Gefährdet der Fluglärm den Tourismus im Hunsrück?

Morbach/Thalfang · Den Schwund an Übernachtungsgästen im Hunsrück erklären Vertreter einer Bürgerinitiative mit wachsendem Fluglärm. Die Luftwaffe bestätigt ebenso wie die US Air Force, dass dort trainiert wird. Tourismus-Experten zweifeln hingegen daran, dass sich das in den Übernachtungszahlen bemerkbar macht.

 Fliegerlärm, wie von dieser C-130 Hercules, soll Schuld sein an den rückläufigen Tourismuszahlen im Hunsrück. Das jedenfalls ist die Meinung einiger Anwohner und einer Bürgerinitiative, die sich auf einen TV-Artikel gemeldet haben. Tourimus-Experten sehen das anders. Foto: US Air Force

Fliegerlärm, wie von dieser C-130 Hercules, soll Schuld sein an den rückläufigen Tourismuszahlen im Hunsrück. Das jedenfalls ist die Meinung einiger Anwohner und einer Bürgerinitiative, die sich auf einen TV-Artikel gemeldet haben. Tourimus-Experten sehen das anders. Foto: US Air Force

Foto: Senior Airman Damon Kasberg (m_huns )

Morbach/Thalfang. Die Zahl der Übernachtungsgäste im Hunsrück sinkt langsam, aber stetig. Haben im Jahr 2004 noch 76 515 Menschen in der Einheitsgemeinde Morbach übernachtet, so waren es im Jahr 2014 nur noch 60 244 (der TV berichtete am 2. Dezember).
Die Übernachtungszahlen gelten unter Touristikern als einzige belastbare Zahlen, da Hotelübernachtungen - im Gegensatz zum Besuch von Tagesgästen - statistisch erfasst werden.
TV-Leser Bernd Bierbrauer aus Wadern hat sich nun an den TV gewandt. Für ihn ist die Ursache des Rückgangs der Übernachtungsgäste an der Belastung der Region durch Fluglärm festzumachen.
Schon lange beobachtet er Flugmanöver, die offenbar von militärischen Maschinen absolviert werden. "Das drangsaliert uns schon seit Jahren," sagt er dem TV. Bis zu vier Durchgänge beobachte er täglich, die eine bis zwei Stunden lang dauern. "Das ist der absolute Terror werktags - von morgens bis abends. Morgens um 6.40 Uhr weckt mich oft eine Hercules", sagt Bierbrauer.Übungszone über Morbach



Er verweist auf den "TRA-LAUTER", einen Luftraum, der zeitweise für den zivilen Flugverkehr gesperrt wird, und in dem dann militärische Flugzeuge üben können. Bierbrauer ist von den offiziellen Stellen enttäuscht: "Da können sie sich beschweren, wie sie wollen. Da passiert gar nichts", sagt er dem TV.
Auch Holger Marzen, Vorsitzender einer Bürgerinitiative gegen Fluglärm, Bodenlärm und Umweltverschmutzung, aus Primstal meldete sich gegenüber dem TV zu Wort. Er sagt: "Morbach liegt genauso wie das ganze Saarland in einer Kampfjetlärmhölle namens "TRA-LAUTER" . Von 8 bis 23.30 Uhr darf jeder dahergelaufene Kampfjetpilot so laut herumrandalieren, wie er will. Es gibt keine Obergrenzen der Lautstärke oder der Menge an verlärmten Stunden."
Die Air Force: Auf TV-Nachfrage reagierte die US Air Force. Sandra Archer, Pressesprecherin vom Flugplatz Ramstein, sagt: "Für militärische Übungsflugrouten im Umkreis von Morbach hat das deutsche Verteidigungsministerium den in Ramstein stationierten Flugzeugen des Types C-130J Tiefflüge in einer Flughöhe zwischen 500 (152 Meter) und 1000 (304 Meter) Fuß über dem Boden gestattet. Unsere Flugzeugbesatzungen sind verpflichtet, Flüge entlang dieser Routen zu variieren, um ein ständiges Überfliegen der gleichen Stellen zu vermeiden."
Darüber hinaus gebe es weitere Regeln für die Piloten. Sie dürfen entlang des Moseltals zwischen Koblenz und Trier die Flughöhe von 1000 Fuß (300 Meter) nicht unterschreiten.
Zudem dürfen Orte mit nationalen oder historischen Sehenswürdigkeiten nicht überflogen werden. Übungsflüge seien eher selten, so Archer. In den vergangenen sechs Monaten sei das nur vier Mal der Fall gewesen und fast ausschließlich tagsüber. Nachtflüge dürften grundsätzlich nicht unter 2000 Fuß (600 Meter) geflogen werden.

