Gericht stoppt Rodungsarbeiten kurzfristig
Haag/Wintrich · Gegen den Bau des Windkraftparks am Ranzenkopf zwischen Morbach und Bernkastel-Kues hatten der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und die Bürgerinitiative Wald in Not Bedenken angemeldet und Widerspruch eingelegt. Am Freitagmorgen sollten dennoch Rodungsarbeiten beginnen. Diese wurden vom Verwaltungsgericht Trier gestoppt.
Haag/Wintrich. Während es vor den Feiertagen am Ranzenkopf ruhig war, überschlagen sich die Ereignisse am Freitagmorgen. Denn am Donnerstag hatte die Kreisverwaltung den Bau weiterer Windkraftanlagen genehmigt, gegen die der Naturschutzbund Deutschland und die Bürgerinitiative Wald in Not Widerspruch eingelegt hatten. Und so starten bereits am frühen Freitagmorgen unter Polizeischutz erste Rodungsarbeiten, die schließlich am Nachmittag vom Verwaltungsgericht Trier gestoppt werden. Das Projekt: Auf Haager Gemarkung sollen fünf Windräder im Staatsforst gebaut werden, auf der Seite der VG Bernkastel-Kues weitere sechs. Es folgt eine Chronik der Ereignisse:
Freitag, 30. Dezember, 8 Uhr: Einheiten der Polizei sichern das Areal am Ranzenkopf. "Die Rodungen haben begonnen", sagt Hermann-Josef Decker, Chef der Polizeiinspektion Morbach. Man sei mit 18 Beamten vor Ort, um zu verhindern, dass Unbeteiligte bei den Arbeiten gefährdet werden und Aktivisten möglicherweise die Arbeiten stoppen oder stören.
8.20 Uhr: Der Anwalt des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), Dirk Tessmar, legt per Eilantrag beim Verwaltungsgericht in Trier Widerspruch ein. Denn er hat bereits im Vorfeld einen Antrag auf aufschiebende Wirkung von drei Genehmigungen der Kreisverwaltung eingelegt, die abgelehnt wurde. Diese Genehmigungen erlauben den Bau von fünf Windenergieanlagen im Windpark Staatsforst Wintrich, fünf Windenergieanlagen im Windpark Staatsforst Morbach, die jeweils zur AöR Energie Bernkastel-Wittlich gehören und von zwölf Anlagen im Windpark Wintrich, der zur Windenergie Wintrich Planungsgesellschaft mbH gehört.
10.30 Uhr: Die Bürgerinitiative Wald in Not meldet sich zu Wort. Sprecherin Karin Fass-Gronau kritisiert das Verhalten der Kreisverwaltung. Sie sieht gar einen Bruch der demokratischen Grundordnung: "Jetzt ist die Polizei nicht mehr dafür verantwortlich, den Wald und den Bürger, sondern dafür da, die Windkraftindustrie vor den Bürgern zu schützen. Das ist eine schizophrene Situation! Hier ist ein eindeutiger Interessenskonflikt der Kreisverwaltung. Damit wird die demokratische Gewaltenteilung ausgehebelt!"
Hintergrund der Kritik ist, dass die Kreisverwaltung einerseits die aufsichtsführende Behörde ist, andererseits aber an der Energie Bernkastel-Wittlich, einem der Träger des Windparks, beteiligt sei.
11 Uhr: Die Rodungsarbeiten gehen unter Polizeischutz offenbar weiter. Kein Unbefugter darf das Areal betreten.
13.12 Uhr: Das Verwaltungsgericht Trier hat über die drei Eilanträge des Nabu entschieden. Um die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, wird die aufschiebende Wirkung der Widersprüche bis zu einer abschließenden Entscheidung wiederhergestellt. Das bedeutet vorerst: Rodungsstopp.
13.30 Uhr: Dirk Tessmer, Anwalt des Nabu, erklärt, dass ihm die Genehmigungen der Rodungsarbeiten erst am Freitagmorgen zugestellt worden seien. Er hätte sich ausreichend Zeit gewünscht, um die Bescheide prüfen zu können. Jeder von diesen hätte 130 Seiten. "Für den sofortigen Vollzug habe ich kein Verständnis, das hätte man vernünftig angehen können", sagt er.
14 Uhr: Die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich bestätigt den Eingang des Gerichtsurteils. Manuel Follmann, Sprecher der Kreisverwaltung, weist darauf hin, dass dies ein Zwischenentscheid mit lediglich aufschiebender Wirkung sei. Die Energie Bernkastel-Wittlich - Anstalt des öffentlichen Rechts (EBW-AöR) sei mit dem Ziel gegründet worden, Windenergieanlagen für den kommunalen Windpark am Standort Ranzenkopf bis zur Baugenehmigung zu entwickeln. Träger der EBW-AöR sind der Kreis, die Gemeinde Morbach, die Energiewelt Hunsrück-Mosel - AöR, die Windenergie Wittlich-Land - AöR sowie die Energiegemeinschaft Traben-Trarbach - AöR. Der Landkreis sei daher "lediglich als ein Mitglied der AöR zu betrachten".Meinung
Windkraft-Hickhack geht weiter
Auch wenn der Kreis Bernkastel-Wittlich nur einer der Träger der AöR Energie Bernkastel-Wittlich ist, an der weitere Kommunen beteiligt sind: Dem Bürger ist es schwer vermittelbar, dass ein Landkreis einerseits als Aufsichtsbehörde für die Genehmigung von Windkraftanlagen zuständig ist, andererseits aber auch an ihnen - in welcher Form auch immer - beteiligt ist. Die übergeordnete Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord hatte bei der Gründung der AöR entschieden, dass dies formaljuristisch in Ordnung sei, da der Kreis nicht alleine Träger der AöR ist. Eine solche Aktion wie am Freitagmorgen trägt jedoch nicht dazu bei, das Vertrauen des Bürgers zu gewinnen. Zwischen den Feiertagen noch eine Rodungsgenehmigung zu erteilen, die dann wiederum kurzfristig per Eilantrag vom Verwaltungsgericht Trier nur wenige Stunden später gestoppt wird, macht keinen guten Eindruck. Das Hickhack um den Ranzenkopf wird auch im neuen Jahr weitergehen. hp.linz@volksfreund.de