Geschäftliches im Zug erledigen

WITTLICH. Ein Hauptbahnhof ohne öffentlich zugängliche Toilette. So etwas gibt es. In Wittlich-Wengerohr haben die Fahrgäste an Samstagen und in den Nachtstunden keine Möglichkeit, den dringendsten Bedürfnissen abzuhelfen.

 Bahnhofswirtin Hiltrud Dokler vor der viel frequentierten Bahnhofstoilette, die doch keine ist.Foto: Erich Gerten

Bahnhofswirtin Hiltrud Dokler vor der viel frequentierten Bahnhofstoilette, die doch keine ist.Foto: Erich Gerten

WittlichHauptbahnhof, klingt gut und großstädtisch. Aber für die Bahn istder Hauptbahnhof im Stadtteil Wengerohr nicht mehr als eineDurchgangsstation ohne Abzweigung und Nebenstrecken. Doch nur aufso genannten Umsteigebahnhöfen werden öffentlich zugänglicheToiletten bereit gehalten. In Wittlich bietet sich immerhin zeitweise eine Möglichkeit, die Toilette aufzusuchen. Und zwar während der Öffnungszeiten der Bahnhofsgaststätte, außer samstags täglich von 6 Uhr bis 20 Uhr. Zwar gegen Bezahlung von 25 Cent - aber besser als nichts. Über den Preis meckert kaum jemand, wie die Bahnhofswirtin Hiltrud Dokler erzählt. Gleichwohl kann man vollstes Verständnis für die Bahnkunden aufbringen, die sich in der Redaktion des TV darüber beschwerten, dass die Toiletten außerhalb dieser Zeiten nicht zugänglich sind. Denn die Bahn selbst betreibt diese nicht. Ihr Konzept ist der Hinweis: "Verehrte Fahrgäste, bitte benutzen sie die Toiletten in den Zügen."

Toilettenbrillen demoliert

Anfangs hatte die Bahnhofswirtin ein umfassendes Verständnis von Kundenservice, als sie den Pachtvertrag mit der Bahn abschloss. "Mein Vertrag besagt zwar, dass ich die Toiletten nur während der Öffnungszeiten betreiben muss. Aber ich habe die ersten Jahre anders gehandelt und Tag und Nacht offen gehalten." Bis sie eines Tages kein Verständnis mehr hatte. Herumhängende Jugendliche und manchmal auch unflätige Erwachsene hätten den Toilettenbereich Nacht für Nacht massiv verschmutzt und Fäkalien außerhalb der Toilettenschüsseln hinterlassen. "Mir wurde an manchem Morgen übel beim Anblick der nächtlichen Sauereien." Ihr Mann Micha Dokler ergänzt: "Es gab Tage, an denen waren die Toilettenbrillen demoliert, der Handtrockner mit den Fliesen aus der Wand gerissen und die Fäkalien an den Wänden, Türen und Türklinken verteilt." Seither schließen die beiden konsequent die Toiletten. Nachteil: Die Fahrgäste leiden unter den wenigen Schmutzfinken.

Die Bahn sagt: Dauernd verunreinigte Toiletten würden die Kunden noch mehr verärgern. Die Bahnhofswirtin stößt ins gleiche Horn und hat entsprechend gehandelt. Und so wird auch zukünftig der Bahnreisende im Wittlicher Hauptbahnhof an Samstagen und in den Abend- und Nachtstunden sein Bedürfnis zurückhalten müssen. Vor allem samstags führe das zu Unverständnis, ist am Fahrkartenschalter zu hören. Auch deswegen, weil dann überwiegend Fremde im Wittlicher Hauptbahnhof eintreffen. Alternativen gäbe es: Kunststoffzellen und selbstreinigenden Chemie-Toiletten. Kleiner Trost: Vielleicht klappt es mit einer rund um die Uhr zugänglichen Toilette beim geplanten Umbau des Bahnhofes.

Das Toilettenproblem dürfte im Hinblick auf das Image der Stadt das kleinere sein, wenn es um den "Hauptbahnhof" geht. Denn mit dem Namen Hauptbahnhof verknüpfen Bahnreisende weit mehr als nur eine Ein- und Aussteigestation mit Fahrkartenverkauf. An diesem Bahnhof allerdings wird er enttäuscht. Dies betrifft noch nicht einmal die fehlenden Geschäfte für Blumen, Lebensmittel- und Souvenirs.

Verärgert reagieren eher die Durchreisenden, die neugierig auf Wittlich geworden sind und ihre Bahnfahrt unterbrechen, um einen Blick in die Säubrennerstadt zu werfen.

Anders als bei "normalen" Hauptbahnhöfen ist bei diesem das Stadtzentrum nicht nur wenige Gehminuten entfernt. Wer aussteigt, weil er mal kurz zu Fuß in den Stadtkern will, kann kaum glauben, dass von Altstadt, Rathaus und Fußgängerzone weit und breit nichts zu sehen ist. Enttäuschung und Verärgerung ist die Folge. Und dies passiere häufig, wie Pendler und auch Bahnbedienstete berichten.

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