Gebeutelte Holzindustrie fürchtet Nationalpark

Morbach/Hochscheid · Die Säge- und Holzindustrie in und um Morbach sieht den möglichen Nationalpark Hunsrück weiterhin sehr kritisch. Auch wenn der Holzeinschlag im Park - wie vom Umweltministerium versichert - in den nächsten zehn Jahren konstant bleiben soll.

 100 LKW Ladungen Holz sind früher bei Decker-Holz angekommen, ...

100 LKW Ladungen Holz sind früher bei Decker-Holz angekommen, ...

Foto: Marion Maier

Morbach/Hochscheid. 420 Beschäftigte arbeiten derzeit bei den drei Holzbetrieben in und um Morbach. Es waren schon mal mehr. Die Branche steckt in der Krise. Der Grund: Holzmangel. Der Nationalpark, der im Hunsrück auf staatlichem Gebiet geplant ist, könnte das Problem noch verstärken.
Denn im Großteil des Parks soll nach einer Übergangsfrist von 30 Jahren kein Holz mehr eingeschlagen werden (siehe Extra). Reijo Ranki, Geschäftsführer der Karl Decker GmbH in Hochscheid (61 Mitarbeiter), sagt: "Ich sehe schwarz für die Zukunft. Die Rundholzsituation hat sich bereits dramatisch zugespitzt.""Wo bleibt die Hoffnung?"


Die Reduzierung der Holzmenge durch den Park komme langfristig noch hinzu. "Wo bleibt da die Hoffnung", fragt Ranki.
Die sogenannte FSC-Zertifizierung, die die nachhaltige Waldnutzung sichern soll und derzeit im rheinland-pfälzischen Staatsforst umgesetzt werde, sei ein Grund für weniger Holz auf dem Markt. Denn sie schreibe vor, dass der Anteil an Totholz erhöht und der Einschlag verringert würde.
Zudem ist die Konkurrenz laut Ranki, insbesondere durch das Sägewerk Rettenmeier im 65 Kilometer entfernten Ramstein, das 2009 eröffnet wurde, stärker geworden. Das Land und die EU hätten die Ansiedlung dieser Firma, die gleichzeitig einen Ableger in Baden-Württemberg geschlossen habe, gefördert, ohne die Folgen zu bedenken.
Holz von weiter weg einzukaufen sei nicht wirtschaftlich. Ranki: "Rundholz besteht zur Hälfte aus Wasser. Wir kaufen es in einem 60-Kilometer-Radius ein. Ein weiterer Transport per LKW lohnt sich nicht."
Die Bahn wäre eine Alternative, doch die gibt es nicht. Ranki: "Wir kämpfen seit Jahren für die Hunsrückbahn." Bislang ohne Erfolg."Wir werden belächelt"


Der Geschäftsführer kritisiert: "Wir werden belächelt, nicht ernst genommen. Das Ministerium war hier, und es hieß: Das bisschen Holz weniger, das stört doch nicht. Arbeitsplätze scheinen nicht so wichtig zu sein." Decker-Holz hat laut Ranki im vergangenen Jahr zehn Mitarbeiter entlassen, 27 Mitarbeiter in diesem Jahr.
Entlassungen gab es auch bei den Morbacher Elka-Holzwerken. "Im vergangenen Dreivierteljahr haben wir 20 bis 25 Arbeitsplätze abgebaut", sagt der geschäftsführende Gesellschafter Karl-Robert Kuntz. Derzeit arbeiten dort noch 200 Menschen.
Kuntz kritisiert die fehlende Planungssicherheit. "Zunächst hieß es, 30 Jahre lang würde mehr Holz aus dem Nationalpark geliefert. Nun soll es noch zehn Jahre lang genauso viel geben wie jetzt. Zehn Jahre - das ist doch keine Zeit!" Er befürchtet, dass eine Nationalpark-Verwaltung die Lage für die Holzindustrie mit neuen Regelungen weiter verschärft. Kuntz: "Das ist mir alles zu unsicher. Auf diese Aussagen hin kann man nicht investieren. Wir werden uns weiter verkleinern."
Das Unternehmen Eugen Decker in Morbach hat in der jüngsten Vergangenheit keinen der 160 Mitarbeiter entlassen. Doch verfolgt die Firma laut Geschäftsführerin Brigitte Decker-Wilbert seit 1999 eine neue Strategie: weg vom Sägewerk hin zu Produkten für den Holzbau, wie Brettsperrholz.
Doch Decker-Wilbert möchte das Sägewerk halten und sieht den Nationalpark ebenfalls als zusätzliche Belastung. Als weitere Probleme nennt sie ebenfalls die verstärkte Konkurrenz sowie den Waldumbau hin zu mehr Laubbäumen und weniger Fichte.Extra

Im Nationalpark soll sich die Naturlandschaft großteils unbeeinflusst entwickeln, also auch kein Holz mehr eingeschlagen werden. Diese Regelung soll nicht sofort greifen. Ziel ist, dass sie in spätestens 30 Jahren für dreiviertel des geschützten Gebiets gilt. Das Umweltministerium hat zugesagt, in der Anfangsphase des Nationalparks, also etwa in den kommenden zehn Jahren, die gleiche Menge wie bisher, nämlich 40 000 Festmeter, einzuschlagen. Der Park soll so von der Fichte, die natürlicherweise dort nicht wächst, befreit werden. Im Hinblick auf die Sägeindustrie hat das Ministerium außerdem die Gemeinde Morbach aus der Gebietskulisse für den Park herausgenommen. maiExtra

 ... wo sich Geschäftsführer Reijo Ranki jetzt über 50 Ladungen am Tag schon freut.

... wo sich Geschäftsführer Reijo Ranki jetzt über 50 Ladungen am Tag schon freut.

Foto: Marion Maier

Die Verbände Deutsche Säge- und Holzindustrie und die Arbeitsgemeinschaft Rohholzverbraucher befürchten, dass durch den geplanten Nationalpark Hunsrück mindestens 1000 bis 1500 Arbeitsplätze verloren gehen. Für die Verbände ist es unerheblich, an welchem Ort auf Nutzung von Holz verzichtet wird. Der Rohstoff fehle in der Weiterverarbeitung: von der Forstwirtschaft über die Rundholztransporteure, in der Säge- und Holzindustrie, in der Holzwerkstoff-, Papier- und Zellstoffindustrie sowie in der Weiterverarbeitung. Schließlich fehle das Holz auch bei den Zimmerern, Schreinern, im Holzhandel und in den Bioenergieanlagen zur Produktion von Ökostrom. mai

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