Gästekarte: Führende Hotels machen nicht mit

Bernkastel-Kues · Führende Hotelbetriebe im Ferienland Bernkastel-Kues wollen sich nicht an der Gästekarte beteiligen - auch nicht zu dem auf den 1. Januar 2013 verschobenen Einführungstermin. Damit droht das vom Geschäftsführer der Wein- und Ferienregion Bernkastel-Kues, Jörg Lautwein, ausgearbeitete Konzept zu scheitern.

Bernkastel-Kues. Der Richtershof, der Weiße Bär, das Domizil und Landhaus Schiffmann - alles große Hotelbetriebe in Mülheim mit insgesamt über 200 Betten - werden sich nicht an der Gästekarte (siehe Extra), die Touristikchef Jörg Lautwein in der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues einführen will, beteiligen.
Auch der mit 350 Betten größte Hotelbetrieb an der Mittelmosel, das Hotel Moselpark in Bernkastel-Kues, macht nicht mit. Direktor Marc Föhr: "Das ist uns zu teuer. Das rechnet sich nicht."
Manfred Preuß, Inhaber des Vier-Sterne-Superior-Hotels Richtershof (85 Betten), das ebenso wie der Weiße Bär über eine eigene Wellness- und Kosmetikabteilung verfügt, sagt: "Eine Gästekarte ist für unser Kundenklientel nicht interessant. Die Karte wäre für uns nur ein zusätzlicher Kostenfaktor und keine Aufwertung unserer Leistungen."
Jens Schiffmann (Landhaus und Domizil Schiffmann) hatte sich im Oktober gegenüber dem TV zur Gästekarte geäußert. Damals hatte Lautwein noch gehofft, die Karte bereits im Mai 2012 einführen zu können. Den Termin musste er auf den 1. Januar 2013 verschieben, weil sich bis Anfang Dezember zu wenige Hoteliers und Zimmervermieter bereiterklärt hatten, sich an der Gästekarte zu beteiligen (der TV berichtete).
Ruf nach Vip-Karte


Schiffmann gab seinerzeit zu bedenken, dass nicht alle Leistungen in der Vor- und Nachsaison erbracht werden könnten. Vor wenigen Tagen erneut auf die Gästekarte angesprochen, wollte sich Schiffmann nicht mehr öffentlich äußern. Er habe sich mit den Hoteliers Dieter Kettermann, Bernkastel-Kues, Manfred Schmitz, Zeltingen-Rachtig, und anderen Kollegen intensiv ausgetauscht.
Dieter Kettermann (Hotel Bären, Bernkastel-Kues) nimmt dagegen ausführlich Stellung und kritisiert das Konzept deutlich. Die Karte sei eher eine Rabatt- oder Bonuskarte, keinesfalls aber eine All-Inclusive-Karte. Die Leistungen für den Gast seien nicht ausreichend definiert. Peinliche Diskussionen mit den Kartennutzern seien programmiert, gibt Kettermann zu bedenken.
Kettermann führt einen Vergleich an: Kein Kunde würde ein Auto für 30 000 Euro kaufen, ohne zu wissen, welche Marke, Motorisierung oder Innenausstattung es habe.
Kettermann will die Gästekarte noch nicht abschreiben, er ist sogar der Meinung, dass die Gastgeber der Mittelmosel das Projekt "mit Kräften unterstützen". Allerdings habe kein Gastgeber an einer "All-Inclusive-Karte" Interesse. Vielmehr müsse es sich um eine Vip-Karte handeln.
Der Gast mit Karte müsse erkennen, dass er privilegiert sei und ganz besonders hochwertige Angebote in Anspruch nehmen könne.
Touristikchef Jörg Lautwein sagte gegenüber dem TV, dass er Ende Januar, Anfang Februar weitere Gespräche mit Mitgliedern des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Bernkastel-Kues führen werde. Dabei gehe es um mögliche Änderungen des Konzeptes. Das Projekt sei noch keinesfalls gestorben.
Entscheidend sei, dass so viele Gastgeber mitmachen, um auf 50 000 bis 100 000 Übernachtungen zu kommen. Langfristig sollten sich 20 bis 30 Prozent aller Übernachtungsgastgeber beteiligen.
Jörg Lautwein: "Machen aber nicht genug Hoteliers und Zimmervermieter mit, lassen wir es bleiben."Extra

Die Gästekarte, genannt GästeCard, ist ein Angebot für Übernachtungsgäste in der VG Bernkastel-Kues. Mit dieser Karte kann der Gast zahlreiche touristische Angebote nutzen - und zwar weitestgehend kostenlos. Dazu gehören unter anderem Mosel-Schiffstouren, Schwimmbäder, Museen, geführte Wanderungen, Sehenswürdigkeiten, Wellnessangebote. Rund 30 Anbieter touristischer Leistungen - unter anderem Museen, Schwimmbäder, das Moselkino, Radverleih-Firmen, Taxiunternehmer - haben zugesagt, sich an der Gästekarte zu beteiligen. Ausschließlich Zimmervermieter, das heißt Hotels, Pensionen etc., können die Karte an die Gäste ausgeben. Jeder Übernachtungsgast erhält eine Karte, auf der Ankunfts- und Abreisetag elektronisch registriert werden. So ist sichergestellt, dass die Karte nur in dieser Zeit gilt. Der Gast zeigt die Karte beispielsweise im Schwimmbad Bernkastel-Kues vor - und muss nichts zahlen. Mit einem Einlese-Gerät, das die Ferienregion Bernkastel-Kues GmbH kostenlos zur Verfügung stellt, wird registriert, dass der Gast die Leistung in Anspruch genommen hat. Der Gastgeber zahlt einen Umlagebeitrag von zwei Euro pro Übernachtung jeden Gastes (für Kinder ein Euro). Diese Kosten muss/kann der Vermieter über einen entsprechend höheren Übernachtungspreis wieder reinholen. Das Geld fließt in den Umlagetopf. Diese Einnahmen, abzüglich der Verwaltungskosten, werden an die Leistungserbringer ausgeschüttet. Jede Nutzung mit der Karte wird registriert. Anhand der Anzahl der Nutzungen und ihres Wertes wird für jeden Leistungserbringer errechnet, wie groß sein prozentualer Anteil an dem Gesamtumsatz der in Anspruch genommenen Leistungen im Jahr am Umlagetopf ausfällt. Den entsprechenden Betrag erhält er ausgezahlt. sim

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