Wirtschaft Der lange Marsch zum Gewerbegebiet

Bernkastel-Wittlich/Trier-Saarburg  · In der Region ist die Nachfrage nach Flächen, auf denen sich Wirtschaftsbetriebe ansiedeln können, groß. Aber die Genehmigungsverfahren brauchen ihre Zeit und die Gegner sind nicht untätig.

 Der Weg vom Plan bis zum Gewerbegebiet ist ein weiter.

Der Weg vom Plan bis zum Gewerbegebiet ist ein weiter.

Foto: picture alliance / Jens Wolf/dpa-Zentralbild/dpa/Jens Wolf

Der Großraum Trier-Luxemburg boomt seit Jahren und schafft viele Arbeitsplätze. Die Nachfrage aus Gewerbe und Industrie nach Flächen, auf denen sich die Betriebe erweitern können oder sich neue Betriebe ansiedeln können, ist hoch. Das Industriegebiet um Wittlich ist am Rande der Kapazität und der vor 20 Jahren gegründete Industriepark Region Trier zwischen Föhren und Hetzerath stößt ebenfalls an seine Grenzen, in Hetzerath gibt es zudem Kritik aus der Bürgerschaft an einer Ausweitung. 240 Hektar Fläche umfasst dieser interkommunale Gewerbepark.

Ein „Letter of Intent“: Um sich über weitere Gewerbeflächen abzustimmen, haben die Bürgermeister von betroffenen Gemeinden beider Landkreise eine Absichtserklärung unterschrieben, einen sogenannten „Letter of Intent“. Darin sind Flächen in den Gemeinden Maring-Noviand, Osburg, Reinsfeld und Mehring genannt, auf denen Gewerbegebiete entstehen könnten, wenn die entsprechenden Genehmigungen erteilt werden. Insgesamt könnten so günstig in der Nähe der Autobahn gelegen rund 230 Hektar entstehen, also ein fast genauso großer Park wie der Industriepark Region Trier (IRT).


Es gibt Kritik: Aber der Weg dahin ist lang und es gibt Kritiker. Das Mehringer Projekt wird vom zuständigen Verbandsgemeinderat Schweich mitgetragen, der es mehrheitlich befürwortet. Allerdings hatten sich die Mitglieder der Fraktion der Grünen ablehnend geäußert. Und inzwischen machen Umwelt-Aktionisten des BUND, von Greenpeace, Fridays for Future und Extinction Rebellion gegen das Projekt Stimmung. Auch eine Demo hat es schon gegeben.

In der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues setzt man auf ein 63 Hektar großes Gebiet bei Maring-Noviand, für das es Mehrheiten sowohl im Verbandsgemeinderat als auch im Ortsgemeinderat gibt. Als das Projekt Fahrt aufnahm, vor etwa drei Jahren, hat sich die Initiative „pro Weinjuwel“ gegründet, die das Projekt in seiner geplanten Form ablehnt. Im vergangenen Jahr gründet sich zudem die „Naturparkinitiative Moselumlaufberge“, die sich für den Schutz der Landschaft um Maring-Noviand einsetzt. In beiden Initiativen sind Mitglieder jener Fraktion des Gemeinderates vertreten, die das Gewerbegebiet in dieser Form ablehnt. Auch BUND-Vertreter sind beteiligt.

Die einzelnen Stufen der Planung: Wie geht es nun weiter? Flächen für Gewerbegebiete werden nicht ins Blaue geplant, sondern der Planung geht immer eine Potenzialanalyse eines Fachbüros voraus. Die Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues hat eine solche Expertise schon anfertigen lassen, wobei auch die Umweltverträglichkeit geprüft wurde.

Der Status „G“: Will eine Gemeinde aber ein Gewerbegebiet bauen oder bauen lassen, das über den eigenen Bedarf hinausgeht, dann braucht es eine weitere Genehmigung – und zwar den Status „G“ als Gewerbestandort. Monika Scheid von der Kreisverwaltung erklärt das: „Für die Bauleitplanung gilt das sogenannte Entwicklungsgebot, das heißt Bebauungspläne müssen laut Paragraf 8 Flächennutzungsplan entwickelt werden.“

Raumordnungsplan, Flächennutzungsplan, Bebauungsplan: Der Flächennutzungsplan gilt für die gesamte Fläche der Verbandsgemeinde. Er setzt fest, wo welche Art von Bebauung möglich ist. Das ist die Grundlage für den Bebauungsplan, den letztendlich die Gemeinde beschließt und der festsetzt, was konkret gebaut werden kann. Über diesen beiden Plänen steht aber noch ein weiteres Instrument: Der Raumordnungsplan - und an den müssen sie angepasst werden. Dieser Plan ist übergreifend und gilt für eine ganze Region.

Die „besonderen Funktionen“: In diesem Plan werden allen Ortsgemeinden „besondere Funktionen“ wie etwa Landwirtschaft, Erholung, Wohnen und Gewerbe zugewiesen. Besitzt eine Gemeinde beispielsweise nicht die besondere Funktion Gewerbe, bedeutet dies nicht, dass sie kein Gewerbegebiet ausweisen kann. Jedoch ist diese Ausweisungsmöglichkeit auf die Eigenentwicklung der Gemeinde beschränkt. Dies bedeutet, dass für Erweiterungswünsche von ortsansässigen Betrieben sehr wohl Gewerbeflächen entwickelt werden können, jedoch nicht in einem größeren Umfang, wie zum Beispiel in Maring-Noviand vorgesehen.

Die Funktion „Gewerbe“: Ortsgemeinden mit der „besonderen Funktion Gewerbe“ können Gewerbegebiete entwickeln, die über das Maß der Eigenentwicklung hinausgehen und sie haben auch entsprechende Erweiterungsflächen vorzuhalten. Durch diese Ausweisungen sollen größere Gewerbegebiete nur in dafür besonders geeigneten Gemeinden, beispielsweise in Gemeinden mit besonders günstiger Lage unmittelbar an Autobahnen, ermöglicht werden.

Proteste werden wahrgenommen:  Im entsprechenden Entwurf ist der Ortsgemeinde Maring-Noviand nicht die besondere Funktion Gewerbe zugewiesen. Allerdings ist der Raumordnungsplan in einer Neuaufstellung. Deshalb ist es möglich, die besondere Funktion „Gewerbe“ für eine Ortsgemeinde bei der Planungsgemeinschaft Region Trier (PLG) zu beantragen. Dort müssen die Gremien zustimmen, in denen unter anderem auch Umweltverbände wie der BUND oder auch die Landwirtschaftskammer vertreten sind. An diesen Stellen werden wiederum die Proteste der Umwelt-Aktivisten und auch der neu gegründeten Vereine gegen die Gewerbegebiete durchaus wahrgenommen, wie seitens der Planungsgemeinschaft zu hören ist. Dort dürfte aber auch der „Letter of Intent“, der ja sogar kreisübergreifend verfasst ist, Gehör finden, da er doch einen starken Willen der Kommunen signalisiert, gemeinsam Gewerbegebiete auszuweisen. Die Mehrheiten der demokratisch gewählten Gremien der beteiligten Kommunen befürworten die Schaffung der Gewerbegebiete. Sie spiegeln schlussendlich den Willen der Mehrheit der Bevölkerung wieder. Ob die geplanten Gebiete realisiert werden und damit Arbeitsplätze und Steuereinnahmen schaffen, hängt nun auch von den Abstimmungen und Sitzungen der Planungsgemeinschaft ab.

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