Gebändigter Fluss soll die Stadt beleben - und die Bürger reden mit

Wittlich · Wer an der Lieser wohnt, an ihr spazieren geht, ihr Ufer landwirtschaftlich nutzt, sich als Stadtrat mit ihr beschäftigt oder wem sie als Wittlicher am Herzen liegt, kam zur Informationsveranstaltung ins Alte Rathaus. Die Kommentare zur Präsentation des Entwurfs, den Fluss besser zugänglich zu machen, waren je nach Interessenlage unterschiedlich.

 Gesucht: Ideen, die Lieser in den Blick zu rücken. TV-Foto: Hans-Peter Linz

Gesucht: Ideen, die Lieser in den Blick zu rücken. TV-Foto: Hans-Peter Linz

Wittlich. Dicht an dicht sitzen die Wittlicher im Sitzungssaal des Alten Rathauses. Sie schauen auf Pläne mit bunten Feldern, Fotos und Texte, hören Begriffe wie "gelenkte Nutzung", "Aufenthaltsqualität" und "Gewässerstrukturgüte". Worum es geht, wissen alle: die Lieser und ihr Dasein im Stadtgebiet. Dieses Dasein zeichnet sich eher als Verstecktsein aus, denn der Fluss verschwindet hinter Gebüsch, Mauern, Straßen, ist kaum erlebbar. Das soll sich ändern. Wie das aussehen könnte, wurde am Dienstagabend im Alten Rathaus erstmals vorgestellt. Anschließend konnte jeder mitreden, und sagen, was er von den Anregungen des Planungsbüros hält. Dazu hat jeder eine andere Meinung.

Die Anwohner: Rolf Friedrich: "Erst einmal soll der Dreck weggemacht werden. Das ist ein Zoo, um wilde Tiere zu züchten wie Ratten." Heinz Juli: "Plötzlich wurde vor 30 Jahren die Pflege eingestellt. Das kann nicht sein." Klaus Stirn: "Da hat sich ein Geschiebe von sicher 80 Zentimeter angesammelt. Das müsste geändert werden, auch wegen des Hochwassers."
Die Landwirtschaft: Manfred Zelder mit Blick auf die Ufer Richtung Altrich: "Da sind 17 Hektar Ackerfläche überplant. Wenn der Landwirt das in Grünland umwandeln muss, ist der in der Existenz bedroht. Das ist doch Privateigentum! Ein Unding, dass man das überplant." Theo Daus: "Die landwirtschaftliche Nutzung hat hier einen negativen Touch bekommen. Wir gehen sorgsam und naturgemäß damit um und tun einiges für den Wasserschutz."

Die Spaziergänger: Heinz-Peter Grösser: "Man sollte einen durchgehenden Fußweg von Norden nach Süden entlang der Lieser schaffen. Und ich finde, das Felsenwehr ist eine der schönsten Stellen. Sie sollte man in die Planung mit einbringen." Eine Hundebesitzerin: "Ich finde es gut, wenn die Lieser erst für kleines Geld zugänglich gemacht wird. Viele wünschen sich eine Hundewiese mit Anbindung an die Lieser. Auch fehlt ein gastronomischer Betrieb, vielleicht in der Hasenmühle."

Die Kulturgutschützer: Elisabeth von den Hoff: "Vom Denkmalschutz aus gibt es ja nie Geld. Da sollte man versuchen, mit Hilfe der Wasserwirtschaft, etwas für die Römische Villa zu tun."

Die Stadträte: Adelheid Wax: "Ich wünsche mir bei allen Bedenken, dass wir die Wittlicher für das Projekt begeistern und positiv damit umgehen. Ich rege an, mit Kindern dazu Ideen zu entwickeln." Klaus Nummer: "Es geht wohl erstmal um den Bereich zwischen Schaff und Lieserbrücke. Wenn wir das mal haben, können wir später über die Lieser in Nord und Süd reden."

Die Wittlich-Interessierten: Herbert Daufenbach: "Wenn ich das richtig verstanden habe, stehen wir total am Anfang, und im Kopf haben wir die Fördermittel." Willi Waxweiler: "Ich erinnere an den Lieserpfad. Die Wittlicher wohnen am schönsten Wanderweg der Welt."

Die Verwaltung: Hans Hansen: "Wir werden alle Anregungen den Fachausschüssen und dem Stadtrat vorlegen. Kommen Sie zu uns. Wir sind für alles offen." Thomas Eldagsen: "Das ist der erste Entwurf. Später wird entschieden: Das ist unser Pilotprojekt. Damit fangen wir an. Wenn die Fördermittel geklärt sind, könnte man 2015 beginnen.

Die Planer: Christoph Heckel, BGH Plan: "Wir stehen am Anfang. Es gibt ein großes Potenzial durch die direkte Nähe zur Stadt. Aber der Fluss ist nicht eingebunden in die Stadtstruktur." Peter Zwingmann, BGH Plan: "Besonders interessant ist der Bereich an der Altstadtbrücke. Wir nennen ihn ,Erlebnis Lieser\'. Dort könnte man den Rommelsbach renaturieren, den Spielplatz einbinden und offene Kiesuferbereiche schaffen, um wieder ein natürliches Bild zu erhalten." sosMeinung

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Die Idee, sich stadtpolitisch der Lieser zu widmen, ist per se sympathisch. Schöne Aussichten auf den Fluss, Wasserspiele für Kinder, Zugänge zum Ufer klingen nach positivem Naturerlebnis. Wer am Fluss wohnt und sich über Gestrüpp und Hochwasser ärgert, wer flussnah mit Landwirtschaft sein täglich Brot verdient, wer sich dem Erhalt von Denkmälern widmet und wer sich in Stadtverwaltung, Planungsbüro, Wasserbehörde oder Stadtrat damit beschäftigt: Jeder setzt andere Prioritäten. Bleibt zu hoffen, dass dennoch ein gemeinsamer Weg gefunden wird. Ein erster Schritt wird, wenn auch Geld fließt, recht sicher die Umgestaltung des Bereichs um die Lieserbrücke am Rommelsbach sein. Was aber genau im Detail dort entstehen könnte, ist noch recht offen. Bürger sollten sich weiter einbringen und nicht dadurch entmutigen lassen, dass bis zum ersten sichtbaren Ergebnis noch viel Wasser die Lieser runterfließen wird. Und fließen müssten auch die Zuschüsse. s.suennen@volksfreund.deExtra

Was gibt\\'s Schöneres als mit Wasser zu spielen, oder? Und zwar nicht nur in der Badewanne oder im Schwimmbad. Am schönsten ist es am Fluss. Man kann Steinchen hüpfen, Stöckchen schwimmen lassen, im Wasser nach Tierchen suchen oder einfach nur mit den Füßen drin plantschen. Natürlich muss bei kleinen Kindern immer ein Erwachsener aufpassen, damit nichts passiert! Mitten durch die Stadt Wittlich fließt über mehr als zwei Kilometer die Lieser. Jetzt machen sich Erwachsene Gedanken, wie man besser an den Fluß rankommt und was man an seinem Ufer alles machen könnte. Es gibt auch eine Idee, nahe am Kinderspielplatz an der Rommelsbachbrücke extra was für Kinder zu machen. Aber das Ganze ist ziemlich kompliziert, denn da muss erst ganz viel überlegt und geprüft werden, und viele Leute müssen nach ihrer Meinung gefragt werden. Das dauert. Aber vielleicht könnt ihr irgendwann am Wasser spielen. sos

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