Gericht beauftragt Experten

Altrich/Trier · Nun also doch ein Gutachten: In der Frage um die Bebaubarkeit eines Grundstücks in Altrich hat das Verwaltungsgericht Trier einen Sachverständigen beauftragt. Dieser soll die von dem nahegelegenen landwirtschaftlichen Betrieb ausgehenden Lärm- und Geruchsbelästigungen feststellen. Damit bestätigen die Richter die Auffassung der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich, die ein solches Gutachten gefordert hatte.

 Das Trierer Landgericht

Das Trierer Landgericht

Foto: Friedemann Vetter

Altrich/Trier. Ganze zwölf Tage währten die Hoffnungen von Familie Schmitz aus Wittlich-Neuerburg. Zwölf Tage, in denen Ursula, Ottmar und Tochter Nina Schmitz davon träumen konnten, dass sie in absehbarer Zeit auf ihrem Grundstück in Altrich ein Zweifamilienhaus bauen können. Das Grundstück hatten sie Anfang 2013 gekauft - nicht ahnend, dass in der Gemeinde Altrich seit Jahrzehnten ein Konflikt um das Gebiet rund um den nahegelegenen landwirtschaftlichen Viehhaltungsbetrieb der Familie Hoffmann schwelt (siehe Extra).

Davon erfuhr Familie Schmitz wiederum erst, als sie eine Baugenehmigung für das 530 Quadratmeter große, als Bauland ausgewiesene Anwesen beantragte: Die Kreisverwaltung verweigerte diese mit dem Verweis darauf, dass die Bauherren zunächst ein Verträglichkeitsgutachten benötigen. Darin müsse nachgewiesen werden, dass von dem Nachbarhof auf der schräg gegenüberliegenden Straßenseite keine unzumutbare Geruchsbelästigungen ausgehen. Familie Schmitz erhob daraufhin Untätigkeitsklage gegen den Kreis vor dem Verwaltungsgericht Trier (der TV berichtete). Und tatsächlich durften die verhinderten Bauherren nach der Verhandlung vor genau zwei Wochen hoffen. Richter Reinhard Dierkes schlug einen Vergleich vor: Im Grundbuch solle eine Baulast eingetragen werden, in der sich die Familie bereit erklärt, die Lärm- und Geruchswerte zu akzeptieren, die in einem Dorfgebiet zulässig sind. Ein Vorschlag, dem die Familie Schmitz gerne gefolgt wäre: Schließlich hat sie bereits mehrfach beteuert, dass sie mit der von dem Bauernhof ausgehenden "Landluft" gut leben könne.Überprüfung dauert Monate


Doch der Rechtsanwalt des beigeladenen Landwirts Klaus Hoffmann konnte sich mit dem Vorschlag nicht anfreunden: "Man kann nicht durch eine Baulast allgemein geltende Rechtsvorschriften aushebeln", sagt Michael Nimphius. Die Baulast hätte nur zwischen seinem Mandanten und der Familie Schmitz gegolten, hätte aber nicht verhindern können, dass Dritte - etwa die Gewerbeaufsicht oder Mieter - die Lärm- und Geruchswerte auf ihre Zulässigkeit überprüften.

Argumente, über die offenbar auch die Verwaltungsrichter nicht hinwegsehen konnten: Sie haben inzwischen einen sogenannten Beweisbeschluss getroffen. "Es ist ein Lärm- und Geruchsgutachten in Auftrag gegeben worden, um festzustellen, ob die für ein Dorfgebiet geltenden Grenzwerte für Lärm- und Geruchsimissionen eingehalten werden", teilt Christiane Verheul, Pressesprecherin des Trierer Verwaltungsgerichts, auf TV-Anfrage mit. Eine Entscheidung, die Ralph Scheid von der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich begrüßt: "Ein Gutachten klärt die Situation." Genau das sieht der Vertreter des Landwirts, Rechtsanwalt Nimphius, anders: "Mit diesem Gutachten kommen wir nicht weiter", sagt er. Denn das Gericht gehe in seinem Beschluss davon aus, dass es sich bei dem Gebiet um ein Dorfgebiet handele. Das sei aber bislang gar nicht endgültig geklärt (siehe Extra). Für Familie Schmitz wiederum dürfte der Beschluss des Gerichts ein Rückschlag sein - auch wenn sie derzeit keine Stellungnahme dazu abgeben möchte: Sie will zunächst Rücksprache mit ihrem Rechtsanwalt halten.
Klar ist aber, dass mit dem Beschluss des Verwaltungsgerichts weiter in den Sternen steht, ob überhaupt und - falls ja - wann ihr Grundstück bebaut werden kann. Ralph Scheid von der Kreisverwaltung rechnet mit einem Ergebnis aus dem Gutachten erst in einigen Monaten. Schließlich geht es um die schwierige Klärung hypothetischer Fragen: Derzeit ist auf dem Hof der Familie Hoffmann überhaupt kein Vieh untergebracht. Genehmigt sind die beiden Mastställe allerdings für die Haltung von 90 Großtieren. Und die will Landwirt Klaus Hoffmann nach eigenem Bekunden in den kommenden Jahren auch wieder einstellen. Der Sachverständige wird also prüfen müssen, ob sich die Gerüche und Geräusche von 90 Bullen mit einem Zweifamilienhaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite vertragen.Meinung

Ein Unding!
Ausgewiesenes Bauland, das zur teuren Wiese wird. Und das, weil die Gemeinde versäumt hat, in dem betroffenen Gebiet mit einem rechtskräftigen Bebauungsplan für Klarheit zu sorgen. Da kann sich die VG auch nicht auf den Standpunkt stellen, es gebe für einen solchen Plan keine Notwendigkeit. Der jetzige Rechtsstreit beweist das Gegenteil. Die Leidtragenden sind unschuldige Bürger. Ein Unding! n.ebner@volksfreund.deExtra

Anfang der 1970er Jahre stellte die Gemeinde Altrich für das Gebiet "Hinter Büscheid" einen Bebauungsplan auf und wies dieses als "Allgemeines Wohngebiet" aus. In der Folge wurden dort zahlreiche Häuser gebaut. Doch das Oberverwaltungsgericht in Koblenz entschied 1990, dass die Aufstellung des Bebauungsplans fehlerhaft war: In dem fraglichen Gebiet liegt auch der landwirtschaftliche Tierhaltungsbetrieb der Familie Hoffmann. Die Richter erklärten die Qualifizierung als "Allgemeines Wohngebiet" rund um den Hof für unwirksam. Die Gemeinde hätte "entweder durch die Planung von Sicherheitsabständen" oder aber "durch Ausweisung eines minder schutzwürdigen Dorfgebiets als Übergangszone die bestehende Konfliktsituation entschärfen können und müssen", urteilten die Richter des Oberverwaltungsgerichts. Geändert wurde der Bebauungsplan jedoch auch danach nicht. Darin sieht die für die Gemeinde zuständige Verbandsgemeinde Wittlich-Land nach wie vor auch keine Notwendigkeit. Der Bereich um den Hof sei faktisch ein Mischgebiet. neb

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