Für große und kleine Sorgen

WITTLICH. In der Trägerschaft des Kinderschutzbundes leihen seit 1999 engagierte Ehrenamtler Jugendlichen in Not ihr Ohr. Bei der "Nummer gegen Kummer" erfahren sie kompetente Ansprache für all ihre Sorgen, ob sie nun groß oder klein sind.

Die Wohlstandsgesellschaft klagt über mangelnde Kommunikation, zu wenig Menschlichkeit, zu wenig Zeit. Darunter leiden stets die Schwächsten besonders: Alte und Kranke, Kinder und Jugendliche. Für die speziellen Sorgen junger Menschen werden seit Jahren in ganz Deutschland sogenannte Kummertelefone eingerichtet. Die dort arbeiten, sind sehr engagierte Ehrenamtler: die meisten Laien, aber auch Profis, wie zum Beispiel Sozialarbeiter, Pädagogen oder Psychologen. Was ihnen während ihrer Dienste am Telefon zu Ohren kommt, ist denen, die anrufen, immer unendlich wichtig, egal, ob es sich um "banale" oder ganz handfeste Probleme dreht. Reden hilft, heißt die Devise. "Mal geht es um Mobbing in der Schule, oft um Sexualität, den ersten Geschlechtsverkehr, manchmal um ganz aktuelle Dinge wie die Fußball-Weltmeisterschaft", berichtet Marianne (alle Namen von der Redaktion geändert). Generell sei eine große Einsamkeit der jungen Anrufer festzustellen: Sie werden oft mit ihren Gedanken völlig allein gelassen. So haben sie selbst das Sprechen verlernt. Klara erzählt: "Es kommen auch viele Schweigeanrufe." Menschen rufen mit ihren Sorgen an, können sich aber gar nicht mehr mitteilen. Das Handwerkszeug für ihre Beratertätigkeit erwerben die Mitarbeiter bei qualifizierten Fachleuten. Die Diplom-Psychologen mit Zusatzausbildungen Petra Erasmy und Matthias Prinz schulen 70 Stunden lang und führen danach langsam an den Job am Telefon heran. Auch danach wird keiner mit dem Gehörten allein gelassen: Im Sechs-Wochen-Rhythmus bespricht man die eigenen Fragen bei Supervisionen. Wer diese kostenlose Ausbildung in Anspruch nimmt, verpflichtet sich im Gegenzug zu ehrenamtlicher Arbeit am Kinder- und Jugendtelefon. "Zwei Jahre lang mindestens zwei Stunden pro Woche", konkretisiert Projektleiterin Silke Meyer-Henter. Sie plaudert gerade mit Michaele Schneider, der Vorsitzenden des Kinderschutzbundes, am Wasserbaum zwischen Ürzig und Platten. Hier trifft sich die aktuelle Truppe zu einem Abschieds- und Willkommensgrillen: Die einen haben ihre zwei Jahre am Telefon voll, manche hören auf, manche machen immer noch weiter, die anderen kommen frisch aus der Schulung und beginnen ihren Dienst. "Es ist eine sinnvolle Art, meine Freizeit zu gestalten", erklärt Andrea ihre Motivation. Die Erzieherin im Ruhestand möchte weiter mit jungen Menschen in Kontakt bleiben. Bei Monika und Sybille, beide noch sehr jung, ergänzte die hochwertige Schulung das Pädagogik-Studium, wurde sogar als Praktikum anerkannt. Die Gruppe ist gemischt. Nur eines sieht man sofort: Männer sind Mangelware, weshalb die Projektleitung händeringend nach männlichen Beratern sucht. Interessenten wenden sich an die Telefonnummer des KSB: 06571/2110. Die nächste Ausbildungsphase startet nach den Sommerferien.

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