Für eine menschenfreundlichere Kirche

Wittlich · Klare Worte ergriff Thomas Gerber, Diözesanpräses des Kolpingwerkes, bei einem Besinnungstag in Wittlich.

Wittlich. "Es ist so furchtbar, dass ich geweint habe beim Lesen von Berichten von Zeitzeugen über das Leid, was den Juden zuteilwurde in Auschwitz". Zu diesem erschütternden Thema äußerte sich der Diözesanpräses des Kolpingwerkes vom Trierer Diözesanverband, Thomas Gerber, Pfarrer aus Urmitz beim Besinnungstag des Kolping-Bezirksverbandes Mittelmosel in Wittlich. Viele Kolpingschwestern und -brüder aus dem Bezirk von Bernkastel-Kues bis Wittlich, Daun sowie Bullay und Zell waren erschienen. Das nicht alltägliche Thema, zu dem vom Bezirksvorsitzenden Michael Cronauer aus Bullay eingeladen wurde, lautete "An Gott glauben nach Auschwitz und in unserer Zeit". Erschüttert über das Geschehen in der Nazizeit stellte sich der Referent zweifelnd Fragen: "Wie kann Gott diese Mordserie zulassen?", "Wo bleibt der gerechte Gott?", "Wie hält ein Leidender den Glauben aus?"
In diesem Zusammenhang ließ der Pfarrer aus Büchern Auschwitz-Zeugen zu Wort kommen. Es blieb für viele eine unbeantwortete Frage an Gott. Der Referent konnte selbst nur die Antwort geben, dass Gott die menschliche Freiheit zugelassen hat und gleichzeitig auf seine Macht verzichtete. "Er zeigte also nicht seine Allmacht". Deshalb habe sich Gott wohl selbst zu den Leidenden ins Lager begeben.
Bevor Gerber zu einem weiteren Hauptthema kam, reichte er den Zuhörern zur Veranschaulichung einen kantigen grauen Stein, der von einer Rampe aus dem Auschwitz-Lager stammt.
Eine weitere Sorge trieb den Redner zu der Forderung nach mehr Laienarbeit in der katholischen Kirche, da in der Hierarchie eine Verweigerungshaltung festzustellen sei. Bei den Themen Seelsorge und Hierarchie habe man insbesondere bezüglich Zölibat und Frauen in der Kirche eine sture Haltung zu beobachten.
"Ich bin für eine menschenfreundlichere Kirche," rief Gerber den Kolpingern zu. Die evangelische Kirche habe diese Probleme nicht. Der Diözesanpräses rief Kolping auf, viel stärker gegen die Hierarchie in der Laienarbeit und damit auch für eine Volkskirche zu arbeiten, um diese zu stärken.

Die klaren Worte des Kirchenmannes, der nach eigenen Worten tolles Gottvertrauen hat, wurden nur von einer kleine Pause für Kaffee und Kuchen und Diskussionsbeiträgen unterbrochen. red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort