ortschronik fanden sich Hinweise in den Akten des Bistumsarchivs Trier und den Osanner Gemeinderatsbeschlussbüchern, die das Bestehen des Chores während des 19. Jahrhunderts durchgehend dokumentieren.

Der älteste Hinweis wurde dem Pfarrvisitationsprotokoll des Jahres 1831 entnommen. Genau diese Visitationsprotokolle, aufbewahrt im Bistumsarchiv, sind es, die Aufschluss über die gesanglichen Aktivitäten einer Pfarrei geben können. In jedem dieser Protokolle wird die Frage nach der Verbreitung des kurz zuvor eingeführten deutschen Kirchengesangs gestellt: "an solus chorus, an omnis populus cantat?" Übersetzt: Singt der Chor allein oder zusammen mit dem Volk? Oft ist die knappe, aber eindeutige Antwort zu finden: "solus chorus", das dann bedeutet: Der Chor singt alleine. Damit ist nachgewiesen, dass ein Kirchenchor bestanden hat. Allerdings darf man sich die Chöre der damaligen Zeit nicht als vielstimmige, zahlenmäßig starke Gruppen vorstellen.

Es waren in der Regel mehrere Männer, die sich zum Kirchengesang zusammenfanden. Frauen kamen in den meisten Dörfern erst im 20. Jahrhundert hinzu, je nachdem, ob der Ortspfarrer dies zuließ. Aber immerhin, durch die Visitationsprotokolle der Jahre 1827 bis 1832 und später lässt sich für viele Orte das Bestehen eines Kirchenchores nachweisen (siehe Extra).

Schwieriger wird es, das Bestehen von Kirchenchören in der Zeit vor 1800 zu recherchieren. Es gab sie in vielen Orten auch schon, aber meist sind es Zufallsfunde in den Rechnungsakten der jeweiligen Pfarrei.

Zum Glücksfall Oberkail: Der dortige Chor der Bruderschaft Jesu und Maria verzeichnete bereits im Gründungsjahr 1734 die Namen von 16 Sängerinnen und 22 Sängern. In den Jahren danach bis 1755 wurden acht neue Mitglieder aufgenommen. 1774 beteiligten sich die Sänger an der Fronleichnamsprozession, wie dem Rechnungsbuch der Pfarrei zu entnehmen ist, weil die Sänger zum Umtrunk eingeladen wurden.

Der Kirchenchor Oberkail wird 1831 mit dem Hinweis "Der deutsche Gesang ist gut" im Pfarrvisitationsprotokoll gelobt und in den nachfolgenden Jahrzehnten immer wieder erwähnt. Im Jahr 1881 war es ein reiner Männerchor, bis 1948 Frauen aufgenommen wurden.

Extra Auszug aus den Visitationsakten der Jahre 1827 bis 1832, die für jede Pfarrei im Bistumsarchiv Trier vorhanden sind (einige Beispiele von vielen): Heidweiler 3.5.1831 (solus chorus, nur der Chor singt), Arenrath 4.5.1831 (solus chorus), Binsfeld 5.5.1831 (solus chorus), Hupperath 10.5.1831 (solus chorus), Bergweiler 13.5.1831 (solus chorus), Kirchhof (Altrich) 11.5.1831 (solus chorus), Platten Mai 1831 (solus chorus), Wittlich-Bombogen 30.9.1832 (cantat omnis populus alia solus chorus), Ürzig 28.8.1831 (partim solus chorus, teilweise allein der Chor), Greimerath 23.9.1832 (solus chorus), Meerfeld 27.9.1832 (ordinarie solus chorus, normalerweise nur der Chor), Landscheid 1831 (intendum solus chorus, intendum omnis popular cantat). (ger)

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