Die Luftwaffe: Die Existenz des Übungsluftraums "TRA-LAUTER" bestätigt Maik Bugenhagen vom Luftfahrtamt der Bundeswehr in Köln: "Oberhalb des Saarlandes und Teilen von Rheinland-Pfalz befindet sich ein zeitweise reservierter Luftraum mit der Bezeichnung TRA 205/305 (TRA-LAUTER), welcher eingerichtet wurde, um durch die Trennung von zivilem und militärischem Flugverkehr die Sicherheit im Luftraum zu gewährleisten."
Wie Bugenhagen weiter ausführt, werden in diesem Raum hauptsächlich Luftkampf- und Abfangübungen sowie technische Flüge durchgeführt.
Es ist nicht der einzige Raum in dieser Art. Über Deutschland verteilt gibt es noch eine Vielzahl weiterer reservierter Lufträume, die ebenfalls für militärischen Flugbetrieb genutzt werden.
Außerhalb der militärischen Nutzungszeiten wird dieser Luftraum durch den zivilen Luftverkehr genutzt.
TRA-LAUTER ist in insgesamt acht Sektoren aufgeteilt. Ein Flug kann einen oder auch mehrere dieser Sektoren betreffen. So habe es zum Beispiel im dritten Quartal 2015 im Sektor A 140 Flüge mit einer Missionsdauer von 60 Minuten gegeben.
Wann darf dort geflogen werden? Bugenhagen erklärt: "Flugbetrieb ist, außer an gesetzlichen Feiertagen, von Montag bis Donnerstag in der Zeit von 8 Uhr bis 23.23 Uhr und freitags von 8 Uhr bis 17 Uhr zulässig."
In den Sommermonaten Mai bis einschließlich September ist die Nutzungsdauer bis 21 Uhr begrenzt. Was dort konkret geübt wird, erläutert Maik Bugenhagen weiter: "Es werden Trainingsmissionen für den Luftkampf, allgemeine Hochleistungsmanöver, Luftbetankungseinsätze sowie Einsätze aus mittleren Höhen, die in Beziehung zu dem Truppenübungsplatz Baumholder stehen, geübt."

Die Tourismus-Experten: Franziska Fleckser von der Touristinformation Morbach sieht die Fluglärmbelastung nicht als Grund für den Rückgang der Übernachtungszahlen an. Dies zu prüfen, sei so gut wie aussichtslos. Sie führt den Rückgang vielmehr auf das sich ständig wandelnde Reiseverhalten zurück.
In den vergangenen Jahren sei nämlich der zunehmende Tagestourismus eine bedeutende "Säule" im Tourismussektor geworden. Daniel Thiel von der Touristinformation in Thalfang sieht das ähnlich und sagt: "Uns liegen keine Beschwerden von Gästen oder Touristen vor".Meinung

Flugzeiten einschränken
Ja, es gibt ihn, den Übungsluftraum "TRA-LAUTER". Und die Flugzeuge, die ihn nutzen, machen auch Lärm. Das müssen sie, denn ohne trainierte Piloten können weder die Bundesluftwaffe noch die US Air Force ihre Missionen ausüben. Besonders heikle Luftmanöver müssen nun einmal eingeübt werden, um reale Einsätze, sei es in Syrien oder Afghanistan, zu überleben und zu erfüllen. Schwierig wird es allerdings, diese Lärmbelastung konkret zu messen. Der Luftraum selbst ist in mehrere Sektoren unterteilt. Wie oft welche Flugzeuge wie viele Sektoren durchfliegen, lässt sich im Nachhinein nicht so einfach berechnen. Zumindest die Touristen scheint der Fluglärm nicht zu stören - aber die Menschen, die langfristig in diesem Luftraum leben, leiden darunter. Die Verantwortlichen sollten deshalb darüber nachdenken, gegebenenfalls die Flugzeiten so einzuschränken, dass keiner mehr aus dem Bett fallen muss. hp.linz@volksfreund.de

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