Gedenken an einen vergessenen Helden

Sein Einsatz für "Werte schaffende" Arbeiter kostete den gebürtigen Hunolsteiner Mathias Jakobs in der NS-Zeit das Leben: Am 9. September jährt sich der Geburtstag des Landtagsabgeordneten der Weimarer Republik zum 125. Mal. Doch in seiner Heimat ist Jakobs kaum bekannt, was nicht zuletzt auch das Gedenken erschwert.

 In der Nähe der Burgruine Hunolstein (Hintergrund) soll das Elternhaus von Mathias Jakobs, dem Namensgeber der Gladbecker Stadthalle, gestanden haben. Wo genau, haben Ortsvorsteherin Marita Bernard und Großneffe Manfred Knob bisher nicht in Erfahrungen bringen können. TV-Foto: Ursula Schmieder

In der Nähe der Burgruine Hunolstein (Hintergrund) soll das Elternhaus von Mathias Jakobs, dem Namensgeber der Gladbecker Stadthalle, gestanden haben. Wo genau, haben Ortsvorsteherin Marita Bernard und Großneffe Manfred Knob bisher nicht in Erfahrungen bringen können. TV-Foto: Ursula Schmieder

Hunolstein/Mülheim/Gladbeck. Ein Besuch der Stadthalle in Gladbeck (Nordrhein-Westfalen) dürfte viele Hunsrücker staunen lassen. Im Foyer der 1987 eröffneten Mathias-Jakobs-Stadthalle wird ein Mann aus dem Morbacher Ortsbezirk Hunolstein gewürdigt. Der Namensgeber der Halle, dessen Geburtstag sich am 9. September zum 125. Mal jährt, starb 1935 in Gladbeck an den Folgen von Misshandlungen durch die Nationalsozialisten. Der Bergmann, Stadtverordnete und Landtagsabgeordnete hielt am 28. Oktober 1925 eine bemerkenswerte Rede vor dem Preußischen Landtag (siehe Extra).

In Hunolstein ist der Werdegang von Mathias Jakobs, in Archiven und Urkunden auch als Matthias Jacobs zu finden, kaum bekannt. Sein früher Tod und die Wirren von Naziterror und Krieg haben ihn dort in Vergessenheit geraten lassen. Nicht aber bei Manfred Knob, einem in Mülheim/Mosel lebenden Großneffen. Von seinem Vater weiß er, dass Jakobs, Vater von vier Kindern, oft Schwager und Schwester - Knobs mit 42 Jahren verstorbene Großmutter Elisabeth - besuchte. "Er hat die Familie unterstützt, obwohl er selbst nicht viel hatte." Knob bedauert, dass der Standort des Hauses unbekannt ist. Es sei wohl bei Straßenbauarbeiten in den 1950er Jahren abgerissen worden. Ortsvorsteherin Marita Bernard sieht sich nach umfangreichen Recherchen daher außerstande, an angemessener Stelle eine Gedenktafel anzubringen. Da eine solche Tafel am Dorfplatz wenig Sinn mache, hofft sie auf Vorschläge aus dem Ortsbeirat.

Auch die Morbacher SPD hat Jakobs bisher nur in Worten gewürdigt - mit einem von Marcus Heintel verfassten Text im Kreisjahrbuch 2009 (der TV berichtete). Der Ortsverein denkt nun über Alternativen zur Tafel nach. Immerhin gebe es in der Gemeinde Morbach niemand anderen mit einer derartigen Lebensleistung, sagt Heintel. Jakobs habe sich als Mann vom Land hochgearbeitet und sein Engagement als Sozialdemokrat mit dem Leben bezahlt. Knob, ein überzeugter CDU-Mann, ist "dankbar, dass SPD und Ortsvorsteherin das Gedenken wach halten".

Jakobs Werdegang ist nachzulesen in einem 1987 erschienen Buch (siehe nebenstehenden Artikel). Die Vernichtung der SPD-Unterlagen durch die Nationalsozialisten hatte die Recherchen laut Co-Autor Rainer Weichelt, erster Stadtbeigeordneter in Gladbeck, erschwert. Doch dank Zeitungsberichten und Zeitzeugenaussagen sei die Biografie dennoch zustande gekommen: "Führende Sozialdemokraten wussten um das Schicksal von Mathias Jakobs."

Extra Mathias Jakobs im Preußischen Landtag: "Was braucht ein Bergarbeiter ein Theater? Was braucht der Bergarbeiter Kultur? Auf diesem Standpunkt stehen wir nicht, im Gegenteil: Wir verlangen für den Arbeiter, für denjenigen, der die Werte schafft und die Produktion hebt, dass ihm genau dieselben Vergünstigungen auf kulturellem Gebiet, Theater, Grünflächen, Stadtwälder und dergleichen zugute kommen wie anderen. Wir werden nicht unterlassen, diese Kulturbestrebungen weiter zu pflegen, soweit unsere Macht reicht." (urs)

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