Genuss in vollen Zügen

Groß war der Andrang auf der Strecke der Hunsrückquerbahn am Pfingstwochenende an den Haltepunkten zwischen Morbach und Büchenbeuren. An drei Tagen verkehrte erstmals regulär der "Rote Brummer", ein dieselbetriebener Schienenbus der Hochwaldbahn-Gruppe aus Hermeskeil.

Morbach/Büchenbeuren. Das Eröffnungswochenende für den Ausflugsverkehr auf der Teilstrecke der Hunsrückquerbahn zwischen Morbach und Büchenbeuren steht ganz im Zeichen der Familien und Kinder. Der erste zahlende Kunde im regulären Ausflugsverkehr mit dem "Roten Brummer", einem Schienenbus mit zwei 150-PS-Dieselmotoren, auf der 19 Kilometer langen Strecke ist der neunjährige Jarno Friedhoff aus Pfalz, der zusammen mit seinem Vater die Fahrt in vollen Zügen genießt. Er ist so beeindruckt, dass er sich jetzt auch einen "Roten Brummer" für seine Modelleisenbahn wünscht. Nur eines missfällt dem jungen Hunsrücker. "Die Hupe ist zu laut", verrät Jarno beim Zwischenstopp in Wahlenau, Rhein-Hunsrück-Kreis. Dort wurde eigens für dieses Wochenende ein neuer Haltepunkt eingeweiht. Eine Stunde zuvor wird im Morbacher Bahnhof noch eifrig gearbeitet. Mitarbeiter der Hochwaldbahn-Gruppe (HWB) legen ihre nagelneue Dienstkleidung, rote Vliesjacken, an. Zwei von ihnen, Ludwig Küster und Nils Göttert, montieren die Beschilderung der beiden Gleise, bevor sich der "Rote Brummer" am Samstag erstmals in Bewegung setzt. Die ersten Ansagen auf dem Bahnhof sind noch improvisiert. Doch am Sonntag hören die Reisenden über Lautsprecher die Durchsage: "Willkommen in Morbach Hauptbahnhof! Sie haben Anschluss auf Gleis 1." Dort wartet ein gelbes Arbeitsfahrzeug, das zur Gaudi der jüngeren Besucher den ganzen Tag im Bahnhof hin- und herfährt. Der dreijährige Tim Lifka aus der Nähe von Darmstadt nutzt mit Vater Daniel die Gelegenheit ausgiebig. Auch Margarete Prümm aus Hochscheid will ihrem zweieinhalbjährigen Enkel Jacques Diewald eine Freude machen. Doch die Zugfahrt durch die reizvolle Hunsrücklandschaft" ist für sie auch eine Reise in die eigene Vergangenheit. Schließlich ist sie als Kind mit ihrer Mutter mit der Eisenbahn zum Arzt nach Morbach gefahren. Die meisten Reisenden stammen aus der Region. Andere Eisenbahn-Fans sind von weit her angereist, etwa aus Traunstein in Oberbayern und aus Flensburg, Schleswig-Holstein. "Es ist deutschlandweit schon etwas Besonderes, wenn eine solche Strecke wiedereröffnet wird", bestätigt auch Eisenbahn-Liebhaber Markus Becker aus Bischofsdhron. Mehr als 2000 Menschen genießen am Wochenende den Fahrspaß.

Doch es kommt auch zu einem kleinen Zwischenfall. Lokführer Bernd Heinrichsmeyer, auch Geschäftsführer der HWB, fährt am Sonntag über einen Silvesterkracher. "Jetzt bin ich wach", kommentiert er den Vorfall locker, informiert aber auch die Polizei: "Dazu bin ich verpflichtet."

Meinung

Das "Tamtam" hat gefehlt

Der Glaube kann Berge versetzen, heißt es. Er kann offenbar auch Züge fahren lassen. Auch wenn landauf, landab noch immer viele Skeptiker die Reaktivierung der Hunsrückquerbahn für ein Luftschloss halten, haben die Männer von der Hochwaldbahn-Gruppe, unterstützt von vielen ehrenamtlichen Freiwilligen, die Ärmel hochgekrempelt. Im September vergangenen Jahres waren die Verhandlungen für den Streckenankauf festgefahren und die 19 Kilometer lange Strecke zwischen Morbach und Büchenbeuren komplett mit Gestrüpp zugewachsen. Inzwischen fährt der "Rote Brummer" auf der von der Hochwaldbahn-Gruppe gepachteten, freigeschnittenen Trasse, obwohl der Ankauf der Strecke nach wie vor nicht gesichert ist. Um so wichtiger sind positiven Reaktionen der Passagiere, aber auch die Signale der Anrainerkommunen am vergangenen Wochenende. War es der Tatsache geschuldet, dass der Morbacher Bahnhof in Privathand ist, oder nahmen Gemeinde und Ortsbezirk auf benachbarte Gastronomie Rücksicht? Mancher Fahrgast vermisste am Bahnhof kleine Gesten der Begrüßung. Manche Kreisstraße wird mit mehr Tamtam eingeweiht. i.rosenschild@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort