Gericht: Gefälligkeiten am Bau nicht versichert

Morbach · Wieder ist der Morbacher Arnold Petry vor Gericht abgeblitzt. Nach einem Unfall auf der Baustelle seines Schwagers kämpft er für Versicherungsleistungen der Berufsgenossenschaft (BG) Bau. Das Landessozialgericht hat die Ablehnung der Zahlung durch die BG in zweiter Instanz bestätigt. Petry will weiterkämpfen.

Morbach. Der Morbacher Arnold Petry hat vor Gericht eine weitere Niederlage erlitten. In seinem Kampf um Ausgleichszahlungen der Berufsgenossenschaft (BG) Bau wegen eines Unfalls hat das zuständige Landessozialgericht in Mainz die Berufung zurückgewiesen und eine Revision nicht zugelassen. Doch der Don Quijote der verunglückten Bauhelfer will weiter gegen die Windmühlen der Berufsgenossenschaft anrennen. "Wir legen Einspruch ein gegen die Nichtzulassung der Revision", kündigt er an.Der heute 62 Jahre alte Petry hatte seinem Schwager 2005 beim Bau eines Eigenheims geholfen und war dabei aus mehreren Metern Höhe auf eine Betonfläche gefallen. Mehrere Wochen lag der gelernte Maurer im Koma. Durch den Sturz behielt er bleibende Schäden zurück und ist seitdem arbeitsunfähig. Sein Schwager hatte ihn zwar als Helfer bei der BG Bau versichert. Jedoch lehnt diese eine Versicherungsleistung an Petry ab (der TV berichtete). Denn die BG ist per Gesetz nicht zur Zahlung verpflichtet, wenn der verunglückte Helfer im Rahmen einer allgemein üblichen Gefälligkeit unter Verwandten tätig ist.Und das sei in diesem Fall so gewesen, haben die Richter geurteilt und damit die Entscheidung der BG bestätigt. Petry sei nicht wie ein Arbeitnehmer, sondern wie ein Verwandter gefällig gewesen. Die Berufsgenossenschaft prüft selbst nach einem Schadensereignis, ob die Voraussetzungen für Zahlungen gegeben sind. Diese hängen von dem Umfang der geleisteten Arbeiten sowie der persönlichen Bindung zwischen Bauherrn und Helfer ab.Petry hat sich an den Petitionsausschuss des Bundestages gewandt. Doch dieser enthält sich wegen der Dreiteilung der Staatsgewalt und der damit verbundenen Unabhängigkeit der Richter jeglicher Einflussnahme auf gerichtliche Entscheidungen, schreibt die Vorsitzende Kerstin Starke. "Der Petitionsausschuss kann dem Petenten nur nahelegen, alles für seine Sache Förderliche in dem noch laufenden Verfahren vorzubringen." Wo Petry das vorbringen soll, schreibt sie nicht. Die Bundestagsabgeordneten Peter Bleser und Patrick Schnieder haben sich bereits für Petry eingesetzt, ebenso Landrat Gregor Eibes und dessen Vorgängerin Beate Läsch-Weber. Der Trie rer Bundestagsabgeordnete Manfred Nink bemängelt die fehlende Definition des Ausschlusskriteriums Gefälligkeit. Nink: "Nirgends wird definiert, welcher Verwandtschaftsgrad, welche Art, welcher Umfang, welche Zeitdauer der Verrichtung zu einer Gefälligkeit führt."Die BG Bau entscheide im Nachhinein nach nicht eindeutig festgelegten Regeln, ob es sich um eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder eine Gefälligkeit gehandelt hat. "Leider habe ich von so vielen Fällen gehört, dass es mir häufige Praxis der BG zu sein scheint, Beiträge zu kassieren, aber im Falle eines Unfalls die Versicherung mit der Begründung der Gefälligkeit abzulehnen", sagt Nink. Joachim Förster von der Abteilung Kommunikation der BG Bau weist dies zurück. Er sagt: "Die BG Bau wendet ausschließlich die Vorschriften des Gesetzgebers an, die zusätzlich von der Rechtsprechung ausgelegt werden." Die von Nink genannten vielen Fälle können gerne an die BG Bau zur Überprüfung herangetragen werden.Petry will gegen die Verfahrensweise der BG Bau, die er als ungerecht empfindet, weiter vorgehen. Zahlreiche Bauwillige hätten ihn bereits angerufen und um Rat gefragt. Er denkt darüber nach, eine Selbsthilfegruppe für BG-Geschädigte zu gründen. Petry: "Ich bin hier ein Einzelfall, aber bundesweit sind es tausend."Extra

Joachim Förster, den Pressesprecher Berufsgenossenschaft Bau. Ein Bauherr nimmt die Hilfe von Verwandten in Anspruch. Wie kann er zuverlässig erfahren, ob diese versichert sind? Joachim Förster: Grundsätzlich sind alle Helfer kraft Gesetzes versichert. Ob der Versicherungsschutz aufgrund von Gefälligkeiten ausgeschlossen ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Wir empfehlen, bei enger Beziehung zwischen dem Bauherrn und dem Helfer und je üblicher die Hilfe untereinander ist, bei der BG Bau nachzufragen. Rechtssicherheit kann dabei nur hergestellt werden, wenn die Fragen einen konkreten in der Praxis zutreffenden Sachverhalt darstellen. Allgemeine Fragen können nur allgemein beantwortet werden. Wenn Helfer aufgrund der oben genannten Kriterien nicht versichert sind, müssen für diese dann trotzdem Beiträge an die BG gezahlt werden? Joachim Förster: Nein. Was empfehlen Sie einem Bauherrn, damit die nicht von der BG versicherten Personen im Falle eines Unfalls abgesichert sind? Joachim Förster: Für nicht versicherte Personen sollte der Abschluss einer privaten Versicherung geprüft werden. cst Laut Michael Wortberg von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz sollten sich Verbraucher dann an eine Unfallversicherung wenden. Wie Testberichte zeigten, gebe es bei diesen Versicherungen große Preisunterschiede, warnt Wortberg. mai

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort